Ökonomen hatten im Vorfeld eine Erhöhung des SNB-Leitzinses um 0,25 Prozentpunkte prognostiziert.
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Bern/Zürich/Frankfurt/Istanbul – Die Schweizerische Nationalbank (SNB) sieht nach fünf Zinserhöhungen in Folge überraschend von einer weiteren geldpolitischen Straffung ab und lässt ihren Leitsatz unverändert. Der SNB-Leitzins bleibe bei 1,75 Prozent, teilte die Notenbank am Donnerstag mit. Die in den letzten Quartalen deutlich gestraffte Geldpolitik wirke dem immer noch vorhandenen Inflationsdruck entgegen, erklärte die SNB. Sie schließe aber nicht aus, dass weitere Zinserhöhungen nötig werden könnten.

Von Reuters im Vorfeld der vierteljährlichen geldpolitischen Lagebeurteilung der SNB befragte Ökonomen hatten mehrheitlich eine Zinserhöhung um 0,25 Prozentpunkte prognostiziert.

Bank of England: Schlüsselsatz bleibt bei 5,25 Prozent

Die Bank of England (BoE) stoppt ebenfalls ihre Serie von Zinserhöhungen. Sie beschloss am Donnerstag, das bisherige geldpolitische Niveau von 5,25 Prozent beizubehalten. Es ist die erste Pause nach 14 Zinsschritten in Folge. Der Preisauftrieb in Großbritannien hat sich zuletzt überraschend abgeschwächt. Mit 6,7 Prozent ist die Teuerungsrate jedoch noch immer eine der höchsten in Westeuropa.

Ankara hebt erneut um 5.0 Prozentpunkte an

Die türkische Notenbank hat angesichts der hohen Inflation den Leitzins erneut deutlich angehoben. Der Leitzins steigt um 5,0 Prozentpunkte auf 30,0 Prozent, wie die Notenbank am Donnerstag in Ankara nach ihrer geldpolitischen Sitzung mitteilte. Volkswirte hatten im Schnitt mit der Entscheidung gerechnet. Es war die vierte Zinserhöhung in Folge.

Der Leitzins liegt aber weiter unter der Inflationsrate, die im August auf 58,9 Prozent gestiegen war. Mit dem jetzigen Zinsschritt dürften die Notenbanker daher auch versucht haben, ihre Entschlossenheit im Kampf gegen die hohe Inflation zu untermauern. Die vor allem seit Mai im Wert deutlich gefallene türkische Lira gab am Devisenmarkt zu Euro und US-Dollar etwas nach.

Nagel: Inflation im Euroraum noch immer zu hoch

Die EZB kann sich derweil aus Sicht des deutschen Bundesbankpräsidenten Joachim Nagel auch nach zehn Zinserhöhungen in Serie womöglich noch nicht zurücklehnen. "Haben wir die Hochebene erreicht? Das lässt sich noch nicht klar absehen", sagte Nagel am Donnerstag auf dem Verbandstag der Sparda-Banken. Noch immer sei die Teuerung zu hoch.

"Die Inflationsrate geht auch im Euroraum nicht im gewünschten Tempo in Richtung zwei Prozent", sagte Nagel. "Die Leitzinsen werden ausreichend lange auf einem ausreichend hohen Niveau liegen müssen."

EZB-Leitzins auf höchstem Niveau seit 1999

Die EZB hatte vor einer Woche die Zinsen erneut um einen Viertelprozentpunkt angehoben. Der am Finanzmarkt maßgebliche Einlagensatz, den Geldhäuser für das Parken überschüssiger Gelder von der Notenbank erhalten, stieg damit von 3,75 auf vier Prozent. Das ist das höchste Niveau seit dem Start der Währungsunion 1999.

Doch die Inflation im Euroraum lag im August mit 5,2 Prozent immer noch mehr als doppelt so hoch wie das Ziel der Euro-Notenbank. Die EZB strebt zwei Prozent Teuerung für die Ländergemeinschaft an. Auch bei der Kerninflation, bei der die schwankungsanfälligen Preise für Energie, Lebensmittel, Alkohol und Tabak außen vor bleiben, sieht Nagel noch keinen Anlass zur Entwarnung. Auch sie liege nach wie vor hartnäckig hoch und dürfte nur allmählich sinken, sagte Nagel. "Denn sie wird zunehmend durch binnenwirtschaftliche Faktoren getrieben." Die Kerninflation in der Eurozone lag im August bei 5,3 Prozent. (APA, red, 21.9.2023)