Energieversorger, die ihre Kunden und Kundinnen im großen Stil kündigen, Endabrechnungen, die nie oder mit großer Verspätung kamen, Preise, die plötzlich ohne Vorwarnung angepasst wurden, ein Verbrauch, der nicht nachvollziehbar schien, Nachzahlungen, die so manche Konsumenten in existenzielle Schwierigkeiten brachten – das Jahr der Extreme am Energiemarkt hielt Verbraucher, Konsumentenschützer, Behörden und wohl auch die Energieanbieter in Atem. Die Energiepreiskapriolen schlugen sich auch bei der E-Control deutlich nieder. Bei der Beratungsstelle der Regulierungsbehörde, die zuständig für faire Preise und die Schlichtung von Konflikten am Strom- und Gasmarkt ist, explodierten die Anfragen und Beschwerden im Jahr 2022 förmlich.

30.000-mal wandten sich Endverbraucher und Unternehmen im Vorjahr an die Behörde, 2021 waren es knapp zehntausend Anfragen. So groß sei der Andrang gewesen, dass man sich zur Unterstützung des Kernteams von drei Leuten einen externen Dienstleister geholt habe, sagt Eva Lacher. Die Leiterin der Beratungsstelle der E-Control zog am Mittwoch Bilanz über das turbulente Jahr 2022.

Eine zerknitterte Stromrechnung
Die Energierechnung hat im Vorjahr viele Konsumenten und Konsumentinnen mehr beschäftigt, als ihnen lieb war. Unverständlich, nicht nachvollziehbar, bedrohlich kam die Abrechnung für viele daher – wenn sie kam.
Lukas Friesenbichler

1832 Schlichtungsanträge galt es zu bearbeiten. Auch das ein deutlicher Zuwachs zum Jahr davor. Bereits im letzten Jahresviertel des Jahres 2021 hätten sich die Umwälzungen an den Energiemärkten niedergeschlagen, sagt Lacher. Die Zahl der Verfahren stieg von 2020 auf 2021 um 190 Prozent.

Fragen über Fragen

Stein des Anstoßes für Konflikte war zuallererst die Rechnung. Sie stand sowohl bei Konsumenten – die den überwiegenden Anteil der Schlichtungsanträge ausmachten – als auch bei Unternehmen auf der Rangliste ganz oben. Wobei sich die unterschiedlichsten Facetten in dieser Frage offenbarten. Ganz abgesehen von den Preissteigerungen an sich hätte sich gezeigt, dass vielen Menschen gar nicht bewusst sei, was in ihren Verträgen stehe, was die Größe Cent pro Kilowattstunde konkret bedeute. "Vielen war nicht klar, dass das am Ende mehrere tausend Euro auf der Rechnung ausmachen kann", sagt Lacher. Dazu kam, dass die Kündigungen durch Versorger manche in eine prekäre Lage versetzen, standen Konsumenten und Konsumentinnen doch in manchen Fällen plötzlich ohne Vertrag und im Endeffekt sogar stromlos da.

Unternehmen wiederum trieb oft der Netzanschluss um. Es ging um PV-Anlagen, um die Frage, wo der geeignete Netzanschlusspunkt liegt, die Kosten und die Dauer der Prozesse – brauchte es doch Detailinformationen, um Förderanträge stellen zu können.

Lacher räumt ein, dass die Anfragen auch die Kapazitäten der E-Control überstiegen hätten. Ende 2022 hätte es einen Rückstau – sprich 600 unerledigte Verfahren – gegeben. Bei 43 Prozent der Schlichtungsfälle kam man zu einer Einigung.

Nicht erreichbar

Eines der ganzen großen Probleme, die überhaupt dazu führten, dass so viele bei der Beratung der E-Control vorstellig wurden, war schlicht der Umstand, dass die Energieanbieter nicht erreichbar waren. Auch deren Kundenservices dürften am Anschlag gewesen sein, räumt Lacher ein. Bei den Schlichtungsfällen rangiert dieser Punkt sowohl bei Verbrauchern als auch bei Unternehmen unter dem Titel Qualität auf der Rangliste der E-Control auf Platz drei.

Auch wenn sich die Lage entspannt habe, vollständig beruhigt habe sie sich noch nicht. Nicht wenige Energielieferanten würden hohe Kosten aus dem vorigen Winter immer noch an ihre Kunden und Kundinnen weitergeben, sagt Lacher. So manchem flattert plötzlich eine Rechnung ins Haus, die sich durch eine Preisanpassung – selbstverständlich meist nach oben – auszeichnet. Auf entsprechende Ankündigungen durch den Versorger wurde verzichtet. Auch Massenkündigungen sind durchaus nicht vom Tisch. Und für viele sei die Preisgestaltung immer noch nicht nachvollziehbar. Fragen und Beschwerden drehen sich derzeit um die Höhe der Teilbetragsvorschriften, um Unterstützungsmaßnahmen wie etwa den Stromkostenzuschuss, um die Frage, ob Kunden, die zum Höhepunkt der Energiepreise zum Umstieg gezwungen waren, nun trotz Bindungsfrist aus ihren Verträgen rauskommen. (Regina Bruckner, 28.9.2023)