Auf dem Fensterbrett stehen Monstera, Glücksfeder und Aloe vera in Reih und Glied, auf dem Bücherregal klettert eine Efeutute, und neben der Fernsehcouch geben sich Geigenfeige und Elefantenohr ein Stelldichein. Manches Wohnzimmer gleicht schon fast einem Dschungel. Dass aber nicht jede der Pflanzen echt ist, sieht man erst auf den zweiten Blick. In den letzten Jahren hat sich bei den Fake-Pflanzen viel getan. Selbst Profis erkennen oft erst durch Angreifen, ob die Pflanze echt ist oder nur so tut, als ob.

Echt oder aus Plastik? Das ist in manchen Wohnungen gar nicht so leicht zu sagen.
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Und die Menschheit ist wieder einmal in zwei Lager gespalten. Die einen lieben die Efeutute aus Plastik, die auch in düsteren Zeiten grün bleibt. Die anderen lehnen die Zimmerpflanze, die stets mühelos perfekt ist, aus Prinzip ab.

Andrea Mühlwisch vom Pflanzengeschäft Flowercompany im fünften Bezirk in Wien gehört zu letzterer Fraktion. "Klar fragen die Kunden danach", sagt sie über das unechte Grün. Im Angebot hat sie aber aus Prinzip keine: "Ich finde Plastikpflanzen sowas von furchtbar." Ein besonderer Graus ist es ihr, wenn sich die Pflanzen mit der Zeit und unter Sonneneinstrahlung langsam türkis verfärben.

Abstauben nicht vergessen

Fündig wird man in den Möbelhäusern des Landes. Bei Ikea sieht man die Sache erwartungsgemäß entspannt. Es gebe viele Gründe, die die Plastikpflanze zur guten Wahl machen – wenig Zeit, Haustiere oder auch die Lichtverhältnisse. Insgesamt bemerkt man beim Möbelriesen, dass mehr in Möbel und Dekoration investiert wird. Besonders gut verkaufen sich bei den Fake-Pflanzen derzeit der Eukalyptus, der auf vielen Bücherregalen landet, oder die Sukkulenten. "Es ist kein Gießen notwendig", wird auf der Website versprochen. "Und trockene Blätter sind auch nicht abzuzupfen, denn sie bekommen keine." Nur aufs Abstauben sollte man nicht vergessen.

Günstig sind die Plastikpflanzen nicht. Dafür halten sie ewig. Für mannshohe Strelitzien, die in trügerisch kleinen Töpfen daherkommen, kann man in dem einen oder anderen Onlineshop schnell einmal 300 Euro zahlen. Auf Tiktok trenden Olivenbäume von Amazon, die mithilfe von Styroporplatten und Moos – fake, was glauben Sie denn? – liebevoll in stylishe Blumentöpfe gepackt werden und so selbst in fensterlosen Räumen für immer grün bleiben. An ihren Ästen finden sich sogar Oliven. Vom Verzehr ist allerdings dringend abzuraten.

Im Pflanzengeschäft ernten solche Trends Stirnrunzeln. Es gebe für so gut wie alle Lichtverhältnisse die richtige Pflanze, betont man in Michels Gartenmarkt. Und im Fall des Falles könne man dunkle Ecken, in denen vermeintlich nur die Fake-Pflanzen überleben, auch mit Tageslichtlampen beleuchten, sagt Andrea Mühlwisch, die in ihrem Geschäft in der Pilgramgasse mehrere solche Spots installiert hat. "Da gedeihen die Pflanzen wunderbar", sagt sie.

Von den Stromkosten her sei das auch überschaubar, "der Fernseher verbraucht dasselbe". Wer nicht sicher ist, ob der Standort gut für die echte Pflanze ist, kann das mit unterschiedlichen Apps überprüfen. Noch einfacher: hinsetzen und ein Buch lesen. Wenn das an sechs bis sieben Stunden pro Tag ohne künstliches Licht geht, dann gibt es auch die perfekte Pflanze für den Standort.

Weniger gießen

Welche das ist, will aber gut recherchiert sein. Efeututen brauchen zum Beispiel wenig Licht, ebenso wie Glücksfeder und Monsteras oder, bei der Flowercompany gerade sehr beliebt, die Aglaonema mit dicken, grünen Blättern. Ein häufiger Fehler an nicht ganz so hellen Standorten: Wenn sie eher wenig Licht bekommen, brauchen Pflanzen weniger Wasser – und sind schnell beleidigt, wenn sie zu stark gegossen werden.

Ist die Pflanze eingegangen, fühlen sich viele wieder bestärkt darin, dass sie einfach keinen grünen Daumen haben – was wiederum für die Plastikpflanze sprechen würde. Andrea Mühlwisch lässt das Argument aber nicht gelten. Man müsse sich für seine Pflanzen und dafür, was diese brauchen, eben ein wenig interessieren, so wie bei einem Haustier.

Weihnachten kommt

Das kann sich auszahlen: Grünzeug verbessert nicht nur die Raumluft, sondern wirkt sich auch auf die Psyche aus. Im Zweifel ist das Pendant aus Plastik aber immer noch besser für unser Wohlbefinden als gar keine Pflanze. Dafür fehlt beim Plastik aber das schöne Gefühl, wenn sich bei der Monstera langsam ein neues Blatt in die Höhe reckt oder die Efeutute ein weiteres Stockwerk im Bücherregal erklimmt.

Dafür können Plastikpflanzen anderweitig zur guten Stimmung beitragen: Bei Ikea gibt es demnächst wieder die Plastikweihnachtsbäume. Dass sie auch heuer zum Verkaufshit werden, ist jetzt schon klar. Aufregen tun sie dennoch alle Jahre wieder – mehr noch als die Efeutute aus Plastik. (Franziska Zoidl, 14.10.2023)