Donald Trump blähte offenbar seine Vermögenswerte auf, um günstige Kredite zu bekommen.
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Sein Penthouse in der Spitze eines Wolkenkratzers mitten in Manhattan war lange der ganze Stolz von Donald Trump. "Das ist das beste Apartment, das je gebaut wurde", prahlte der damalige Immobilienmogul 2015. Er protzte mit "zehn Meter hohen Decken", viel Gold und Marmor und einem zweigeschoßigen Wohnzimmer. Alles in allem seien seine Gemächer 2.800 Quadratmeter groß, behauptete er in seinem Geschäftsbericht.

Juristische Niederlage für Donald Trump
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Tatsächlich ist die Wohnung nicht bescheiden. Sie misst aber nur 1.000 Quadratmeter, und ihr Wert ist bis zu 200 Millionen Dollar niedriger als von Trump angegeben. Das ist kein Einzelfall: Jahrelang hat der Ex-Präsident nach Meinung eines New Yorker Richters den Wert seines Firmenimperiums systematisch aufgebläht, um zu günstigeren Konditionen bei Banken und Versicherungen zu kommen. "Das ist keine Frage von Rundungsfehlern oder nachvollziehbar differierenden Einschätzungen", befand Richter Arthur Engoron am Dienstag: "Die Dokumente enthalten offensichtlich betrügerische Bewertungen."

Zivilprozess beginnt

Das Verfahrensurteil ist ein wichtiger Etappensieg für die New Yorker Generalstaatsanwältin Letitia James, die Trump wegen dieser Vergehen angeklagt hat. Am kommenden Montag soll nach derzeitigem Stand der Zivilprozess beginnen. Trumps Anwälte hatten das Verfahren mit einer Klage zu torpedieren versucht. Gemäß ihrer Darstellung sind die Vorwürfe gegenstandslos, weil die Finanzberichte der Trump-Organisation eine Haftungsausschlussklausel beinhalten. Diese Klage wies Engoron zurück. "Ein Angeklagter kann sich nicht auf den Disclaimer berufen, wenn er wissentlich falsche Angaben gemacht hat", erklärte er zur Begründung.

Letitia James
Das neue Verfahrensurteil ist ein wichtiger Etappensieg für die New Yorker Generalstaatsanwältin Letitia James.
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Der 35-seitige Beschluss des Richters spart nicht mit Seitenhieben gegen Trump. Dessen dauernde Klagen erinnerten ihn an einen "Murmeltiertag". Die Erklärungen für die gewaltigen Abweichungen zwischen den Zahlen in den Geschäftsberichten und dem realen Marktwert nennt Engoron "Unsinn" – und Trumps Behauptung, die Vermessung von Immobilien sei eine subjektive Sache, "absurd".

Nach Einschätzung des Richters hat Generalstaatsanwältin James "schlüssige Beweise" vorgelegt, dass Trump gemeinsam mit seinen Söhnen Eric und Donald Jr. sowie leitenden Mitarbeitern des Trump-Konglomerats um bis zu 38 Prozent oder 2,2 Milliarden Dollar überzeichnet hat. So wurde unter anderem ein Grundstück in Westchester County im Bundesstaat New York in den Geschäftsberichten mit 291 Millionen Dollar angesetzt, obwohl unabhängige Schätzer seinen Wert auf 20 bis 30 Millionen taxiert hatten.

Bei der Bewertung eines Wohnhauses an der New Yorker Park Avenue wurde unterschlagen, dass zwölf Apartments der städtischen Mietpreiskontrolle unterlagen. Seinen Golfclub Mar-a-Lago in Florida setzte Trump unter Verschweigen der drastischen kommunalen Nutzungsauflagen mit 612 Millionen Dollar an, obwohl die Gemeinde den Wert auf 28 Millionen schätzte.

Geldgeber Deutsche Bank

Trumps langjährige Steuerberater von der Wirtschaftsprüferfirma Mazar hatten schon im vorigen Jahr wegen der offensichtlichen Falschangaben die Zusammenarbeit mit dem Immobilienmogul eingestellt. Seine damaligen Geldgeber – darunter an prominenter Stelle die Deutsche Bank – halten sich jedoch zurück, da sie negative Schlagzeilen fürchten und die mit mutmaßlich betrügerischen Angaben erschlichenen Kredite bislang bedient wurden.

Richter Engoron ordnete nun an, dass die Gewerbescheine von Trump und seinen Söhnen vorläufig zurückgezogen werden. Staatsanwältin James strebt mit ihrer Klage Zahlungen von 250 Millionen Dollar als Wiedergutmachung an.

Nach bisheriger Planung soll der Prozess am Montag beginnen, schon im Dezember könnte ein Urteil fallen. Allerdings hat Trump gegen den Richter geklagt, was zu Verzögerungen führen könnte. Das Urteil nannte er "lächerlich".

Neben dem Zivilprozess laufen vier Strafverfahren gegen den führenden republikanischen Präsidentschaftsbewerber. In New York muss er sich im Zusammenhang mit Schweigegeldzahlungen an die Pornodarstellerin Stephanie Clifford (Stormy Daniels) verantworten. In Florida ist er wegen des Beiseiteschaffens von Regierungsdokumenten angeklagt. Die wichtigsten Vergehen werden aber 2024 in Washington und Georgia verhandelt, wo es um Trumps Versuch der Wahlfälschung und Anstiftung zum Kapitolsturm geht. (Karl Doemens aus Washington, 27.9.2023)