Musical
Die Karriere wächst ihm über den Kopf. Hans Hölzel kann aber die riesige Kunstfigur Falco nicht aufgeben.
(c) Kurt Piles / Imago / Wien

"Für das erste Album hast du ein Leben lang Zeit, für das zweite nur drei Monate", warnt Manager Horst (Andreas Lichtenberger) seinen Goldesel Hans Hölzel. Er möge aufwachen, endlich wieder Falco sein und nicht herumjammern, er brauche als Kreativkünstler Qualitätszeit, um Neues zu schaffen. Das Leben als Popstar? Es gleicht hier einer Hölle, deren Hitze einer nur schwer erträgt.

Mit dieser These ist im Ronacher die Idée fixe des Musicals Rock me Amadeus definiert, das sich im Schnelldurchlauf dem Leben des Wiener Burschen mit dem E-Bass widmet. Einmal oben angekommen, den Kindheitstraum, Popstar zu werden, realisiert, beginnen für den gerne im Schnöseltonfall Plaudernden Probleme, Berufs- und Privatperson nicht nur durch Alkohol und Sonstiges in Balance zu halten.

Frau auch weg

Zum Kreativdruck gesellen sich endlose Tourneen und die Einsicht, nach dem US-Nummer-eins-Hit Rock me Amadeus könne es nur noch bergab gehen. Statt Freude ist Depression angesagt. Im Erfolgsstress wächst denn auch die Sehnsucht nach einem ruhigen Leben heran. Wobei: Dem Falco im Hansi reicht das dann doch nicht. Musicallogisch simpel und klar, dass sich seine Isabella (Katharina Gorgi), des Wartens auf den Popstar überdrüssig, davonmacht.

Keine Angst. Hier geht es also nicht tief ins Dramatisch-Tiefenpsychologische: Das von Regisseur Andreas Gergen flott inszenierte Jukebox-Musical aus der Textfeder von Musical-Intendant Christian Struppeck lässt die Tragik einer zerrissenen Popexistenz in Konzertszenen aufgehen – mit Songs, denen Falco textlich und blasiert rappend seinen Stempel aufgedrückt hatte.

Musicalanfang und -ende markieren Nachrichten und Reaktionen zum Unfalltod Falcos, der ihn am 6. Februar 1998 in der Dominikanischen Republik ereilte. Ein Bus hatte Falcos Wagen gerammt, der Sänger war ob Konsum verschiedener Substanzen womöglich nicht sehr aufmerksam.

Zu Beginn des Stückes mündet eine bombastisch komponierte Kyrie-Passage in der Songatmosphäre des Jeanny-Hits, am Ende erklingt dann Coming Home. Dazu verschwindet Hansi im Inneren eines Kopfes, aus dem sein erfolgsgeiles Alter Ego (Alex Melcher) irgendwann herausgehüpft war.

Auch Mama ist da

Es ist ein grell imposantes Schlussbild einer insgesamt aufwendigen Biografieshow. Das in großen Teilen als tanzverziertes Popkonzert angelegte Musical, in dem Hansi auch als Erzähler seines Lebens fungiert, ist optisch von einer Unmenge an Spiegeln eingefasst. Dazu schweben vom Bühnenhimmel immer wieder aquarienartige Glasboxen herab, in denen die Freundin mit Kind zu sehen ist, natürlich die besorgte Mama Maria (Tania Golden) und auch eine Skispringerfigur.

Es ist Falko Weißpflog, von dem sich Hansi zum Künstlernamen inspirieren ließ. Dahinter aber auch noch eine Videoshow mit zahllosen Falco-Assoziationen, während auf der Bühne Spielwürfel vom Ensemble unentwegt neu zusammengefügt werden. Bisweilen zum Podest, auf dem Falco sein Flair entfaltet.

Moritz Mausser hat den Hansifalco-Tonfall gespenstisch gut verinnerlicht. Die Gestik ist eine exaltiert und kapriziös wirkende Nachschöpfung der dekadent dahertänzelnden Kunstfigur Falco. Zudem verfügt Maussers Stimme nicht nur über Falcofarben. Da ist auch eine eigene Intensität, die den bekannten Nummern durchaus Eindringlichkeit verleiht. Klar. Die tadellose rockig-glatte Umsetzung durch das Orchester der Vereinigten Bühnen Wien unter Michael Römer kann die Originalarrangements mit ihrer oft funkig-lässigen Entspanntheit nicht ersetzen.

Dreimal reicht nun

Eine Falco-Beleidigung ist leider auch dabei. Aus dem Wunsch heraus, dem Musical etwas Sentimentales zu implantieren, wurden neue Songs geschrieben. Die Brüder Ferdi und Rob Bolland, einst für große und größte Falco-Hits zuständig, griffen dabei tief in die Trivialkiste der Melodik. Sätze wie "Hab den Mut und leb deinen Traum, du musst nur dir selber vertrauen" hätte Falco zudem gewiss als Symptome seiner Schaffenskrise in den Schredder befördert.

Dann aber immerhin Der Kommissar, Ganz Wien, Junge Römer und ein sehr gutes Ensemble. Man hört die alten Stücke ja durchaus gerne. Dennoch: Nach F@lco – A Cyber Show und dem Musical Falco meets Amadeus ist das Hansi-Material hier zum dritten Mal verarbeitet worden. Wäre er noch am Leben, er fände wohl auch, dass über seine "Traumakarriere" oberflächlich nun wohl alles gesagt ist. (Ljubisa Tosic, 8.10.2023)