Eine Abbildung des Pulsars Veal aus Bildern des Chandra-Teleskops, kombiniert mit Bildern von Hubble und anderen Teleskopen.
NASA/CXC/SAO, JPL-Caltech, MSFC, STScI, ESA/CSA, SDSS, ESO

Pulsare gelten als die Leuchttürme des Weltraums. Tatsächlich erstrahlen sie dank eines rotierenden Lichtkegels wie ihre irdischen Verwandten in regelmäßigen Abständen und helfen Astronominnen und Astronomen dabei, sich im Kosmos zurechtzufinden.

Eigentlich handelt es sich um Neutronensterne, Reste von Sternenexplosionen, die so dicht sind wie Atomkerne. Ihre Eigenschaften sind in verschiedener Hinsicht extrem, sie sind nur etwa 20 Kilometer groß, rotieren mit atemberaubender Geschwindigkeit und erzeugen dabei starke Magnetfelder. Letztere sorgen für das Leuchten: Wie bei der Erde stimmen auch bei diesen Objekten der magnetische und der geografische Nordpol nicht überein. Die Magnetfeldachse rotiert also, entlang dieser Achse sendet das Objekt Strahlung ins All aus. Liegt die Erde zufällig so, dass die Magnetfeldachse sie streift, wird der Neutronenstern bei uns als Pulsar wahrgenommen.

Zu starke Gammastrahlen

Der Pulsar Vela ist schon bisher als ungewöhnlich bekannt. Er liegt etwa 1.000 Lichtjahre entfernt, hat einen Durchmesser von fast genau zwanzig Kilometern und dreht sich schneller der Rotor eines Helikopters, mit einer Umdrehung alle 89 Millisekunden. Er ist der hellste Pulsar, was das Abstrahlen von Radiowellen angeht, und die hellste dauerhaft aktive Quelle kosmischer Gammastrahlung, der energiereichsten radioaktiven Strahlung, die auf der Erde von radioaktiven Materialien bekannt ist. Im All können aber auch andere extreme Phänomene diese Strahlung verursachen. Nun wurde ein besonders starker Ausbruch von Gammastrahlen beobachtet, wie eine Forschungsgruppe um Astrophysiker Arache Djannati-Atai nun im Fachjournal "Nature Astronomy" berichtet.

Normalerweise entsteht die Strahlung eines Pulsars durch Elektronen, die durch das den Pulsar umgebende Plasma, den Bereich der sogenannten Magnetosphäre, nach außen transportiert werden. "Auf ihrem Weg nach außen nehmen die Elektronen Energie auf und geben sie in Form der beobachteten Strahlen ab", sagt Bronek Rudak vom Nicolaus Copernicus Astronomical Center in Polen, einer der Studienautoren. Doch die nun mit dem H.E.S.S.-Teleskop in Namibia registrierte Strahlung war zweihundertmal stärker als alles, was bisher von Vela bekannt war. Um diese Energie zu erreichen, müssten die Elektronen eigentlich einen längeren Beschleunigungsweg nehmen, der allerdings über die Ausdehnung der Magnetosphäre hinausreichen würde. Ansonsten gehorcht der Ausbruch aber dem üblichen Muster des Pulsars.

"Dieses Ergebnis stellt unser bisheriges Wissen über Pulsare infrage und erfordert ein Überdenken der Funktionsweise dieser natürlichen Beschleuniger", sagt Studienleiter Djannati-Atai vom Astroparticle & Cosmology Laboratory (APC) in Frankreich. "Das traditionelle Modell, wonach die Teilchen entlang der Magnetfeldlinien innerhalb oder leicht außerhalb der Magnetosphäre beschleunigt werden, kann unsere Beobachtungen nicht ausreichend erklären. Vielleicht wurden wir Zeuge der Beschleunigung von Teilchen durch den sogenannten magnetischen Rekonnexionsprozess jenseits des Lichtzylinders, bei dem das Rotationsmuster noch irgendwie erhalten bleibt? Aber selbst dieses Szenario stößt auf Schwierigkeiten, wenn es darum geht zu erklären, wie solch extreme Strahlung erzeugt wird."

Mehrere aufeinanderfolgende Bilder des Vela-Pulsars zeigen einen Strahlungsausbruch.
Chandra X-ray Observatory

Kosmische Uhren

Das regelmäßige Leuchten von Pulsaren ist von großer praktischer Bedeutung für die Astronomie. Die Wiederholung ist so regelmäßig, dass sie als kosmische Uhren fungieren und es kürzlich gelang, mithilfe der Untersuchung von zahlreichen Pulsaren ein Gravitationswellensignal aus der Anfangszeit des Universums aufzuspüren. Dementsprechend wichtig ist es, ihre Dynamik genau zu verstehen.

"Diese Entdeckung öffnet ein neues Beobachtungsfenster für die Entdeckung anderer Pulsare im Bereich von zehn Teraelektronenvolt mit aktuellen und zukünftigen empfindlicheren Gammateleskopen und ebnet damit den Weg für ein besseres Verständnis der extremen Beschleunigungsprozesse in hochmagnetisierten astrophysikalischen Objekten", sagt Djannati-Atai. (Reinhard Kleindl, 10.10.2023)