Es ist dieser Tage schon besonders schön, in der Meiselstraße sitzen zu dürfen: Letzte laue Abende in der Vorstadt, von den Alleebäumen fällt hie und da ein Blatt, gelegentlich röhrt ein brünftiger BMW vorbei. Und nach Westen hin verglüht der Sommer in dramatischen Farben am Himmel. Im Schanigarten des neuen Belly’s Bistro auf Nummer 59 lässt sich das gut erleben. Besonders angenehm aufgenommen darf man sich hier auch fühlen.

Das kleine Lokal mit den großen Fenstern, der halboffenen Küche und afrikanischer Fauna an den Wänden ist eine richtige Family-Affair. Marvin Mudenda macht den Küchenchef, Melanie und Marcel sind im Service. Drei Geschwister im selben Unternehmen – geht nur in richtig gut gebauten Familien. Und es ist schon das zweite Lokal, das die drei gemeinsam machen.

Große Fensterfronten, Schanigarten, sehr sympathisches Konzept: Belly’s Bistro, ganz neu an der Grenze von 14. und 15. Bezirk.
Große Fensterfronten, Schanigarten, sehr sympathisches Konzept: Belly’s Bistro, ganz neu an der Grenze von 14. und 15. Bezirk.
Gerhard Wasserbauer

Belly of the Beast hieß ihr erstes, mitten im Lockdown mit Speisen zum Mitnehmen eröffnet und mit dem Wiederaufsperren als aufsehenerregendes Restaurant mit Fokus auf Gemüse und die Produkte handverlesener Genusshandwerker, mit nobler Wein- und Speisekarte, vor allem aber mit einer ungewöhnlichen Kombination aus tirolerisch und südostafrikanisch (die Herkunftsregionen der Eltern, Anm.) inspirierter Küche, die mitunter mit Fine-Dining-Anspruch präsentiert wurde.

Aber die Zeiten sind hart für die Gastronomie, ganz besonders für Lokale, die sich um die weniger befahrenen Nebenstraßen des guten Essens kümmern. Das Belly of the Beast in Wien-Alsergrund wurde abgegeben, die Mudendas aber sind beinandergeblieben. Das neue Lokal wurde niederschwelliger, ohne Tischwäsche, mit großartigem Erzberg Bräu vom Fass, es gibt klassischen Mittagsteller zum Lunch und Brunch am Wochenende.

Die DNA ist aber unverändert, das merkt man an der ziemlich exklusiven Weinkarte und generell an der Herkunft der Grundprodukte: Gemüse kommt von Top-Biogärtnern wie den Dirndln am Feld oder dem famosen Beerenberg in Linz – der liefert auch das eine oder andere Stück Fleisch. Bio und aus Freilandhaltung ist natürlich auch das Rindfleisch, von Lomo Alto, wo die Tiere mindestens acht, oft auch mehr Jahre auf dem Buckel haben, bevor es ans Schlachten und Trockenreifen geht.

Weitergeführt wurde außerdem die Idee, Tirol und Zimbabwe immer wieder auch auf der Speisekarte zu vereinen. So gibt es Kaspressknödel vom Grill auf mit Sesam abgeschmecktem Krautsalat: würzig, fein – der Kontrast zum vor Kraft und Deftigkeit Fäden ziehenden, in Butter schwimmend herausgebackenen Original ist natürlich gewollt. Oder Erdäpfelknödel mit Speck-Zwiebel-Fülle in einer Sauce aus fermentierten Chilis: cremiger Teig, satt geräucherte, großzügige Fülle, vergleichsweise milde Sauce – eine richtig individuelle Interpretation.

Teller mit diversen Speisen
Selleriecremesuppe, Beef Tartare vom Mühlviertler Bio-Rind mit Erdäpfelbrot und Bio-Sauerteigbrot mit hausgemachtem Leberaufstrich & Eingelegtem.
Gerhard Wasserbauer

Noch besser funktionieren die unbefrachteten Kreationen: Selleriecremesuppe mit schwarzem Sesam und etwas Sesamöl ist eine dichte, hauchfein passierte Creme, vegan, unheimlich voll und sanft im Mundgefühl – tolle Sache. Deftig geht aber mindestens so: Leberaufstrich vom Bio-Lamm wird dick auf frisches Sauerteig-Weizenbrot gestrichen, grandioser Snack und wie gemacht, um das Bier noch einmal so gut zischen zu lassen.

Sesam und Sternanis

Black Pork Curry vom Turopolje-Schwein ist ein dicht gewebter Eintopf, dunkel schillern da die Gewürze, schwarzer Knoblauch und Sternanis, Tamarinde und Nelken, schwarzer Sesam und anderes mehr. Das Gericht stammt ursprünglich aus Sri Lanka, kam via Südafrika nach Zimbabwe – hier wird es aus erstklassigen Zutaten geschmurgelt. Dazu gibt es Naan, frisch in der Pfanne gebacken – am zurückgenommenen Butter-Einsatz merkt man, wie kalorienbewusst in Belly’s Bistro gekocht wird. Dafür kann man sich hinterher umso entspannter am Mousse au Chocolat mit Salzkaramell gütlich tun – sahnig, eine Idee salzig und wunderbar zart bitter dank der exzellenten Schokolade. (RONDO, Severin Corti, 22.9.2023)