Das Gesetz ist klar – wenn auch ein wenig kompliziert. Seit fast genau einem Jahr darf kein Teil eines abgestellten Fahrzeugs in Gehsteige, Radwege oder sonstige Flächen hineinragen, die dem Geh- oder Fahrradverkehr vorbehalten sind. Eine Ausnahme gibt es bei Gehsteigen: In diese dürfen Fahrzeugteile hineinragen, sofern das Ausmaß gering ist (zum Beispiel Seitenspiegel) oder es sich um eine Ladetätigkeit von bis zu zehn Minuten handelt. In beiden Fällen müssen für Fußgängerinnen und Fußgänger mindestens 1,5 Meter freibleiben. So will es die Straßenverkehrsordnung (StVO) seit 1. Oktober 2022. Da trat eine Novelle in Kraft, die eine ganze Reihe von Änderungen in Bezug auf Radfahrende und Gehende enthielt – und allen voran von Verkehrsministerin Leonore Gewessler und ihrer grünen Partei als Meilenstein gefeiert wurde.

Allerdings gibt es Kritik an der Umsetzung dieser Regeln. Diese ist aus Sicht von Unterstützerinnen und Unterstützern einer Petition an den Wiener Gemeinderat ausbaufähig. Aktuell würden Verstöße "weitgehend nicht geahndet, was regelmäßig zu gefährlichen Situationen im Straßenverkehr führt", heißt es im Petitionstext. Rund 700 Unterschriften wurden bisher erreicht, damit muss sich der zuständige Ausschuss im Rathaus mit der Initiative befassen.

Eine Mitarbeiterin der Parkraumüberwachung kontrolliert abgestellte Fahrzeuge in Wien.
Schärfere Kontrollen des Hineinrageverbots fordert eine Petition, die 700 Unterschriften zählt.
imago/Rudolf Gigler

Zuständig für Kontrolle und Strafen sind die Organe der Parkraumüberwachung, in Wien besser als Parksheriffs oder Weißkappler bekannt. Für sie verantwortlich sind zwei Stellen: Die Stadt beschafft und bezahlt das Personal, tritt dieses aber an die Landespolizeidirektion ab. Dieser obliegen wiederum Dienstanweisungen und Ähnliches. In einem sogenannten Koordinationsgremium, das regelmäßig zusammenkommt, stimmen sich Stadt und Landespolizeidirektion regelmäßig zur Parkraumüberwachung ab. Und genau bei einem solchen Treffen solle die Stadt der Landespolizeidirektion empfehlen, dass Parksheriffs Zuwiderhandeln gegen das Hineinrageverbot strenger ahnden, wird in der Petition verlangt: "Die Organe der Parkraumüberwachung sollen ihrer Aufgabe nachkommen" und "bei Verstößen konsequent Organmandate ausstellen".

Keine Aufzeichnung über Strafen

Am Donnerstag traf sich das Koordinationsgremium nun zu einer Sitzung. Laut einem Sprecher der Magistratsabteilung 67 (Parkraumüberwachung) wurde dabei seitens der Stadt auch die verlangte Empfehlung ausgesprochen. Verkehrsstadträtin Ulli Sima (SPÖ) hatte dies bereits im Vorfeld in einer Stellungnahme zur Petition in Aussicht gestellt. Allerdings mit der Einschränkung, dass eine "lückenlose Überwachung rund um die Uhr" unmöglich und eine "absolute Durchsetzung des entsprechenden Paragrafen" nicht machbar sei. Seitens der Landespolizeidirektion will man allerdings nicht von einer offiziellen Empfehlung sprechen: Thema sei die Angelegenheit im Koordinationsgremium wohl aber schon einmal gewesen, sagt ein Sprecher.

Beide betonen allerdings, dass die Parksheriffs das Hineinrageverbot sehr wohl auf der Agenda hätten. Diese würden das Verbot "selbstverständlich kontrollieren", heißt es aus der MA 67: "Die Kontrollen erfolgen im Rahmen der Parkraumüberwachung und mit dem notwendigen Augenmaß." Und die Landespolizeidirektion versichert, dass sämtliche gesetzlichen Bestimmungen, auch das Hineinragen, kontrolliert würden. "Dies bezieht sich sowohl auf die Vergangenheit, wie auch auf den jetzigen und einen zukünftigen Zeitpunkt. Die Wiener Polizei bzw. die Organe der Parkraumüberwachungsgruppe schreiten im Sinne der Verhältnismäßigkeit ein."

Wie viele Strafen im vergangenen Jahr wegen unerlaubten Hineinragens von Fahrzeugteilen in Geh- und Radwege verhängt wurden, ist übrigens nicht bekannt. Fällig werde, wie auch bei anderen Verstößen gegen Parkvorschriften, ein gewöhnliches Organmandat über 36 Euro, teilt die MA 67 mit. Der Grund werde nicht extra erfasst. (Stefanie Rachbauer, 29.9.2023)