Beunruhigend sind die neuen Zahlen zu Rechtsextremismus in Österreich, die aus einer Anfragebeantwortung durch Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) hervorgehen, in jedem Fall. Einen Anstieg von 20 Prozent verzeichnete man da im Innenministerium (BMI) im ersten Halbjahr 2023 im Vergleich zum ersten Halbjahr 2022. Die SPÖ-Abgeordnete Sabine Schatz hatte wie jedes Halbjahr die Zahlen in parlamentarischen Anfragen an Karners Innenministerium und das Justizministerium (BMJ) von Alma Zadić (Grüne) abgefragt.

Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) und Justizministerin Alma Zadic (Grüne) beim Pressefoyer nach einer Sitzung des Ministerrates in Wien am Mittwoch, 12. April 2023. - FOTO: APA/ROLAND SCHLAGER
Offenbar zählen der Innenminister und die Justizministerin nicht gleich.
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Konkret waren unter 386 (2022 waren es 322) als rechtsextrem subsumierten Tathandlungen 358, die unter das NS-Verbotsgesetz fielen. 15 Fälle betrafen rassistische Tathandlungen, sieben antisemitische, fünf islamophobe Tathandlungen. Und eine "unspezifische" Tathandlung gab es. Rund 80 Straftaten wurden online begangen, die überwiegende Mehrzahl im öffentlichen Raum.

Enorme Diskrepanz

Was zusätzlich beunruhigend erscheint: Wie schon im Frühjahr zeigt sich wieder eine enorme Diskrepanz zwischen den Zahlen des Justiz- und jenen des Innenministeriums. Während im BMJ im ersten Halbjahr 1141 Fälle nach dem Verbotsgesetz verzeichnet wurden, wurden im BMI nur 358 Anzeigen nach dem Verbotsgesetz registriert.

"Alle bisherigen Argumente aus den Ministerien erklären nicht, warum die Zahlen in den letzten Jahren so weit auseinandergedriftet sind", kritisiert Schatz. "Es ist weder der Glaubwürdigkeit der Ministerien noch der Aufklärung um die rechtsextreme Bedrohungslage förderlich, dass man zwischen BMI und BMJ offensichtlich keinen Modus gefunden hat, wie eine einheitliche Zählung der Fälle aussehen kann."

Schatz hofft nun, dass der Rechtsextremismusbericht, der nach dreijähriger Verzögerung bei der Vergabe endlich erscheinen soll, Klarheit bringen wird. Den Zuschlag für den Bericht bekam, wie berichtet, das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes.

Schon im Frühling sorgte die von der Plattform "Stoppt die Rechten!" entdeckte Diskrepanz für Aufregung, DER STANDARD berichtete. (Colette M. Schmidt, 9.9.2023)