Peter Gridling, früherer Direktor des Bundesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung
Peter Gridling, der frühere Chef des Verfassungsschutzes, nennt die BVT-Razzia von 2018 einen "Überfall".
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Die Frage "Ist Herbert Kickl ein Sicherheitsrisiko für die Republik Österreich?" hat die heimische Politik durch diesen Sommer begleitet und wurde am Ende sogar beantwortet. Es oblag dem ehemaligen Chef des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BVT), Peter Gridling, für finale Klärung zu sorgen: "Kickls Angriff auf den Verfassungsschutz war ein Überfall. Die FPÖ hatte die Absicht 'aufzuräumen', die ÖVP ließ sie gewähren, und die WKStA ließ sich treiben."

Besagter Überfall, der in Form einer danach für illegal erklärten Razzia im BVT stattfand, war zuvor sogar vom FPÖ-Landesrat Elmar Podgorschek angekündigt worden. Bei einem AfD-Kongress verriet er völlig ungeniert, dass sich im Innenministerium mit dem BVT eine "Zelle" gebildet habe, die man "eliminieren" wolle. Eine Aktion mit für die Sicherheit unseres Landes verheerenden Konsequenzen, weil daraufhin ausländische Geheimdienste ihre Zusammenarbeit mit Österreich stark reduzierten.

Auch das hatte sich laut Gridling schon vorher abgezeichnet: "Manche Dienste hatten Vorbehalte gegen uns, weil Innenminister Kickl damals an Kongressen von Rechtsextremen teilnahm und die FPÖ mit der Putin-Partei demonstrativ einen Pakt schloss."

Ziele des Überfalls

Die für Kickl wichtigsten Ziele des Überfalls dürften das Extremismusreferat und die Abteilung für Spionageabwehr gewesen sein, da diese beiden Stellen gerade Informationen über den russischen Einfluss auf die mit der FPÖ kooperierende rechtsextreme Identitäre Bewegung sammelten. Das wurde für Kickl später noch ein größeres Problem, als bekannt wurde, dass der 51-fache Mörder von Christchurch vor seiner Tat Geldgeschenke an den Capo der österreichischen Identitären überwiesen und sich danach auf die Ideologie dieser Gruppe berufen hatte. Der Capo stand wiederum in regem Telefonkontakt mit Reinhard Teufel, Kickls engstem Vertrauten, damals Kabinettschef im Ministerium, heute Klubobmann in Niederösterreich. Ob bei diesen Telefonaten über die bevorstehende Gefahr einer Hausdurchsuchung geplaudert wurde oder nur darüber, wie man Geldspenden von Massenmördern am besten anlegt, ist nicht bekannt.

Unzweifelhaft ist aber, dass die FPÖ von heute mit solchen Enthüllungen kein Problem mehr hat. Das jüngste Video ihrer Parteijugend ist lupenrein völkische Identitären-Propaganda, inklusive Fackelzug und Auftritt von Hitler-Balkon-Muppets.

Behörden, die sich mit Identitären-Umtrieben beschäftigen, brauchen also vermutlich keinen weiteren Überfall Kickls befürchten. Anderen hingegen könnte das unter einem künftigen "Volkskanzler" durchaus drohen. "Wer die Klimawende will, gehört entmündigt!", forderte Kickl am 1. Mai in Linz. Laut aktueller Umfrage sind aber nur 20 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher gegen die Klimawende. Kickl muss also 80 Prozent der heimischen Bevölkerung entmündigen lassen. Das könnte bei den für Entmündigungen zuständigen österreichischen Gerichten zu Widerständen führen, die Kickl wieder per Razzia bekämpfen könnte. Die WKStA wäre diesmal wohl eher nicht mit an Bord, ob die ÖVP wieder "gewähren lässt", wird die nächste große Frage der Republik. (Florian Scheuba, 6.9.2023)