Erhebungen zu den Motiven für Abbrüche sind geplant. Es ist allein die Entscheidung der Frauen, sagen Kritikerinnen.
Erhebungen zu den Motiven für Abbrüche sind geplant. Es ist allein die Entscheidung der Frauen, sagen Kritikerinnen.
IMAGO/Emmanuele Contini

Der Safe Abortion Day weist weltweit auf das Recht ungewollt schwangerer Frauen auf sichere und legale Abtreibungen hin. Laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) sterben weltweit jährlich etwa 39.000 Frauen bei unprofessionell durchgeführten Schwangerschaftsabbrüchen. Etwa die Hälfte der Abtreibungen wird laut WHO nicht entsprechend den empfohlenen medizinischen Leitlinien durchgeführt. Die WHO zählt dazu unter anderem keine festgelegten Wartezeiten vor dem Eingriff sowie Abtreibung nicht zu kriminalisieren. Ersteres ist in Österreich der Fall, Letzteres nicht.

Auf einen Schwangerschaftsabbruch steht in Österreich für Frauen und die durchführenden Ärztinnen eine Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr. Die Fristenregelung, die im Herbst vor 50 Jahren beschlossen wurde, beinhaltet nur Ausnahmen von diesem gesetzlichen Verbot. Weil gleichzeitig Versorgungslücken, hohe Kosten und der Druck durch rechtskonservative Gruppen zeigen würden, dass sich zu wenig tue, um Abbrüche zugänglich zu machen, fordern Aktivistinnen, Politikerinnen und andere nun, den Schwangerschaftsabbruch aus dem Strafgesetzbuch zu streichen. "Aus Prinzip", wie die dazugehörende Kampagne heißt.

Dass Schwangerschaftsabbrüche bis heute im Strafgesetzbuch geregelt sind, zeugt von der Stagnation und der ambivalenten Haltung im katholisch geprägten Österreich. Abtreibung ist nur während der ersten drei Schwangerschaftsmonate "straffrei", privat zu bezahlen und in vielen öffentlichen Spitälern nicht möglich. Während in Wien Frauen zwischen mehreren Ambulanzen, Kliniken und niedergelassenen Ärzten und Ärztinnen wählen können, fehlt diese Möglichkeit in manchen Bundesländern.

Geografische Unterschiede

Burgenländerinnen müssen für einen Abbruch nach Wien kommen, in Tirol sollen künftig – nachdem bislang nur ein Arzt Abtreibungen durchgeführt hat – drei niedergelassene Ärztinnen und Ärzte für ungewollt Schwangere da sein. In öffentliche Krankenhäuser können sie weiterhin nicht. In Tirol hat sich die ÖVP mit ihrem klaren Nein zu Abtreibungen in Spitälern durchgesetzt. SPÖ-Soziallandesrätin Eva Pawlata hatte sich zuvor für einen kostenlosen und flächendeckenden Zugang zu Abtreibung in allen öffentlichen Krankenhäusern ausgesprochen. Eine Forderung, die die Grünen schon seit Jahren stellen.

In Vorarlberg gab es kürzlich heftige Debatten um Abbrüche in Spitälern, geeinigt hat man sich nun darauf, dass sie nur in Ordinationen durchgeführt werden sollen – und "niemals als gratis Kassenleistung", wie es Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) formulierte.

Beim Thema des unterschiedlich guten Zugangs haken die "Aus Prinzip"-Initiatorinnen ein. Sie fordern nämlich auch, dass Schwangerschaftsabbrüche in der Wohnumgebung möglich sein sollen und dass die Krankenkassa für Abbrüche und Verhütungsmittel die Kosten übernehmen soll.

Zu den Unterstützerinnen der Kampagne zählen unter anderem die Amnesty-International-Geschäftsführerin Shoura Hashemi, aber auch der SPÖ-Parteivorsitzende Andreas Babler, der Geschäftsführer der Volkshilfe, Erich Fenninger, und die Vorständin der Abteilung Gynäkologie und Geburtshilfe der Klinik Ottakring, Barbara Maier. Für sie ist es "unverständlich, dass eine normale medizinische Leistung im Strafgesetzbuch abgehandelt wird und privat bezahlt werden muss".

Angriff auf Fristenregelung

Schwangerschaftsabbruch? Ja, aber. So könnte der österreichische Weg seit 1973 zusammenfasst werden. Konservative Parteien akzeptierten die Fristenregelung in den vergangenen Jahrzehnten zwar, einer weiteren Liberalisierung wurde aber stets eine klare Absage erteilt. Trotzdem wurde kürzlich von rechtskonservativer Seite Bewegung eingefordert, allerdings in eine Richtung, die hinter den aktuellen Status quo in Österreich zurückführen würde.

Die schwarz-blaue Landesregierung in Salzburg will "Alternativen zu Abtreibung ausarbeiten", etwa Pflegeelternschaft oder Adoption. Auch die Motive zu Abbrüchen sollen in einer anonymisierten Studie erhoben werden.

In Tirol einigten sich ÖVP und SPÖ auch auf ein Register zu Schwangerschaftsabbrüchen – wenngleich man in Tirol deutlich vorsichtiger formuliert. Doch hier wie dort wird die Motiverhebung mit einem gezielteren Beratungsangebot begründet.

Das ziehe die Entscheidungsfähigkeit von Frauen in Zweifel, kritisiert etwa die Plattform Pro Choice Austria, die wie andere Kritikerinnen solcher Motiv- und Datenerhebungen die Skandalisierung der Anzahl von Abtreibungen oder einzelner Gründe von Frauen für einen Abbruch befürchten. Und damit einen Angriff auf die Fristenregelung durch die Hintertür. (Beate Hausbichler, Lara Hagen, 28.9.2023)