Im August hatte vor allem der Süden Österreichs mit Überschwemmungen und Murenabgängen zu kämpfen.
APA/GERD EGGENBERGER

Wien – Der Generaldirektor der Wiener Städtischen Versicherung, Ralph Müller, spricht sich angesichts der zunehmenden Intensität von Unwetterereignissen für eine flächendeckende Hochwasserversicherung in Österreich aus. Denkbar wäre etwa eine Integration der Katastrophendeckung in die bestehende Feuerversicherung, wodurch für Eigenheimbesitzer ein wesentlich breiterer Versicherungsschutz entstehen würde, sagte der Manager im Gespräch mit der APA.

Derzeit ist ein Versicherungsschutz gegen Hochwasserschäden hierzulande vor allem über Haushalts- und Eigenheimversicherungen gegeben. Die versicherbaren Schadenssummen sind allerdings nach oben hin begrenzt - für eine vollständige Wiederherstellung von durch Hochwasser beschädigten Objekten reicht die Deckung meist nicht aus. Nach dem von Müller vorgeschlagenen Modell würde sich für die Versicherten ein Rechtsanspruch auf höhere Schadenskompensation ergeben. Außerdem würden die Gelder schneller ausbezahlt als dies beispielsweise beim Katastrophenfonds häufig der Fall sei.

Ein bis zwei Euro mehr pro Monat

Voraussetzung für eine entsprechende Neuregelung sei eine finanzielle Abgabe einer großen Zahl von Versicherungsnehmenden. "Das ist nur dann zu bewerkstelligen, wenn wirklich alle Versicherten solidarisch einen kleinen Beitrag leisten. (...) Eine wirklich adäquate und überschaubare Mehrprämie würde bedeuten, dass man eine ausreichende Deckungssumme hat, um 80 bis 90 Prozent aller bestehenden Hochwasserkatastrophen finanzieren zu können." Für die Versicherten würde sich diese Prämie auf ca. 1 bis 2 Euro zusätzlich pro Monat belaufen. Sollten sich nur jene versichern, die in Hochrisikozonen leben, seien die Schäden von der Versicherungswirtschaft nicht finanzierbar, führte der Vorstandsvorsitzende aus. Er appellierte an die Politik, dafür wegen der Folgen des Klimawandels alsbald den gesetzlichen Grundstein zu legen. Denn: "Man wird eine weitere Verschärfung der Situation sehen."

Für die Unternehmen aus der Branche werden Wetterkapriolen immer mehr zur Kostenfrage. Alleine von Juni bis etwa Mitte September hat die Wiener Städtische Sturm-, Hagel- und Hochwasserschäden in Höhe von 68,5 Millionen Euro abgedeckt - ein Plus von 76 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Besonders betroffen waren nach den jüngsten Unwettern Kärnten und die Steiermark. An die dort Versicherten flossen seitens der Wiener Städtischen gut 20 beziehungsweise 9 Millionen Euro. Mit Blick auf das Gesamtjahr steuere man gar auf eine der schadensintensivsten Perioden der Unternehmensgeschichte zu. So dürften die Summen nur von jenen aus dem Jahr 2021 übertroffen werden, als die Versicherung einen Negativrekord verzeichnete.

Prämienerhöhung

Zur Entwicklung der Prämien sagte Müller, dass man diese wegen den höheren Schäden selbst ohne eine Neugestaltung der Hochwasserversicherung früher oder später für Kundinnen und Kunden leicht erhöhen werde, zumal die Rückversicherung kostspieliger werde. Parallel dazu verteuert die Inflation die Schäden und lässt die Versicherungsprämien in den verschiedenen Sparten in die Höhe steigen. "Neben den Naturkatastrophen treibt natürlich auch die Preissteigerung den Schadensaufwand", erklärte er. Jenen, die eine Schaden- und Unfallversicherung der Wiener Städtischen beziehen, stehe heuer etwa eine durchschnittliche Erhöhung ihrer Prämien von 7 bis 8 Prozent ins Haus. Wirtschaftlich sei das Unternehmen damit weitgehend gegen die Teuerung abgesichert.

Auf der Kehrseite führen die jüngsten Zinssteigerungen auch zu Chancen für die Versicherungsnehmenden, etwa bei der privaten Altersvorsorge. Im Bereich der klassischen Lebensversicherung stellte der Manager eine Erhöhung der Gewinnbeteiligung für das kommende Jahr in Aussicht. Aktuell beträgt die Beteiligung gut 2 Prozent. Und: "Wenn das Zinsniveau in der Größenordnung bleibt, werden noch weitere Schritte folgen." Die Nachfrage sei jedenfalls hoch. "Wir wachsen heuer deutlich stärker als der Markt." Auch resultiere aus der schwierigen wirtschaftlichen Lage erfreulicherweise nicht, dass die Menschen ihre Versicherungen kündigen. "Das ist ein gutes Signal, dass den Menschen Versicherungsschutz wichtig ist." (APA, 24.9.2023)