Im Gastblog gibt Martin Unterlercher Auskunft, inwieweit die Überwachungsfunktion bei einem Tesla mit der Datenschutzgrundverordnung in Einklang geht.

Stellen Sie sich vor, wie Sie mit Ihrer Familie an einem warmen Spätsommerabend einen entspannten Spaziergang durch den Park machen. Sie genießen die Zeit mit Ihren Kindern und betrachten, während Sie auf dem Nachhauseweg an einem Fußgängerübergang haltmachen, ein parkendes Smart Car. Was Sie in dem Moment jedoch nicht realisieren, ist, dass dieses hochtechnologische Fahrzeug mit zahlreichen Kameras und Sensoren ausgestattet ist, welche die Umgebung erfassen und – im Falle eines erkannten Sicherheitsrisikos – alle Geschehnisse aufzeichnen. In dem Moment, in dem Sie mit Ihren Kindern auf die nächste Grünphase warten, um den Gehweg zu überqueren, werden Sie von den Kameras aufgezeichnet. Hier stellt sich die berechtigte Frage, was mit all diesen aufgezeichneten Informationen passiert. Wer hat Zugang zu diesen Daten? Wie wird Ihre Privatsphäre geschützt? Wird diese überhaupt geschützt?

Mehrere Tesla-Autos stehen auf einem Parkplatz und ein Mensch geht daran vorbei
Geht sich die Tesla-Technologie mit der Datenschutzgrundverordnung aus?
APA/AFP/GETTY IMAGES/JUSTIN SULL

Es ist unbestritten, dass die zunehmende Technologie von Fahrzeugen zahlreiche positive Effekte mit sich bringt. Gleichzeitig verdeutlicht dieses Szenario auch, dass vor allem aus datenschutzrechtlicher Sicht bedenkliche Situationen und ungeregelte Eingriffe in Persönlichkeitsrechte entstehen können.

Was ist der sogenannte "Wächtermodus" von Tesla?

Der von Tesla verwendete "Wächtermodus" oder "Sentry Mode" bietet grundsätzlich einige durchwegs sinnvolle und hilfreiche Funktionen. Darüber hinaus ist er technisch weit fortgeschrittener als eine gewöhnliche Alarmanlage. Er erkennt potenzielle Sicherheitsbedrohungen automatisch und kann so vor Vandalismus, Diebstahl und dergleichen schützen. Liegt eine derartige Bedrohung vor, erkennt dies der Wächtermodus und zeichnet das Geschehen auf.

Um diesen Sentry Mode zu aktivieren, ist es notwendig, einen USB-Stick anzuschließen, auf welchem die aufgezeichneten Videos gespeichert werden. Der Wächtermodus wird aktiviert, sobald die Türen des Autos geschlossen sind. Die Aktivierung führt dazu, dass die Umgebung des Fahrzeugs von den Kameras nun permanent beobachtet wird. Wenn sich jemand nähert und sich zum Beispiel an das Fahrzeug anlehnt, erfolgt die Aufzeichnung und Speicherung auf dem USB-Stick. Je nach Intensität der Einwirkung auf das Fahrzeug werden weitere Funktionen aktiviert: Aufleuchten des Displays im Wageninneren, laute Alarmsignale und Verständigung des Fahrzeughalters über eine Handy-App. Das führt dazu, dass der Fahrzeugbesitzer alarmiert wird und Beweismaterial – beispielsweise im Falle einer Beschädigung – sichergestellt wird.

So weit, so gut. Dass diese Funktionen aus technischer Sicht mehr als beeindruckend sind und deren Vorteile klar auf der Hand liegen, ist unbestritten. Gleichzeitig zeigt unser einleitendes Beispiel, dass es keine Wirkung ohne Nebenwirkung gibt und durch diese technologischen Errungenschaften in Persönlichkeitsrechte von Dritten eingegriffen werden kann.

Welche datenschutzrechtlichen Grundlagen bestehen in Österreich?

Rechtliche Ausgangsgrundlage für die Verarbeitung, Speicherung und Übermittlung von personenbezogenen Daten ist die Europäische Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Es werden verschiedene Grundsätze wie beispielsweise die Einhaltung der Rechtmäßigkeit, Zweckbindung und Vorgaben bezüglich der Verarbeitung normiert. Die Bestimmungen der DSGVO werden durch das österreichische Datenschutzgesetz (DSG) ergänzt und konkrete Regelungen für den Datenschutz auf nationaler Ebene festgesetzt.

Neben der Datenschutzgrundverordnung ist in Österreich also auch das nationale Datenschutzgesetz anzuwenden. Aus juristischer Sicht bestehen also nicht wenige Schutzbestimmungen, welche den korrekten Umgang mit personenbezogenen Daten gewährleisten sollen. Unter Berücksichtigung der vorhin beschriebenen Funktionen des Wächtermodus stellt sich jedoch die begründete Frage, ob diese Rechtsvorschriften in der Praxis überhaupt eingehalten werden können.

Von Überwachung und dem Schutz der Daten

Durch die Überwachung im Rahmen des Wächtermodus von Tesla besteht die Möglichkeit, dass Interessen und Grundrechte betroffener Personen berührt beziehungsweise verletzt werden. Die DSGVO schreibt jedoch vor, dass die Erhebung personenbezogener Daten auf ein notwendiges Maß beschränkt werden muss. Eine Verarbeitung darf nur erfolgen, wenn die Daten für den Zweck angemessen und erheblich sind.

Weiters müssen im Falle einer Verarbeitung von Daten betroffene Personen davon in Kenntnis gesetzt werden. Dies würde für die Praxis bedeuten, dass Fahrzeugbesitzer, welche den Wächtermodus auch nutzen, aufgezeichnete Personen von der Überwachung und Speicherung in Kenntnis setzen müssten. Dass derartige Vorgaben auch tatsächlich umsetzbar sind und in der Lebensrealität erfüllt werden, mag bezweifelt werden. Diese Zweifel sind im Falle von vorbeigehenden Passanten auch für die beschriebene Notwendigkeit der Aufzeichnung und Speicherung angebracht.

Entspricht der Wächtermodus den österreichischen datenschutzrechtlichen Bestimmungen?

Stellt man die dargelegten datenschutzrechtlichen Voraussetzungen und die praktische Verwendung des Wächtermodus im realen Lebensalltag gegenüber, steht fest, dass dieser nicht der österreichischen Datenschutzrechtslage entspricht.

Allein der Umstand, dass häufig auch vorbeigehende Passanten auf öffentlichem Raum gefilmt werden, stellt einen klaren Konflikt mit datenschutzrechtlichen Bestimmungen dar. Es bleibt abzuwarten, wie sich diese Situation mit fortschreitender technologischer Integration entwickelt. Wie Eigentümer eines Teslas überhaupt den verschiedenen gesetzlichen Vorgaben entsprechen können – beispielsweise im Hinblick auf die Information aufgezeichneter Personen – ist unklar.

Welche Möglichkeiten haben nun aber Besitzer eines Teslas?

Um eine gesetzeskonforme Verwendung eines Teslas mit Wächtermodus zu gewährleisten und datenschutzrechtliche Konflikte zu vermeiden, könnte man als Fahrzeughalter zum gegenwärtigen Zeitpunkt schlicht und einfach den besagten USB-Stick weglassen. Dies hätte zur Folge, dass zwar keine Videos aufgezeichnet werden und somit auch keine datenschutzrechtlichen Bedenken vorliegen, die sonstigen Funktionen aber noch gegeben sind. In solch einem Fall würde sich der Sentry Mode wie eine gewöhnliche Alarmanlage verhalten, was nicht im Widerspruch zu DSGVO oder dem österreichischen DSG steht. (Martin Unterlercher, 22.9.2023)