Die hohen Lebensmittelpreise haben 2023 Konsumenten, Politik und Behörden bewegt. Vor allem der Umstand, dass Lebensmittel hierzulande um einiges teurer sind als in Deutschland, sorgte für heftige Debatten. Nun hat die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) einen Teil der großen Branchenuntersuchung – der größten, die es laut der interimistischen BWB-Chefin Natalie Harsdorf-Borsch hierzulande je gab und deren Ergebnisse Ende Oktober vorliegen sollen – vorgezogen.

Ein Ergebnis des sogenannten Fokuspapiers vorweg: Eine amtliche Preisdatenbank, wie Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP) sie vor einigen Monate angedacht hat, soll es nicht geben. An deren Stelle sollen die privaten Tools, die zuletzt aktiv geworden sind, gestärkt werden, hieß es am Freitag auf einer Pressekonferenz von Wirtschaftsministerium und BWB. Mehr Transparenz durch "vereinfachte Preisvergleiche" könne einen "wichtigen Beitrag" leisten, sind sich Harsdorf-Borsch und Kocher einig. Kocher nennt als Beispiel Israel, wo 2015 eine Pflicht zur Offenlegung der Supermarktpreise dazu geführt habe, dass sich die Konsumenten und Konsumentinnen 28 Dollar pro Monat gespart hätten. Durch Preisvergleichsportale seien die Preise nachweislich um durchschnittlich vier bis fünf Prozent gesunken.

Verschiedene Lebensmittel liegen in einem Supermarkt in einem Einkaufswagen.
Die hohen Lebensmittelpreise sorgten heuer für heiße Debatten und hielten auch die Politik auf Trab.
APA/dpa/Sven Hoppe

Preisvergleichsplattformen seien zwar in anderen Branchen etabliert (etwa Geizhals, Idealo, Durchblicker), im stationären Lebensmittelbereich aber noch rar. Zuletzt ist die Zahl der Portale und Apps allerdings gewachsen. Heiße Preise, Preismonitor, Preisrunter, Supermarkt, Teuerungsportal – es gibt mittlerweile einige. Allerdings haben sie Schwachstellen, meldete der Handelsverband gegenüber der BWB Bedenken an. Nicht immer wurde demnach Gleiches mit Gleichem verglichen. So seien etwa falsche Grammaturen verglichen worden, sagt Harsdorf-Borsch. Ein Grund dafür: Die Plattformbetreiber hätten ein Problem, die Preisdaten zu ermitteln, das habe eine Befragung ergeben. Die Anbieter hätten zudem angegeben, dass für sie nicht klar sei, was sie dürfen und was nicht.

Diesen Hemmschuh will Kocher mit einem neuen Gesetz, das derzeit ausgearbeitet wird, beseitigen. Grundsätzlich sei das Vorhaben mit dem grünen Koalitionspartner abgesprochen, Details müsse man aber noch klären. Ende des Jahres soll das Gesetz dann ins Parlament kommen.

Zugang zu Preisdaten

Die BWB und das Wirtschaftsministerium leiten aus ihren Erkenntnissen ab, dass es eine Schnittstelle für ausgewählte Nutzer unter bestimmten Voraussetzungen geben müsste. Abgesehen von den privaten Plattformbetreibern könnten das etwa der Verein für Konsumenteninformation oder wissenschaftliche Einrichtungen sein. Diese sollten einen unmittelbaren Zugriff auf Preisdaten bekommen.

Ein Mann steht mit seinem Einkaufskorb vor einer Kühlvitrine und greift nach einem Produkt. 
Der tägliche Einkauf im Supermarkt hat sich stark verteuert. Die Preise für Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke stiegen im Juli im Jahresvergleich im Schnitt um 10,5 Prozent und damit deutlich höher als die Gesamtinflation von 7,0 Prozent.
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Festgelegt werden soll etwa, dass Handelsbetriebe ab einer gewissen Größenordnung, die sich an der Zahl der Filialen bemessen soll, verpflichtend einmelden müssen. Allerdings soll es auch kleineren Marktteilnehmern möglich sein, sich zu beteiligen. Wichtig sei auch das richtige Maß an Transparenz, betont der Wirtschaftsminister. Was die Zahl der zu bereitstellenden Daten betrifft, so sei die Angelegenheit durchaus komplexer als ein Spritpreisrechner, die Produkte an den Tankstellen sind vergleichsweise einfacher zu erfassen als jene im Handel. Bioprodukte, Eigenmarken, unterschiedliche Qualitäten – hier gelte es, eine gute Auswahl zu treffen, "damit nicht nur das billigste Produkt eingemeldet wird", sagt Kocher.

Die Auswahl könnte sich etwa am Miniwarenkorb der Statistik Austria orientieren. Die Daten, die Lebensmitteleinzelhändler künftig einfacher zu Verfügung stellen sollen, müssten unter anderem den EAN-Strichcode, Produktname, Herkunft, Marke und Preis beinhalten. Der Handelsverband verlautet, man nehme "den Vorschlag zur Kenntnis" und warte nun auf die konkrete Ausgestaltung des Gesetzes, um abwägen zu können, welcher Aufwand in der Praxis damit verbunden wäre.

Christian Prauchner, Obmann des Lebensmittelhandels in der WKÖ, äußerte sich am Abend in einer Aussendung sehr skeptisch. Die Bedenken des Lebensmittelhandels seien "vielfältig". Unter anderem, weil Lebensmittel von Regionalität und Qualität her kaum vergleichbar seien. "Eine rein auf den Preis fokussierte Preisvergleichs-App könnte zu einer Preisspirale nach unten führen und die Qualität sowie die heimische Produktion beeinträchtigen".

AK fordert unabhängige Portale

Die Arbeiterkammer Wien begrüßte die Vorschläge Kochers und des BWB. Um seriös ihre Dienste anbieten zu können, müssten private Preisvergleichsplattformen allerdings hohen Ansprüchen gerecht werden, heißt es in einer Aussendung. Die Portale sollten vollkommen unabhängig vom Lebensmittelhandel sein und einer Zertifizierung durch das Wirtschaftsministerium unterliegen.

Den Vorteil unterschiedlicher Plattformen anstelle einer amtlichen Preisdatenbank für die Konsumenten und Konsumentinnen ortet Minister Kocher jedenfalls darin, dass nicht jede Plattform die gleiche Konzeption habe. Das wiederum erlaube es Konsumenten, je nach Vorlieben auf durchaus unterschiedliche Weise vergleichen zu können. Förderungen für die privaten Anbieter soll es nicht geben. Was die Lebensmittelpreise an sich betrifft, so sei dies "ein wichtiger, aber nicht der wichtigste Beitrag" in Sachen Inflationsbekämpfung. Der Beitrag zur Inflationsrate im Juni, die da bei acht Prozent lag, belaufe sich auf einen Prozentpunkt. (Regina Bruckner, red, APA, 15.9.2023)