Der Auftritt beginnt mit einer vorsorglichen Beschwichtigung. Man habe eh nicht vor, wie zu den Hochzeiten der Corona-Pandemie für tägliche Lageberichte vor die Medien zu treten, sagt ein Mitarbeiter des Gesundheitsministeriums zur Begrüßung. Doch ein Update wollen sich Ressortchef Johannes Rauch (Grüne) und Katharina Reich, Generaldirektorin für öffentliche Gesundheit, an diesem Montagmorgen nicht nehmen lassen.

Video: Keine Überlastung der Spitäler befürchtet
APA/mhr

Anlass ist die herbstliche Corona-Welle, die zumindest bereits durch die Medien schwappt. Nicht alle Experten sehen die Republik auf den erwarteten Anstieg der Infektionen gut vorbereitet. Österreich scheine wenig lernfähig zu sein, konstatierte etwa Thomas Czypionka vom Institut für Höhere Studien (IHS) im STANDARD.

Durchblick statt Blindflug?

Rauch hat naturgemäß eine gegenteilige Botschaft parat. "Wir sind nicht im Blindflug unterwegs", versichert der Gesundheitsminister, im Gegenteil: "Wir haben einen deutlich besseren Überblick als vor einem Jahr." Das garantiere etwa der erfolgte Ausbau des Abwassermonitorings auf 48 Kläranlagen, womit mehr als die Hälfte der Bevölkerung abgedeckt sei.

Die daraus gewonnenen Daten wiesen seit Mitte Juli "einen leichten Anstieg" der Covid-Virenlast aus, erläutert Rauch, aktuell liege das Niveau in etwa so hoch wie vergangenen April. Momentan zeichne sich eine Stabilisierung ab, doch diese Entwicklung dürfte nicht nachhaltig sein.

Mehr Andrang im Spital

Das schlägt sich auch bei dem für die politische Reaktion entscheidenden Indikator nieder: Die Zahl der Aufnahmen in die Spitäler wegen Covid-19-Erkrankungen ist deutlich gestiegen. Allerdings bewegten sich die Fallzahlen immer noch auf einem "niedrigen", von den Krankenanstalten erwarteten Niveau, beruhigt Rauch: In den Normalstationen sind es österreichweit weniger als 200 Corona-Patienten pro Woche, in den Intensivstationen bewegen sich die Aufnahmen im einstelligen Bereich. Des Ministers Conclusio: "Eine Überlastung der Spitäler ist nicht in Sicht und nicht zu erwarten."

Auch diesbezüglich verfüge man heute über bessere Daten als früher, merkt das Duo an. War das Ministerium früher auf die von den Ländern nur unzuverlässig übermittelten Zahlen angewiesen, müssten die Spitäler nun jede Aufnahme wegen Covid oder einer anderen Atemwegerkrankung direkt melden. Öffentlich abrufbar ist die Entwicklung unter www.sari-dashboard.at. "Damit wird eine Lücke geschlossen", sagt Reich, die insgesamt eine stabile Lage sieht.

Empfehlung statt Pflicht

Was daraus zu schließen ist? Er breche einmal mehr eine Lanze für das Impfen, sagt Rauch: Die Bürgerinnen und Bürger sollten sich bitte von der Hausärztin oder dem Hausarzt beraten lassen – "und nicht von einer politischen Partei, die Impfen für Teufelszeug hält".

Der Aufruf beschränkt sich nicht auf die Covid-Impfung, die offiziell für alle Personen über zwölf Jahren empfohlen ist, vor allem aber für über 60-Jährige und vulnerable Gruppen. Die Influenza-Impfung gebe es heuer erstmals österreichweit zu den gleichen Konditionen mit einem moderaten Selbstbehalt von sieben Euro. Der Stich gegen das Respiratorische Synzytial-Virus (RSV) wird ebenso für alle über 60 Jahren angeraten, allerdings sind die vollen Kosten von 250 bis 300 Euro zu tragen. Ob sich das in Zukunft ändern könnte, sei eine Kostenfrage und Thema bei den laufenden Verhandlungen zum Finanzausgleich: Bei ihm laufe man mit dem Ruf nach einer Ausweitung des nationalen Impfprogramms offene Türen ein, so Rauch.

Wenn ihm Impfen so sehr am Herzen liegt – warum hat die Regierung dann, wie vom Experten Czypionka bemängelt, keine große Kampagne für die Covid-Auffrischung lanciert? Diese Strategie sei an ihre Grenzen geraten, sagt Rauch. Die Werbung fürs Impfen funktioniere dort am besten, wo es Vertrauen gebe: bei den Hausärzten.

Katharina Reich und Johannes Rauch, Gesundheitsministerium
Die Zahl der Covid-Aufnahmen in Spitälern steigt, die die Erregungskurve bleibt trotzdem flach: Katharina Reich, Generaldirektorin für öffentliche Gesundheit, und Sozialminister Johannes Rauch erklären, warum.
APA/ROLAND SCHLAGER

Was Rauch ebenfalls gegen Ansteckung empfiehlt: Hände waschen, lüften, Maske tragen "in engen Settings". Eine Pflicht für Letzteres sei aber kein Thema, auch nicht im Gesundheitsbereich: Da in den Spitälern keine Überlastung drohe, fehle die Grundlage, um eine derartige Maßnahme festzulegen. Auf alle Zeiten ausschließen könne er eine Rückkehr der Maskenpflicht aber naturgemäß nicht, sagt Rauch: "Ich kann auch nicht ausschließen, dass mir morgen ein Stein auf den Schädel fällt." (Gerald John, 25.9.2023)