"Ich werde dem nichts mehr hinzufügen", sagte EU-Botschafter Martin Selmayr am Mittwoch bei "Milborn" auf Puls 24 – und tat es dann doch. Nach seinem "Blutgeld"-Sager vergangene Woche habe er ein "sehr freundschaftliches Gespräch" im Außenministerium* geführt, in das er zitiert wurde. "Wir alle müssen aus dem Gas aussteigen, um nicht von Putin abhängig zu sein", erklärte Selmayer im Gespräch mit Corinna Milborn zum Thema "Macht die Regierung genug fürs Klima?".

Zu Gast waren neben Selmayr auch Valerie Huber, Schauspielerin und Klimaaktivistin, und Virologe Norbert Nowotny. Huber hatte kürzlich den offenen Brief österreichischer Künstlerinnen und Künstler an die Regierung initiiert, um auf die Versäumnisse in Sachen Klimaschutz aufmerksam zu machen.

EU-Botschafter Martin Selmayr.
EU-Botschafter Martin Selmayr.
IMAGO/SEPA.Medi

Diplomat Selmayr erinnerte an die Empfehlungen der EU-Kommission, dass Österreich die Abhängigkeit vom russischen Gas so schnell wie möglich beende solle. Dass das nicht so einfach ist, sei ihm bewusst. Es erfordere "einige Umstellungen im Energiemix". Alle europäischen Staaten seien noch im Handel mit Russland und "Diktator Putin". Solange Russland diesen Krieg führe, sei es wichtig, die Ukraine zu unterstützen.

Milborn verwies auf die langfristigen Verträge Österreichs mit Gazprom und fragte Selmayr, ob und wie Österreich aus dem Kontrakt aussteigen könne. "Ich kenne diese Verträge nicht", so Selmayr, aber: "Als Jurist muss ich sagen, es gibt immer auch Verträge, die man kündigen kann."

Geschäftsgrundlage "neu bewerten"

Und: "Wenn auf der anderen Seite einer steht, der einen klar verbrecherischen Angriffskrieg führt, dann ist die Geschäftsgrundlage der Beziehungen neu zu bewerten." Jedes europäische Land könne einen Beitrag leisten, dass die Gelder für Putin und die Kriegsmaschinerie versiegen. Man solle aber nicht mit dem Finger auf andere zeigen. Inhaltlich stehe er aber zu seinen Aussagen, die ihm heftige Kritik eingebracht hatten.

Selmayr hatte bei einer Podiumsdiskussion bei der Kunstmesse Vienna Contemporary die österreichischen Milliardenzahlungen für russisches Gas als "Blutgeld" kritisiert. 55 Prozent des österreichischen Gases kommen weiterhin aus Russland. Österreich finanziere derart Putins Krieg, und niemand sei auf der Wiener Ringstraße, um dagegen zu protestieren. "Das verwundert mich, denn Blutgeld wird jeden Tag mit der Gasrechnung nach Russland geschickt", hatte der Diplomat ganz undiplomatisch erklärt.

Ein Freund Österreichs

Einmal inthronisiert, würde ein "Volkskanzler" wie Herbert Kickl Selmayr ein "One-Way-Ticket" nach Brüssel schicken, schäumte die FPÖ daraufhin in einer Aussendung. Eine Drohung, die Selmayr nicht sonderlich zu beeindrucken scheint. Er sei von der Kommissionspräsidentin entsandt, sie entscheide über seine Zukunft und nicht die FPÖ. Eine österreichische Regierung könne ihn nicht so einfach rausschmeißen. "Es sei denn, ich begehe ein Verbrechen." Selmayr sieht sich demnach auch als "Freund Österreichs", und Freunde dürften auch einmal kritisch sein. Also dann: Freundschaft! Und weiter so. (Oliver Mark, 14.9.2023)