Dieser Text stammt aus dem Magazin "Karriere", das am 12. Oktober dem STANDARD beiliegt.

Leistung – ein stark aufgeladenes und heiß debattiertes Konzept. Ist es überhaupt noch en vogue, dieses Wort zu benutzen, oder heißt es nur noch Performance? Verbirgt sich hinter diesem Terminus ein Sparprogramm mit Gehaltskürzungen, oder brauchen wir mehr leistungsbezogene Anreize, um die Arbeitsmotivation der Mitarbeitenden hoch zu halten? Dieses und viele weitere Themen werden im Magazin und hier online in den nächsten Tagen ausgerollt.

Den Anfang machen fünf junge Menschen. Sie erzählen, ob sie wirklich gern auf der faulen Haut liegen, wie es ihnen oft vorgeworfen wird. Was fordern sie und wie sehen sie die Debatte über Leistung? Im Anschluss können Sie noch Auszüge aus unserer STANDARD-Forum-Diskussion lesen, in der wir unsere fleißigen Posterinnen und Poster fragten, was sie unter dem Begriff Leistung verstehen. Gedankennahrung zum Schmunzeln, Nachdenken und Diskutieren.

Katharina, Social-Media-Managerin (31)

Porträt Katharina
Katharina sieht sowohl Unterschiede bei der Leistungsdefinition zwischen den Generationen als auch zwischen Stadt und Land.
Tobias Holzer

"Ich finde, dass gerade zwei Arbeitsverständnisse, ja fast zwei Welten aufeinanderprallen und auch Arbeitgebende sehr unterschiedlich damit umgehen. Auf der einen Seite lassen immer noch manche nach ihrem Dienst an ihrem Platz im Büro das Licht an, damit es so aussieht, als wären sie immer noch fleißig. Als ich in einer Firma auf dem Land gearbeitet habe, waren Themen wie Eigenverantwortung, Work-Life-Balance und innovative Arbeitskonzepte noch in sehr weiter Ferne. Auf der anderen Seite bekomme ich von kleinen Start-ups mit, dass sie sogar einen Wellbeing-Manager haben."

Darius, IT-Projektmanagement (22)

Porträt Darius
Darius vermisst gute Aus- und Weiterbildungschancen und ein adäquates Gehalt.
privat

"Den Vorwurf, dass Junge nichts mehr leisten wollen, finde ich nicht ganz fair. Ich arbeite sehr viel und habe damit grundsätzlich auch kein Problem. Aber: Es muss sich finanziell lohnen. Und das ist, gerade wenn man keinen Hochschulabschluss hat wie ich, oft nicht der Fall. Und ich rede noch nicht mal von außergewöhnlichen Ansprüchen. Von der Vorstellung, mir einmal Eigentum leisten zu können, habe ich mich schon verabschiedet. Ich möchte zumindest essen oder trinken gehen können, ohne jeden Cent umzudrehen. Und ich möchte Aufstiegs- und Weiterbildungschancen. Ist das wirklich zu viel verlangt?"

Anja, Projektcoach (24)

Porträt Anja
Anja erkennt durchaus noch Leistungspotenzial bei den Jungen und sieht nicht nur eine Gehaltserhöhung als Belohnung für gute Leistung an.
privat

"Ich merke als Trainerin und Organisatorin in einem Callcenter, dass die Arbeitsvorstellungen neuer Kolleginnen und Kollegen oft nicht zu hundert Prozent realistisch sind. Dass Pünktlichkeit und Pflichtbewusstsein auch in diesem Beruf wichtig sind, müssen manche zum Beispiel noch lernen. Als Gegenleistung für meine erbrachte Arbeit spielt für mich nicht nur Geld eine Rolle. Sondern auch Wertschätzung, Vertrauen oder mehr Verantwortung. Auch Privilegien wie mehr Homeoffice-Tage, Lob oder mal eine Runde Eis für alle - zu zeigen, dass die Leistung der Mitarbeitenden gesehen wird, ist auf viele Weisen möglich."

Raphael, Nachhaltigkeitsberater (27)

Porträt Raphael
Für Raphael ist ein Tag erfolgreich, an dem er viele Menschen unterstützen konnte.
Gerald Tschank

"Als selbstständiger Berater für Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft arbeite ich rund 85 Stunden die Woche. Mit dem Wort Work-Life-Balance kann ich nicht so viel anfangen. Denn ich sehe meine Tätigkeit nicht als Arbeit, sondern als Berufung. Ein erfolgreicher Tag, an dem ich viel geleistet habe, ist für mich, wenn ich meine zuvor geplanten Tätigkeiten abgeschlossen habe. Auch wenn ich viele Menschen mit meiner Expertise unterstützen konnte und noch Zeit für Freunde, Essen und Fitnessstudio verblieben ist - dann habe ich das Gefühl, viel geleistet zu haben."

Eni, IT-Abteilungsleiter (29)

Porträt Eni
Eni entdeckte, dass er in weniger Arbeitszeit leistungsfähiger wurde.
Faber Photography

"Früher habe ich Vollzeit gearbeitet. Das war für mich auch kein Problem. Aber jetzt, mit dem Wechsel in ein neues Unternehmen und in die Rolle als Abteilungsleiter, arbeite ich nur noch 32 Stunden die Woche. Ich bemerkte, dass ich genauso produktiv oder sogar produktiver war, in weniger Zeit. In der IT geht es viel um Kreativität und darum, kniffelige Probleme zu lösen. Für mich ist ein Tag erfolgreich, wenn ich einen Anstoß für eine Problemlösung geben konnte. Die zündenden Ideen kommen nicht unbedingt in der Arbeitszeit. Gerade deshalb sind die Ruhephasen und die kürzere Arbeitszeit für mich sinnvoll."

Wie definiert man Leistung?

Wir haben online die STANDARD-Community gefragt, was sie unter Leistung versteht. Hier einige Antworten – als Inspiration und Diskussionsgrundlage.

(Natascha Ickert, 12.10.2023)