Wer sich Wiener Häuser ansehen will, die normalerweise für Besucherinnen und Besucher nicht zugänglich sind, sollte sich das Programm von Open House Wien ansehen. Die beliebte Architekturveranstaltung gibt es schon seit 2014, am kommenden Samstag und Sonntag (9. und 10. September) ist es wieder einmal so weit. Unter dem Motto "So lebt und lernt die Stadt!" sind an diesen beiden Tagen 62 Gebäude offen.

Das neue Magdas Hotel in Wien-Landstraße.
Magdas Hotel wurde im Oktober 2022 in einem ehemaligen Priesterwohnhaus im dritten Bezirk eröffnet.
Walter Luttenberger

Eines davon ist das Magdas Hotel Vienna City im dritten Bezirk, in dem Menschen mit Fluchthintergrund zu professionellen Gastgeberinnen und Gastgebern ausgebildet werden. Es wurde im Oktober 2022 in der Ungargasse 38 in Wien-Landstraße in einem ehemaligen Priesterwohnhaus eröffnet. Genau genommen war dies eine Wiedereröffnung an einem neuen Standort, denn schon ab 2015 gab es in der Nähe des Praters ein Magdas Hotel, die Nutzung war dort befristet.

Der Frühstücksbereich und ein Schlafzimmer in Magdas Hotel.
Bei der Einrichtung wurde viel Wert darauf gelegt, Dinge wiederzuverwenden.
Severin Wurnig, Walter Luttenberger

Der jetzige Standort wurde nach Plänen der BWM Architekten umgestaltet, 85 Zimmer wurden hier im "Upcycling-Design" eingerichtet und dabei viele Möbel, Lampen, Tische, Sessel und Kästen wiederverwendet, wodurch die graue Energie reduziert wurde. Suiten und Apartments im sechsten Stock wurden vom Designer Daniel Büchel mit Originalmöbeln des Hauses gestaltet, Tische und Betthäupter sind aus den ehemaligen Einbauschränken des Stephanushauses gefertigt, also des ehemaligen Priesterwohnhauses, das 1964 errichtet wurde.

Der DC Tower an der Wiener Reichsbrücke im Abendlicht.
Der DC Tower an der Reichsbrücke kann am Samstag besucht werden.
Nick Gleissner, Manfred Zentsch

Ein weiteres Highlight: Auch Österreichs höchstes Gebäude, der DC Tower an der Reichsbrücke, ist heuer dabei – allerdings nur an einem der beiden Tage, nämlich am Samstag. Dann können Interessierte von 10 bis 17 Uhr an kostenlosen Führungen teilnehmen und unter anderem auch einen Blick in die Technikräume des 250 Meter hohen Turms sowie in den Pendelraum werfen. In diesem befindet sich das über vier Stockwerke hohe freischwebende Pendel, das die durch den Wind verursachten Schwingungen ausgleicht. Es besteht aus 20 übereinander gestapelten Stahlplatten und einem aufgesetzten Tank mit 50.000 Litern Wasser.

Der Gemeindebau Georg-Emerling-Hof
Der Georg-Emmerling-Hof wurde kürzlich saniert und aufgestockt.
STANDARD/Putschögl

Und ebenfalls mit von der Partie sind einige alte, neue und/oder runderneuerte Sozialbauten. So kann etwa an beiden Tagen der Gemeindebau Georg-Emmerling-Hof gegenüber vom Schwedenplatz begutachtet werden. Der Bau in der Leopoldstadt war von 2019 bis 2022 generalsaniert und um neun Dachgeschoßwohnungen erweitert worden.

Die Fassade des Sandleitenhofs und ein Gehweg in der WBV-GPA-Anlage
Der altehrwürdige Sandleitenhof (links) und die brandneue Wohnanlage Wientalterrassen können im Rahmen von Open House Wien ebenfalls besichtigt werden.
WBV-GPA, Wohnservice Wien

Auch die Wohnanlagen Sandleitenhof (Ottakring) und Wientalterrassen (Penzing) sind am Samstag für Besucherinnen und Besucher geöffnet. Letztere ist ziemlich neu, hier lag der Fokus einerseits auf innovativen und kostengünstigen geförderten Wohnmodellen für Alleinerziehende, andererseits auf der Entwicklung eines eigenständigen, nachhaltigen Energiekonzepts inklusive Asphaltkollektoren (siehe auch Artikel). Der Sandleitenhof wurde in den 1920er-Jahren errichtet und ist einer der imposantesten Bauten aus der ersten Phase des kommunalen Wiener Wohnbauprogramms.

Neben den 62 Gebäuden bzw. auch Plätzen, die jeweils einzeln besichtigt werden können (der umgestaltete Reumannplatz in Wien-Favoriten ist ebenfalls dabei), wird es bei Open House Wien heuer auch wieder die sogenannten Themen-Trails geben, und zwar drei an der Zahl: einmal "Mid-Century Vienna" mit einem Schwerpunkt auf die Bauten aus den 1950er- und 1960er-Jahren, wozu auch das Magdas Hotel gehört. Zum anderen gibt es den Trail "Lebenslanges Lernen", bei dem man unterschiedliche Bildungseinrichtungen der Stadt Wien kennenlernen kann.

Der revitalisierte Altbau in der Andreasgasse im 7. Wiener Bezirk.
In der Andreasgasse in Wien-Neubau wurde ein halb verfallenes historisches Wohngebäude zu einem Bürogebäude für die Sozialbau AG umgestaltet.
STANDARD/Putschögl

Und der dritte Trail wurde in Zusammenarbeit mit der IG Architektur erarbeitet. Hier will man anhand von neun beispielhaften Projekten aufzeigen, "welchen Beitrag Architektur zum guten Leben in der Stadt leisten kann". Unter anderem kann hier das von Rataplan Architekten geplante Bürogebäude der Sozialbau AG in der Andreasgasse besichtigt werden, das aus einem abbruchreifen Bestandsgebäude heraus entstand und so aufgestockt und erweitert wurde, dass es von der Straße aus kaum zu sehen ist.

"Architektur am Puls der Zeit"

Die 62 Gebäude befinden sich übrigens nicht alle in Wien. Vier Bauten aus dem nahen Umland stehen ebenfalls auf dem Programm, darunter ist das Projekt "VinziRast am Land" in Mayerling.

"Ziel von Open House Wien ist es, Architektur am Puls der Zeit zu vermitteln, die unser aller Leben beeinflusst, sowie außergewöhnliche Gebäude zu öffnen, die nicht oder nur bedingt öffentlich zugänglich sind", sagt Barbara Libert, die gemeinsam mit Christine Lechner das Festival seit kurzem leitet. Stadtgestaltung und Baukultur, in einer für Laien verständlichen Sprache vermittelt, schärften den Blick für die Stadt und sensibilisierten für den öffentlichen Raum. "Damit fördert Open House Wien die Identifikation mit der eigenen Stadt, eine wichtige Kernkompetenz einer Gesellschaft."

Durch die Häuser führen wieder die sogenannten Volunteers, die sich vorab melden konnten und Einschulungen von den Planern und Nutzerinnen der jeweiligen Gebäude bekamen. (mapu, 7.9.2023)