Auto Fabrik
China flutet mit günstigen E-Autos den Markt.
APA/AFP/STR

Fans von Untergangsszenarien finden derzeit viel Material. Europa kämpft nicht nur gegen hohe Energiepreise, eine Inflationskrise und eine schwache Industriekonjunktur. Auch die eigenen Autobauer geraten unter Druck. Die Wende zur Elektromobilität setzt der Branche zu, und nun fluten billige E-Autos aus China den Markt. Es geht um viel: 13 Millionen Menschen sind in Europa direkt oder indirekt im Fahrzeugbau beschäftigt, sieben von 100 erwirtschafteten Euro kommen aus dem Sektor. Die EU-Kommission prüft daher Strafzölle auf die Importe.

Aber die EU sollte sich zurückhalten. Die Entwicklung in der Autobranche ist weder so trist, wie es scheinen mag, noch ist die Ankunft der chinesischen Fahrzeuge eine schlechte Nachricht für Europa. Sie sind vielmehr eine Chance.

Zunächst für den Klimaschutz. Die EU will ab 2035 keine neuen Benzin- und Dieselfahrzeuge mehr auf Europas Straßen zulassen, um die CO2-Emissionen im Verkehrssektor zurückzudrängen. Das können E-Autos leisten. Um das Ziel zu erreichen, wird es günstige Angebote brauchen, für viele Menschen bleiben Tesla- und VW-Modelle zu hochpreisig. Chinesische Autos von BYD und anderen Herstellern sind eine Alternative. Und sie heizen den Wettbewerb in Europa an, was Europas Produzenten im Idealfall innovativer macht.

Aber es geht nicht nur um den Klimaschutz, sondern auch um prinzipielle Fragen und den Wohlstand. So drängt sich der Eindruck auf, dass die EU nur dann für offene Märkte und Freihandel plädiert, wenn die eigenen Konzerne dort dominieren und an der Spitze der Wertschöpfungskette stehen. Deutsche Autobauer haben in den vergangenen Jahrzehnten den chinesischen Automarkt erobert. Ein Fünftel der verkauften Pkws stammen von VW, BMW, Mercedes und Co. Die Deutschen machen die Hälfte ihres Nettogewinns in China. Es sind ja erstklassige Fahrzeuge. Aber nun, wenn auch Autos aus China kommen, wird die Kehrtwende eingeläutet? Das ist purer Protektionismus. Das können Staaten natürlich tun, sachlich rechtfertigen lässt sich das kaum.

Üppige Förderungen

Richtig ist, dass China üppige Förderungen in seinen E-Auto-Sektor gepumpt hat. Ohne diese Investitionen wäre der Sektor nicht so stark. Und ein staatskapitalistisches System lässt seinen Unternehmen nur begrenzt Freiheit.

Aber Europa ist selbst eifrig, wenn es um Subventionen für und Verteidigung der Spielregeln für seine Autobauer geht. Das Land Niedersachsen hält 20 Prozent der Stimmrechte bei VW. Zudem enthält der Vorwurf der EU an China viel Doppelmoral: Jahrelang hat die Union Agrarmärkten in Afrika mit dem Export subventionierter Lebensmittel zugesetzt.

Ein anderer Einwand lautet, dass Europa zu sehr abhängig von China ist. China ist ein schwieriger Partner, auch wegen der vielfachen Menschenrechtsverletzungen. Der Ruf nach Abkoppelung übersieht aber, dass der Handel beide Seiten reicher gemacht hat. China wurde zur Werkbank der Welt und holte so hunderte Millionen aus der Armut. Europas Konsumenten profitieren von billigen Textilien und Medikamenten.

In vielen Technologien ist die EU von Importen aus China abhängig, etwa bei Elektronik, Handys und Batterien. Sie kann sich abkoppeln, aber das kostet. Das ist ein weiterer Punkt, auf den die EU achten muss: Handelskriege führen immer zwei Seiten gegeneinander. Sollte die EU vorlegen, wird China zurückschlagen. (András Szigetvari, 26.9.2023)