Schiele Werke
Die Aquarelle "Russischer Kriegsgefangener" (1916) und "Mädchen mit schwarzem Haar" (1911) und die Bleistiftzeichnung "Porträt eines Mannes" (1917) wurden beschlagnahmt.
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Am Mittwoch hat die Staatsanwaltschaft Manhattan die Beschlagnahme dreier Werke von Egon Schiele aus den Beständen des Art Institute of Chicago, des Carnegie Museum of Pittsburgh sowie des Allen Memorial Art Museum am Oberlin College in Ohio verfügt. Die Gemeinsamkeit der drei Werke: Sie befanden sich einst in der Sammlung des österreichischen Kabarettisten Fritz Grünbaum, der 1941 im KZ Dachau umkam.

Hintergrund der Maßnahme sind von den Erben nach Grünbaum seit Dezember 2022 in den USA geführte Zivilprozesse gegen mehrere US-amerikanische Institutionen, in denen die Rückgabe der Werke gefordert wird. Laut "New York Times" soll die aktuelle Beschlagnahmeanordnung mit einer Verbringung der Werke nach New York verbunden sein. In gewisser Weise erweckt das den Eindruck einer Eskalation, die auch in Österreich hinter den Kulissen für etwas Unruhe sorgt.

Forderungen gegen Leopold-Museum und Albertina

Denn die Erben nach Grünbaum verklagten auch die Republik Österreich und zwei heimische Museen. Gefordert wird die Rückgabe von zwölf Schiele-Werken, zwei aus der Albertina und zehn aus dem Leopold-Museum (unter anderem das Gemälde "Tote Stadt III", 1911). Nach intensiver Provenienzforschung und eingehender Prüfung hatten die zuständigen Rückgabekommissionen 2010 (Leopold-Museum) und 2015 (Albertina) eine Restitution abgelehnt.

Demnach fanden sich an den Kriterien des Kunstrückgabegesetzes orientiert keine Belege für eine Beschlagnahme durch die NS-Behörden oder für nichtige Rechtsgeschäfte bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs. Die ab Herbst 1938 bei einer Spedition in Wien eingelagerte Sammlung dürfte vielmehr im Verfügungsbereich der Familie verblieben sein, wie über Verkäufe von Grünbaums Schwägerin nach dem Krieg, etwa in der Schweiz von 1952 bis 1956, dokumentiert ist.

"Gestohlenes Eigentum"

Die amerikanische Justiz bewertete die historischen Fakten jedoch anders. Einem zuletzt in New York gegen einen britischen Kunsthändler erwirkten Urteil zufolge ist der Tatbestand der Entziehung in der NS-Zeit über eine von Fritz Grünbaum im Juli 1938 an seine Ehefrau erteilte Vollmacht belegt, da er damit die Kontrolle über sein Vermögen verloren habe.

Darauf dürfte die Staatsanwaltschaft Manhattan jetzt Bezug nehmen, die ihre Beschlagnahme mit dem "hinreichenden Grund zu der Annahme" begründete, dass es sich bei den Werken "Russischer Kriegsgefangener" (Art Institute), "Porträt eines Mannes" (Carnegie Museum) und "Mädchen mit schwarzem Haar" (Oberlin College) um "gestohlenes Eigentum handelt".

Direkte Auswirkungen auf die gegen Österreich, die Albertina und das Leopold-Museum geführten Klagen hat diese Sicherstellung nicht. Auf STANDARD-Anfrage halten sich das zuständige Ministerium (BMKÖS) und die Finanzprokuratur zum aktuellen Verfahrensstand bedeckt. Nur so viel war in Erfahrung zu bringen: Über die Zuständigkeit eines amerikanischen Gerichts sei noch nicht entschieden worden. Dem Grundsatz des Foreign Sovereign Immunities Act folgend, wonach US-Gerichte nicht über Klagen gegen Staaten und ihre Einrichtungen entscheiden dürfen, wurden in den vergangenen Jahren vergleichbare Klagen abgewiesen. (Olga Kronsteiner, 15.9.2023)