Skipiste in Bosnien
Der nächste Winter kommt bestimmt - ob sich bei den gestiegenen Preisen das Skifahren ausgehen wird, ist eine andere Frage.
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Auch wenn die derzeitigen Temperaturen eher nach Frühling riechen: Der nächste Winter kommt bestimmt. Ob mit viel Schnee oder wenig, wird sich noch zeigen. Die Seilbahnwirtschaft jedenfalls läuft schon warm.

Das Personal für Lifte, Pistenpräparierung und Hüttenbetrieb ist großteils rekrutiert, wiewohl auch das schwieriger wird. Die Preise für Tageskarten und Saisonpässe sind ebenfalls längst kalkuliert: Sie kosten heuer so viel wie noch nie.

Zwölf Prozent mehr

Mit 75 Euro für die Tageskarte ist der Arlberg das Maß aller Dinge, wieder einmal. Die Preiserhöhung gegenüber dem vorigen Winter macht satte zwölf Prozent aus und liegt deutlich über der allgemeinen Teuerung, die im Schnitt der vergangenen Monate bei gut neun Prozent lag. Nirgendwo sonst in Österreich muss eine erwachsene Person in der Hauptreisezeit so viel für einen Skitag auslegen wie in der Bergregion, die Tirol von Vorarlberg trennt.

Dafür wird am Arlberg, der als Wiege des alpinen Wintersports gilt, auch einiges geboten: Skifahren in hochalpinem Gelände, das sich auf über 2800 Meter Seehöhe erstreckt. Dazu viele Tiefschneehänge, die ihresgleichen suchen, 302 Kilometer präparierte Pisten und acht teils ultramoderne Aufstiegsanlagen, die sowohl über beheizte Sitzflächen als auch über W-LAN-Verbindung in den Gondeln verfügen.

Die meisten großen Skigebiete in Österreich haben heuer die 70-Euro-Grenze durchstoßen. In Kitzbühel und Ischgl zahlt man 72 Euro pro Tag, in der Zillertal-Arena 72,50 und in Sölden, wo am 28. Oktober mit dem Damen-Riesentorlauf auf dem Rettenbachferner die Weltcup-Saison startet, 73 Euro. Vorne mit dabei ist auch der steirische Weltcup-Ort Schladming. Eine Tageskarte für Hauser-Kaibling, Planai, Hochwurzen und Reiteralm kostet 73,50 Euro.

Gedrückte Wedelstimmung

Ob Skifahrer und Skifahrerinnen angesichts dieser Preise in Wedelstimmung kommen, wird sich zeigen. Bisher haben Preiserhöhungen den Andrang bei den Berggbahnen so gut wie nie gebremst. Außer bei Corona klingelten die Kassen der Seilbahner, an denen der Großteil des österreichischen Wintertourismus hängt, von Mal zu Mal lauter.

Dabei gab es schon vor Jahren Bedenken, was die Preisentwicklung betrifft. Vor Beginn der Wintersaison 2007/08 etwa schraubten Betreiber großer Skigebiete, darunter die Arlberger Bergbahnen, die Preise für den Tagesskipass auf über 40 Euro. Diesen Betrag und manchmal auch mehr zahlt man jetzt in kleineren Skigebieten. Keine zehn Jahre später, im Winter 2015/16, wurde die Grenze von 50 Euro übersprungen. Und wieder geschah – nichts.

"Der Gegenwert für den Preis der Tageskarte ist die Emotion, die man dafür bekommt", sagt Erik Wolf. Er ist Geschäftsführer der Bundessparte Verkehr und Transport in der Wirtschaftskammer, die auch die heimischen Seilbahnunternehmen vertritt. Umfragen zeigten, dass die Preise als fair betrachtet werden.

Teure Investitionen

Warum kostet der Skipass so viel? Verdienen sich die Bergbahnen eine goldene Nase? Finanzieren Skifahrer und Skifahrerinnen möglicherweise den Porsche oder Ferrari der Seilbahnaktionäre? Alles berechtigte Fragen. Wäre der Skitourismus ein Verlustgeschäft, gäbe es bestimmt keine privatwirtschaftlich geführten Bergbahnen mehr.

Unbestritten wird Jahr für Jahr viel Geld in die Infrastruktur gesteckt. Ob neue Sessellifte, Pistengeräte oder Beschneiungsanlagen: Der Aufwand geht in die hunderte Millionen. Kleine Skigebiete in tiefen Lagen, die naturgemäß wenig Einnahmen haben, können kaum noch mithalten. Ohne Unterstützung der öffentlichen Hand, sei es durch die Gemeinde, sei es durch das Land, wären viele längst pleite.

Beispiel Großarl. Dort, im Salzburger Pongau, wird nach Recherchen des Ski Guide, eines Skigebieteführers, der den Anspruch hat, einen Komplettüberblick über den Wintersport in Österreich zu bieten, gerade "die aufsehenerregendste Investition des heurigen Winters" finalisiert. Auf rund 70 Millionen Euro belaufe sich das Investment, bestätigt Thomas Wirnsperger, Geschäftsführer des Tourismusverbands Großarltal, dem STANDARD.

Die Bergbahnen können das stemmen, sie verdienen gut. Die 70 Millionen fließen unter anderem in eine neue Zehnerkabinenbahn, die vom Talboden bis zum Grat führt und eine alte Achtergondel ersetzt, die auf Höhe der jetzigen Mittelstation endete. Weiter hinauf gab es vor langer Zeit einen Schlepplift, dessen verbliebene Stützen im Zuge der Rekultivierung nun beseitigt wurden.

Würstel mit Pommes

Nur weil es diesen Schlepplift im oberen Teil gab, konnte die neue Zehnerkabinenbahn bis ganz hinauf gebaut werden. Ein Restaurant bei der Bergstation mit gehobener Küche, wo es aber auch klassische Würstl mit Pommes geben wird, soll mit Inbetriebnahme der Bahn jedenfalls noch vor Weihnachten in Betrieb gehen, sagt Wirnsperger.

Die Tageskarte in Großarl kostet heuer am Schalter 73,50 Euro. Im Online-Vorverkauf gibt es Tageskarten auch schon ab 62,50 Euro. "Je näher der Skitag rückt, desto teurer wird es," weist Wirnsperger auf das "Teil-Dynamic-Pricing" hin, das man in Großarl anwendet. Der Preis sei aber mit 73,50 Euro gedeckelt und schieße nicht darüber hinaus, wie das bei anderen dynamischen Preismodellen durchaus vorkomme.

Kostspielige Beschneiung

Nicht nur die Modernisierung der Anlagen ist kostspielig. Auch die Beschneiung geht immer mehr ins Geld. Die Herstellung eines Kubikmeters Kunstschnee kostet rund drei Euro. Für eine Piste – 1000 Meter lang, 30 Meter breit – sind ungefähr 9000 Kubikmeter notwendig. Wenn man zudem weiß, dass ein durchschnittlich großes Skigebiet rund 250 Beschneiungsaggregate benötigt, die pro Stück 40.000 Euro und mehr kosten, kann man erahnen, wie teuer das Ganze ist.

Moderne Pistengeräte sind kaum unter einer halben Million Euro zu haben. Dazu kommen die laufenden und zuletzt stark gestiegenen Betriebskosten. Das alles findet seinen Niederschlag im Liftkartenpreis.

An den Preissteigerungen bei den Skipässen sei nichts auszusetzen, solange eine Qualitätsverbesserung damit einhergehe, befindet Anna Burton. "Wenn ein Schlepplift durch einen Sessellift bzw. ein Sessellift durch eine Gondelbahn ersetzt wird, sind das Investitionen, die zurückverdient werden müssen", sagt die Tourismusexpertin des Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo).

Gratwanderung

Die Preissetzung sei immer auch eine Gratwanderung. Burton: "Wer es übertreibt und mit den Preisen so hinaufgeht, dass die Nachfrage einbricht, schadet allen in der Region. Dann haben weder Gastronomie, Beherbergung und Handel noch der Skiverleih in dem Ort etwas davon."

Ist Skifahren angesichts der Klimakatastrophe noch statthaft? Burton befindet: ja. Zumal die Bergbahnen, die oft in der Kritik stehen, dazugelernt hätten und umweltbewusster agierten als früher – nicht alle, aber die Mehrzahl. Und die sollte man unterstützen. Dass es für das Klima besser wäre, wenn der Skizirkus ein Ende fände, bezweifelt die Tourismusexpertin. Dann würde wohl noch mehr in den Süden geflogen als jetzt schon. Verglichen damit sei Skifahren allemal besser. (Günther Strobl, 7.10.2023)