Demonstranten und Demonstrantinnen halten eine iranische Flagge in die Höhe.
Weltweit wird gegen das iranische Regime protestiert. Dieses Bild entstand im April 2023 in Bonn.
IMAGO/NurPhoto/Ying Tang

Wien – Ein Jahr nach dem Tod der iranischen Kurdin Jina Mahsa Amini hat sich Amnesty International mit Forderungen an die Bundesregierung gewandt. Österreich sollte Maßnahmen zur Unterstützung der iranischen Zivilgesellschaft ergreifen, verletzte Menschenrechtsaktivisten medizinisch behandeln und sich für eine Strafverfolgung von iranischen Regimevertretern nach dem Weltrechtsprinzip einsetzen, sagte Shoura Hashemi, Geschäftsführerin von Amnesty in Österreich, am Donnerstag in Wien.

Kampagne "I ran from Iran"

Die Menschenrechtsorganisation stellte ihre Kampagne "I ran from Iran" vor. Sie soll Exil-Iranern und -Iranerinnen eine Stimme geben und sie ermutigen, ihre Geschichte zu erzählen, sagte Alistair Thompson von der Werbeagentur Demner, Merlicek & Bergmann. Mehr als fünf Millionen Iraner hätten das Land aufgrund der Menschenrechtsverletzungen verlassen. Für die Kampagne engagieren sich unter anderem die Kabarettistin und Schauspielerin Aida Loos und der Unternehmer und EU-Jugendbotschafter Ali Mahlodji.

Die Proteste seit Aminis Tod seien die Geburtsstunde für ein selbstbestimmtes Leben, nicht nur im Iran, sagte Loos. Mahlodji schilderte, wie er als Flüchtlingskind mit seinen Eltern nach Österreich gekommen und in Traiskirchen aufgewachsen sei. "In Österreich kannst du alles werden, was du willst", sagt er. Dennoch habe er sich lange dafür geschämt, ein Flüchtling zu sein.

Seit Beginn der Proteste mindestens 22.000 Menschen verhaftet

Hashemi, die selbst als Kind mit ihrer Familie 1987 aus dem Iran geflohen war, forderte seitens der Bundesregierung einen regelmäßigen Dialog mit Vertretern der iranischen Zivilgesellschaft. Außerdem verlange Amnesty International die humanitäre Aufnahme und medizinische Behandlung von Personen, die bei den Protesten im Iran verletzt wurden. Nach Angaben der Amnesty-Geschäftsführerin geht es dabei um zehn bis zwölf Personen, die mittlerweile in der Türkei und in den kurdischen Gebieten des Irak sind.

Die für Hinrichtungen, Folter und das Verschwinden von Personen verantwortlichen Regimevertreter müssten weltweit strafverfolgt und bestraft werden, forderte Hashemi. Die Ausstellung internationaler Haftbefehle und Ermittlungen seien nach dem Weltrechtsprinzip möglich. Hashemi erinnerte in diesem Zusammenhang an Strafverfahren in Deutschland zur Aufarbeitung von Staatsfolter in Syrien.

Der Tod von Jina Mahsa Amini in Polizeigewahrsam hatte im ganzen Iran eine riesige Protestwelle ausgelöst. Nach Schätzungen der Amnesty-Generalssekretärin wurden seit Beginn der Proteste mindestens 22.000 Menschen verhaftet und mehrere Hunderte Personen rechtswidrig getötet. Mindestens sieben Teilnehmer an Demonstrationen seien nach Scheinprozessen hingerichtet worden. In iranischen Gefängnissen werde weiterhin gefoltert und vergewaltigt. Auch gebe es Folter an Kindern. (APA, 14.9.2023)