Max Maierhofer (li.) ist Patron und Koch im neuen Kutsch am Kutschkermarkt. Macht er ausgesprochen gut!
Max Maierhofer (li.) ist Patron und Koch im neuen Kutsch am Kutschkermarkt. Macht er ausgesprochen gut!
Gerhard Wasserbauer

Die Gersthofer Garnisonen schnaufen noch immer ein bisserl – vor Empörung, dass im einst so braven Währing seit 2015 die Grünen am Ruder sind. Man darf gespannt sein, wie sich die tapferen Reiter von der SUV-Brigade bei den nächsten Wahlen gegen wild wachsende Fahrradwege bei gleichzeitiger Parkplatzschmelze zu formieren verstehen. Dass jetzt auch noch der Kutschkermarkt wegen übermäßigen Erfolgs (Boboalarm! unösische Gschäftln!) um einen ganzen Straßenblock erweitert wird und damit, na eh klar, auch noch Verkehrsberuhigung einhergeht, muss aber echt hart zu schlucken sein. Bäume ham s’ auch noch ’pflanzt. Mit den Autofahrern kann man’s ja machen.

Man muss aber kein Bobo sein, um das Gedeihen des Marktes in der Kutschkergasse gut zu finden. Wirtshaussitzer dürfen sich auch freuen. Das nagelneue Kutsch an der Ecke zur Schopenhauerstraße ist auf diesem Weg zum wahrhaftigen Marktwirtshaus geworden. Max Maierhofer, Betreiber und Koch, wusste nichts von der imminenten Markterweiterung, als er das alte, über die Jahrzehnte nachdrücklich zerlepperte Ecklokal vergangenes Jahr kaufte. Er hat in der ersten Septemberwoche auf einer vergleichsweise toten Ecke aufgesperrt und findet sich, kaum einen Monat später, inmitten eines pulsierenden Markts wieder. Glück muss man haben.

Maierhofer ist aber auch ein Tüchtiger. Eineinhalb Jahre werkte der junge Mann im legendären Dreisterner Quince in San Francisco. Um überhaupt eine Chance auf einen der begehrten Küchenarbeitsplätze zu haben, verdingte er sich davor eine Saison in der Landwirtschaft von Michi Bauer in Stetten. "Hauben sind international und in den Staaten erst recht kein Begriff, deshalb musste ich mir für den Lebenslauf etwas Zusätzliches einfallen lassen", sagt er, "und weil Quince ein echtes Farm-to-table-Restaurant ist, habe ich halt davor beim besten Gärtner, den ich kenne, angeheuert." Hat gewirkt.

Ein Freund und Gärtner

Im eigenen Lokal sind die Erdäpfel für den überragenden Eräpfelsalat, der zu den Dukatenschnitzeln serviert wird, natürlich von Michi Bauer. Sobald der Markt bis vor die Türe geht, wird mit Alex Walzer von "Die Flur" ein weiterer Freund und Gärtner mit seinem Standl vor Ort sein. Einstweilen holt Maierhofer sich das Gemüse "vom Emil", einem der lange etablierten Grünzeugstandler am Kutschkermarkt. Weitere Kooperationen mit Nachbarn sind am Werden.

Es gibt Schnitzel, Hendlsuppe und Käsespätzle – man sollte sich davon aber nicht täuschen lassen. Der Rest der Speisekarte zeigt ziemlich deutlich, dass Maierhofer in Spitzenküchen gelernt hat. Sellerie wird zur aufwendig geschichteten Vorspeise aus hauchdünn geschnittenen Scheiben, die einerseits gegrillt, anderseits eingelegt und sous vide gegart werden – toller Gang mit zart rauchigen Aromen, feinem Spiel der Konsistenzen und einer wunderbar fruchtigen Säure, die die Stachelbeer-Beurre-blanc, bei Tisch darübergelöffelt, einbringt.

Ravioli mit Flusskrebs gefüllt
Ravioli mit Flusskrebs gefüllt
Gerhard Wasserbauer

Baden in Bisque

Gesottene Schweinsschwanzerln werden ausgelöst und, mit ganz köstlichem Gewürzlack versehen, knusprig gebraten – mutiges Gericht, fantastisch in Kombination mit knackigen Artischockenherzen und Paradeisern. Flusskrebsravioli baden in tief aromatischer Bisque, der Teig ist souverän bissfest, die Fülle nicht ganz so drall, wie man auf ersten Blick hoffen wollte. Bouillabaisse von Süßwasserfischen ist eine großzügige Portion, samt Käsecroutons und Sauce Rouille – allein das Aroma des Fonds gerät ein bisserl gar mild. Aber Maierhofer überlegt eh schon, sich mit einem der Fischhändler am Markt zusammenzusetzen – gut möglich, dass es schon bald ordentlichen Wildfang als Basis gibt.

Und hinterher? Da sollte man ja schauen, die blendend disponierte Servicecrew (Kathi Proyer und Lena Gande) rechtzeitig abzupassen. Das Topfensoufflé mit hausgemachtem, bei Tisch direkt draufgelöffeltem Himbeereis braucht nämlich 20 Minuten ab Bestellung. Ist aber ein Muss: Der Kontrast zwischen hoch aufgegangenem, brennheißem Vanillesoufflé und der eisig-cremigen Frucht des Eises ist nämlich zu gut, um ihn zu verpassen. (RONDO, Severin Corti, 29.9.2023)