Über ein halbes Jahrzehnt lang hat man bei Bethesda an "Starfield" gewerkt. Das Weltraumabenteuer und die erste neue Eigenmarke des Studios seit Jahrzehnten nahm man sogar wichtig genug, um dafür den Nachfolger von "Skyrim" um mehrere Jahre zu verzögern. Aber hat sich das gelohnt?

Die Verkaufszahlen wird man abwarten müssen, aber ich rechne damit, dass "Starfield" ordentlich Geld in die Kassen spülen wird. Spielerisch lautet meine Antwort: jein. Es ist beileibe kein schlechtes Spiel, aber es gibt teilweise riesige Diskrepanzen zwischen dem, was im Vorfeld versprochen und angedeutet wurde, und dem, was geliefert wird.

Damit meine ich ausdrücklich nicht die technischen Defizite. Das Game ist, Bethesda-typisch, Bananaware und reift beim Kunden fertig. Verglichen mit anderen Spielen aus dem Hause ist "Starfield" sogar recht solide unterwegs. Ja, die Performance ist auf einigen Systemen unterirdisch und auch auf meinem Rechner nicht optimal, aber immerhin gibt es bisher keine bekannten Bugs, die den Speicherstand ruinieren oder weiteren Fortschritt in der Hauptstory verunmöglichen. Die anderen Fehler sind größtenteils visueller und durchaus unterhaltsamer Natur.

Cutscenes statt Immersion

Man gibt sich auch – soweit ich in meinen ersten Spielstunden erfahren konnte – viel Mühe, die Handlung zu erzählen. Das weiß ich zu schätzen. Für mich spießt es sich aber an der Einbettung der Story und Spielwelt in das Gameplay. Dass es nicht möglich ist, Gebäude zu betreten, ohne einen Ladebildschirm ertragen zu müssen, ist gerade noch erträglich, sollte im Jahr 2023 aber eigentlich der Vergangenheit angehören. Viel mehr stören mich zwei andere Dinge.

Ein Raumschiff startet in Starfield.
Starts und Landungen gibt es in "Starfield" nur als automatisch ablaufende Cutscenes.
Bethesda

Erstens: Die Planeten, wie man sie aus dem All sieht, sind eigentlich nur Kulisse. Man kann nicht manuell auf ihnen landen oder von ihnen abheben und ins All fliegen. Da ist es nur ein schwacher Trost, dass die Distanzen zwischen den Planeten "real" sind und man auch stundenlang ohne Jumpdrive zwischen ihnen hin und her fliegen kann, wenn man beim Versuch einer Landung stattdessen durch sie hindurch fliegt. Zweitens: Als Folge dessen kann man mit dem Raumschiff auch nicht direkt über die Oberfläche fliegen, weil sich sonst allzu schnell herausstellen würde, dass deren Regionen eigentlich nur aus nicht zusammenhängenden Rechtecken mit unsichtbaren Wänden bestehen.

Diese Grenzen lassen sich zwar recht einfach deaktivieren, was aber das grundlegende Problem nicht behebt. Sobald man etwas weiter erkundet als vorgesehen, stürzt das Spiel kurzerhand ab.

Starfield Area Borders. What if you Disable them?
flexcreator

Für manche mag das i-Tüpfel-Reiterei sein, für mich spielt die Möglichkeit, selber durch die Atmosphäre eines Himmelskörpers in den Weltraum emporsteigen oder diesen im Freiflug umrunden zu können, aber eine wichtige Rolle. Gerade in einem Game, das den Spieler zum Teil der "Constellation"-Fraktion macht, die sich die Erkundung des Alls auf die Fahnen schreibt, fehlen diese Elemente, die als automatisch ablaufende Spielszene bei mir keine Aufbruchsstimmung auslösen. Das Gleiche gilt für Starts und Landungen auf Raumstationen, bei denen man nicht selbst in den Hangar einfliegen kann.

"No Man's Sky" und Co zeigen, wie es geht

Man kann an dieser Stelle nur mutmaßen, dass dies – ebenso wie die technischen Gebrechen von "Starfield" – mit den Limitationen der Creation Engine zu tun hat. Diese wiederum basiert auf der Gamebryo-Engine, die 1997 das Licht der Welt erblickte und unter anderem für "Morrowind", "Skyrim" und "Fallout 3" herangezogen wurde, ehe man für "Skyrim" die Codebasis modernisierte und ihr einen neuen Namen verpasste. Für "Starfield" wurde die Creation Engine zwar einem größeren Update auf Version 2 unterzogen, dennoch werde ich den Eindruck nicht los, dass man hier ein altes Pferd über seine Limits treibt.

Landing and taking off planets in Starfield, Elite: Dangerous, Star Citizen, No Man's Sky
Starts und Landungen in Elite Dangerous, No Man's Sky, Star Citizen und Starfield.
Glarus

Außerdem beweist ein mittlerweile sieben Jahre altes Spiel namens "No Man's Sky", dass große, rundum bereisbare Planeten eine Herausforderung sind, die sich bewältigen lässt, ohne High-End-Hardware in die Knie zu zwingen. Klar, das Werk von Hello Games war zum Release ebenfalls Bananaware, allerdings auf inhaltlicher Ebene. Es wurde aber in den vergangenen Jahren zu einer respektablen Open-Space-Sandbox mit beigelegter Story hochgezogen. Die Planetenerkundung klappte allerdings "ab Werk" schon recht ordentlich. Auch andere Spiele, etwa "Elite Dangerous" und das gefühlt nie fertig werdende "Star Citizen", zeigen, wie es geht.

"Starfield" ist das besser erzählte Spiel, keine Frage. Aber das Gefühl, ein Weltraumpionier zu sein und nicht nur einfach der Held eines "Elder Scrolls" mit Science-Fiction-Setting, fehlt mir sehr. Es ist verschenktes Potenzial für ein Spiel, das beweisen hätte können, dass die Freiheit von "No Man's Sky" sich auch mit einer gut erzählten, packenden Handlung paaren lässt. Das geht auch ohne die 18 Trillionen Planeten, die theoretisch in "No Man's Sky" existieren können. (Georg Pichler, 10.9.2023)