Gemälde Donald Trump, Todd Blanche, Jack Smith
Donald Trump muss sich mehrfach vor Gericht verantworten. Eine Kandidatur als US-Präsident ist dennoch möglich.
AP/Dana Verkouteren

Für Donald Trump wird es juristisch immer enger: Laut einem New Yorker Richter hat der Ex-US-Präsident sein Vermögen massiv überbewertet und damit Finanzbetrug begangen. Trump kündigte an, gegen diese vorläufige zivilrechtliche Entscheidung zu berufen. An seiner Kandidatur als US-Präsident im kommenden Jahr und einer möglichen Wiederwahl können allerdings weder das aktuelle Urteil noch die vier strafrechtlichen Verfahren gegen ihn etwas ändern. Mehr noch: Nach US-Recht könnte Trump wohl sogar aus dem Gefängnis regieren.

Über politische Ämter – so der Grundsatz in der US-Verfassung – sollen in einer Demokratie einzig die Wählerinnen und Wähler entscheiden. Doch wie wäre das in Österreich? Könnte ein verurteilter Straftäter für höchste Ämter kandidieren oder ein bereits gewählter Politiker aus dem Gefängnis regieren? Wäre etwa der ehemalige Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) bei einer Rückkehr in die Politik eingeschränkt? Dazu eines vorweg: Hierzulande sind die Regeln strenger – und zuletzt gab es mit der Reform im Korruptionsstrafrecht eine weitere Verschärfung.

Video: Trumps Justizprobleme im Überblick.
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Szenario 1: Verurteilter Kandidat

Wer zu Wahlen antreten darf, ist in der Nationalrats-Wahlordnung geregelt. Die Bestimmungen gelten nicht nur für Abgeordnete, sondern auch für Präsidentschaftskandidaten und für Regierungsmitglieder. Laut der Wahlordnung können Verurteilungen dazu führen, dass Kandidaten ihre "Wählbarkeit" verlieren – sie also nicht zu einer Wahl antreten dürfen oder nicht als Bundeskanzler oder Bundesministerin bestellt werden können.

Unterschieden wird dabei je nach Strafhöhe: Wer eine Freiheitsstrafe zwischen sechs Monaten und zwölf Monaten ausfasst, darf nicht kandidieren, wenn er die Strafe tatsächlich absitzen muss – es also keine Strafnachsicht gibt. Wer zu einer Strafe von über einem Jahr verurteilt wird, darf dagegen keinesfalls kandidieren. Dasselbe gilt aufgrund der Reform des Korruptionsstrafrechts seit diesem Sommer auch für Täter, die wegen eines Korruptionsdelikts zu einer Strafe von über sechs Monaten verurteilt wurden.

Für den ehemaligen Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) würde das Folgendes bedeuten: Verurteilt ihn das Gericht wegen Falschaussage rechtskräftig zu einer bedingten Haftstrafe von mehr als einem Jahr, dürfte er nicht kandidieren. In der Causa Inserate, in der Kurz Bestechlichkeit vorgeworfen wird, würde bereits eine bedingte Haftstrafe über sechs Monaten reichen. Dort gibt es bekanntermaßen noch keine Anklage, es gilt die Unschuldsvermutung. Der Ausschluss würde in all diesen Fällen allerdings bereits sechs Monate nach der Entlassung oder – bei bedingten Strafen – sechs Monate nach dem Urteil enden.

Dass ein verurteilter Politiker oder eine verurteilte Politikerin tatsächlich vom Gefängnis aus zu einer Wahl antritt, ist aufgrund der Bestimmungen zur Wählbarkeit in Österreich also in den allermeisten Fällen ausgeschlossen. Bis auf eine Ausnahme: Verurteilungen zu Freiheitsstrafen bis zu sechs Monaten sind für eine Kandidatur unproblematisch – selbst dann, wenn der Verurteilte die Strafe im Gefängnis absitzen muss.

Für einen tatsächlichen Amtsantritt gäbe es aber Hürden, erklärt Bernd Wieser, Professor für Verfassungsrecht an der Uni Graz. Abgeordnete, Regierungsmitglieder und Bundespräsidenten müssen angelobt werden. "Wenn ich davon ausgehe, dass der Betreffende keinen 'Gefängnisausgang' bekommt, kann er das Amt nicht erlangen", sagt Wieser.

Szenario 2: Verurteilter Amtsträger

Theoretisch wäre es möglich, dass ein Politiker oder eine Politikerin erst ins Gefängnis muss, wenn er oder sie schon im Amt ist. Zu dieser Konstellation könnte es etwa kommen, wenn ein Strafurteil erst während der Amtszeit rechtskräftig wird. Zumindest denkbar wäre es auch, dass das Parlament trotz der Verurteilung eines Regierungsmitglieds oder des Bundespräsidenten keinen Amtsverlust beim Verfassungsgerichtshof (VfGH) beantragt.

Müsste ein Amtsträger tatsächlich ins Gefängnis, wäre er aber wohl verhindert und es würden die Stellvertreter übernehmen. "Geht ein amtierender Bundespräsident ins Gefängnis, liegt meines Erachtens jedenfalls ein Vertretungsfall vor, weil er sein Amt vom Gefängnis aus nicht ordnungsgemäß führen kann", sagt Wieser. "Er wird dann die ersten 20 Tage vom Bundeskanzler vertreten und danach von den drei Nationalratspräsidenten." Auch bei Regierungsmitgliedern würde laut Wieser ein Vertretungsfall vorliegen, wenn diese nicht freiwillig abdanken. "Das sollte aber in jedem zivilisierten Land ohnehin der Fall sein." (Jakob Pflügl, 4.10.2023)