Freerider Clemens Kaudela springt über einen großen Drop namens The Minister in Utah.
Freerider Clemens Kaudela bei den Aufnahmen zu seinem Rampage-Bewerbungsvideo in Utah (USA).
Logan Gallagher

Nur die 18 besten Mountainbike-Athleten erhielten für 2023 die heißbegehrte Einladung zur Red Bull Rampage, dem härtesten und legendärsten Freeride-Event der Welt. Mit Clemens "C-Dog" Kaudela wird am 13. Oktober erstmals ein Österreicher mit dabei sein. Die Freude beim Unterstinkenbrunner ist dementsprechend groß, wie er im Gespräch mit dem STANDARD Tretlager erzählt: "Als ich zwölf Jahre alt war, habe ich zum ersten Mal die Rampage im Livestream angesehen, und ich wusste sofort: Da will auch einmal hin." Nun machte sich Kaudela, der am 7. Oktober, also kurz vor dem Bewerb, 33 Jahre alt wird, selbst dieses Geburtstagsgeschenk.

Hinter diesem Erfolg steckt jahrelange und vor allem harte Arbeit. Daher will Kaudela jungen Fahrerinnen und Fahrern künftig als Inspiration dienen: "From Weinviertel to Rampage – es ist möglich, wie mein Beispiel als Unterstinkenbrunner zeigt. Daher möchte ich nach dem Bewerb gerne hier zu Hause etwas für den Nachwuchs machen, einen Contest veranstalten und vielleicht eine Trainingsmöglichkeit schaffen." Denn gerade im Freeride-Sport mangelt es an solchen Plätzen zum Trainieren und an Events, weiß der Profi.

Selfmade-Star der Freeride-Szene

Der Weg in den Olymp des Freeridens war freilich kein leichter. Kaudela lebt nicht allein vom Radfahren, er verdient sich seinen Lebensunterhalt auch als professioneller Trailbauer. Er schaffte es über das Dark-Fest, einen jährlich in Südafrika stattfindenden Freeride-Event, der von Fahrern für Fahrer veranstaltet wird, zu internationaler Bekanntheit. Mit dem Weltcup vergleichbare Bewerbe gibt es im Freeride-Sport nicht. Die von Sponsor Red Bull veranstaltete Rampage ist der bekannteste Event dieser Art und findet einmal pro Jahr in Utah statt. Dort dabei zu sein ist für die meisten Freerider das Größte, das man in dem Sport erreichen kann. Neben seinen Performances auf dem Dark-Fest war es vor allem das Bewerbungsvideo, das Kaudela im Frühjahr 2023 gedreht hat, das ihm nun die Eintrittskarte zur Rampage sicherte.

The Minister feat. Clemens Kaudela PROPAIN Bicycles
Das Bewerbungsvideo : https://www.propain-bikes.com/the-minister-feat-clemens-kaudela/ Follow Clemens Kaudela on Instagram: https://www.instagram.com/clemenskaudela/
PROPAIN Bicycles

Die körperliche Vorbereitung startete für den Weinviertler bereits im Sommer: "Ich hab mitten in der Hitzewelle meine Terrasse umgebaut. Das war das ideale Rampage-Training." Denn in der Wüste von Utah haben die Athleten eine Woche lang Zeit, zusammen mit zwei "Buildern", die sie mitbringen dürfen, ihren eigenen Trail auf den Berg zu bauen. Am Ende gewinnt, wer auf seiner Line den besten Lauf zeigt. Bewertet werden die Schwierigkeit des Terrains, das man bezwingt, die Tricks und der Style. Die Zeit, die man dazu braucht, ist Nebensache.

Mit den Ruso-Brüdern als kundigen Helfern

Kaudela war bereits zweimal als Builder für den polnischen Freeride-Star Szymon Godziek bei der Rampage im Einsatz und bringt daher schon Erfahrung mit. "Zuletzt waren wir am selben Berg, auf dem auch heuer gefahren wird. Das ist für mich natürlich von Vorteil", sagt er. Kaudela wird mit den Brüdern Elias und Daniel Ruso – zwei ebenso begnadeten Mountainbikern aus Österreich – als Builder an den Start gehen. Die Rusos waren schon dabei, als Kaudela sein Bewerbungsvideo in Utah gedreht hat. Die drei sind eng befreundet und trainieren zusammen.

Beim Gespräch mit dem Tretlager sind Kaudela und die Rusos gerade an ihrem Trainingsspot in Niederösterreich. "Wir haben einen Airbag unter den großen Drop gelegt, um Tricks darauf zu üben", erklärt Kaudela die Vorbereitung. Wichtig seien beim Training dieser Tricks vor allem die Wiederholungen, sagt er. Daneben konzentriert er sich auf Kraftübungen. Denn die Dimension der Sprünge bei der Rampage ist so unglaublich groß, dass die Belastungen, die auf die Körper der Sportler wirken, enorm sind. Um einen solchen Sprung aus 15 Meter Höhe zu landen, braucht es ordentlich Kraft in den Beinen. Fürs Training genügen aber Sprünge, die etwa 20 Prozent kleiner sind.

Clemens Kaudela mit seinem Bike der Marke Propain.
Bewährtes Set-up: Kaudela und sein Propain Spindrift werden am 13. Oktober bei der Rampage an den Start gehen.
Syo Van Vliet / thenines

Er fühle sich gut vorbereitet, habe Spaß am Bike und sei heiß auf den Bewerb, sagt Kaudela. Auch sein Bike-Set-up – er fährt für das Team des deutschen Fahrradherstellers Propain – sei erprobt, daher werde er "keinerlei Experimente" dabei riskieren. Wichtig sei nun, fit zu bleiben und die Belastung des Bauens in der Bewerbwoche mit der des Fahrens zu vereinbaren: "Ich versuche, den Tagesrhythmus schon darauf einzustellen: um sechs Uhr morgens aufstehen, um zehn Uhr morgens fit für den Rennstart."

Prominentes Fahrerfeld wartet

Ende September wird Kaudela mit seinem Team nach Utah reisen, zum Akklimatisieren. Sein sportliches Ziel sei nicht an eine bestimmte Platzierung gebunden, sagt er: "Dabei zu sein, ist bereits wie ein Sieg für mich." Wobei er natürlich auf die Konkurrenz schielt, die heuer wieder enorm ist. Aber auch schwer einzuschätzen, denn ein paar große Namen der letzten Jahre fehlen. Allen voran Brandon Semenuk und Brett Rheeder, die seit 2018 die Siege bei der Rampage unter sich ausmachten. Dafür sind Legenden wie Cam Zink, Kyle Strait, Mehrfachsieger Kurt Sorge oder die Downhill-Stars Gee Atherton sowie Brendan Fairclough am Start. "Ein Top-Ten-Platz wäre möglich, wenn ich einen Super-Tag habe", glaubt Kaudela.

Für die heimische Mountainbike-Szene ist Kaudelas Rampage-Teilnahme der nächste große Erfolg, den es zu feiern gilt. Nach den Seriensiegen von Valentina Höll, Mona Mitterwallner und Laura Stigger bei den Damen sowie den Erfolgen von Andi Kolb und David Trummer sowie der Internetsensation Fabio Wibmer komplettiert Kaudela nun als Freerider die Riege der österreichischen Stars in der Mountainbike-Welt. Seine Rampage-Teilnahme wird auch dafür sorgen, dass am 13. Oktober vielerorts Watch-Partys steigen. Das Trailcenter Hohe Wand Wiese habe bereits angekündigt, eine solche steigen zu lassen, weiß Kaudela. Und er hofft, dass auch daheim in Unterstinkenbrunn live mitgefiebert wird. Wer sich das Spektakel nicht entgehen lassen will, kann den Bewerb am 13. Oktober kostenlos auf Red Bull TV mitverfolgen. (Steffen Kanduth, 25.9.2023)