Herbert Liaunig
Herbert Liaunig (1945–2023) war als Kunstsammler mit Kennerschaft und einem guten Händchen ausgestattet.
APA/GERT EGGENBERGER

Ob Eierschwammerln, Briefmarken oder zeitgenössische Kunst: Sammeln, das sei nun einmal eine Veranlagung, war Herbert Liaunig, der vergangene Woche nach langer schwerer Krankheit 78-jährig verstarb, überzeugt. Eine Neigung, die ihn jahrzehntelang begleiten sollte und mit Abschnitten der Zigarettenpackungen der Marke Austria 3 begonnen hatte, für deren 100 Stück der vierjährige Knirps aus Radenthein in Oberkärnten einst einen Fußball bekam.

Später sollten afrikanische Kunst, Silber, Waffen, Teppiche, Atlanten oder Porträtminiaturen nachhaltiges Interesse wecken. Mit den beruflichen Erfolgen als Sanierer diverser Unternehmen stiegen sowohl das Budget als auch Anzahl, Größe und Wert der Werke und Objekte. Bis 1980 hätten sich die Ankäufe "in bürgerlichem Rahmen" gehalten, wie er es charakterisierte.

Museum in Südkärnten

Viele der Bilder zierten zunächst die Büros seiner Firmen. Mit dem Verkauf der Unternehmen begann die Kunst jedoch zurückzufluten: in einem Umfang, der selbst die Kapazitäten seiner immer mehr werdenden Wohnsitze sprengte, wo Kunst für ihn stets die Oberhand behalten sollte. Bilder seien ein Kampf gegen die Wand, Skulpturen ein Kampf gegen den Raum, beschrieb Liaunig das. Inhaltlich galt sein Interesse nicht nur dem Mainstream, sondern auch etwa jungen Positionen und Künstlern, die lange nicht die Wertschätzung erfahren hatten, die sie aus seiner Sicht verdienten.

Mit seinem im südkärntnerischen Neuhaus/Suha gelegenen Museum erfüllte er sich später einen langgehegten Wunsch. Der vom Wiener Architektenteam Querkraft konzipierte und bis 2015 in drei Phasen entwickelte Bau positioniert sich als begehbare Land-Art in der Landschaft. Nur vier Jahre nach der Eröffnung 2008 wurde das Museum als jüngstes Bauwerk Österreichs unter Denkmalschutz gestellt.

Museum Liaunig
Noch bis Ende Oktober läuft die Ausstellung "Follow the Rabbit – Bestandsaufnahme einer Sammlung und ihre Rezeption durch chinesische Gegenwartskunst" im Museum Liaunig.
Museum Liaunig

Neuzeitliche Glaskunst

2012 kam ein Depot für Skulpturen hinzu, 2015 zwei neue unterirdische Säle zur Präsentation von Porträtminiaturen sowie Glaskunst von 1500 bis 1850. Bei letzterem Sammelgebiet pflegte Liaunig seit den späten 1980ern einen intensiven Austausch mit Regine Kovacek. Sein Interesse an Technik und Geschichte sei aufgrund seiner brillanten Bildung bemerkenswert gewesen, erinnert sich die Glasexpertin. Man habe wunderbar mit ihm diskutieren können, zudem sei er ein sehr aufmerksamer Zuhörer gewesen.

Das Museum sollte die Sammeltätigkeit Herbert Liaunigs ein Stück weit verändern: Dort, wo im Bereich österreichische Kunst nach 1945 und Vertreter der klassischen Moderne zuvor persönliche Vorlieben den Ton angaben, wurden danach relevante Lücken gefüllt. Eine Ambition, der Liaunig sich nach seinem Rückzug als Unternehmer verstärkt widmete. 2013 übergab er Sohn Alexander Liaunig, zuvor Finanzchef der STANDARD-Mediengrupppe, das Zepter in der Liaunig-Industrieholding. 2017 übernahm der zweite Sohn Peter Liaunig die Leitung des Museums, dessen Bestand der Liaunig-Privatstiftung gehört.

Freundschaft mit Maler Josef Mikl

Knapp 5000 Werke umfasse diese, wie Otto Hans Ressler weiß, der sie als Kunstexperte mehrfach für die Versicherung schätzte. Herbert Liaunig sei schon Kunstliebhaber und Sammler gewesen, ehe er über die finanziellen Mittel verfügt habe. Laut Ressler sei das an der Stringenz der Kunstsammlung ablesbar, die trotz der Vielfalt künstlerischer Richtungen keine Schwachstellen aufweise. Das unter Sammlern oft übliche Lehrgeld habe Liaunig wohl nie bezahlt, resümiert Ressler.

Als Buchautor hat er eine ungewöhnliche Anekdote über die Freundschaft zwischen Herbert Liaunig und Josef Mikl aus den späten 1960ern parat, als die beiden noch weit davon entfernt waren, ein großer Sammler und ein berühmter Maler zu werden. Es ging um Werke, zu denen Mikl nicht mehr stehen mochte. Kurzerhand wurden die Blätter und Leinwände von den beiden in Fitzelchen zerschnitten. Mikl wollte damit vermeiden, dass jemand Fragmente aus dem Papierkorb fischte und damit ein Geschäft machte. Den Kenner Liaunig hatte er von dieser brachialen Maßnahme gar nicht erst überzeugen müssen. (Olga Kronsteiner, 7.10.2023)