Eine künstlerische Darstellung der durch die Kollision entstandenen Wolke.
Mark Garlick

Wir kennen unser heimisches Sonnensystem als enorm stabil. Planeten bewegen sich auf Ellipsenbahnen, und das so verlässlich, dass sie frühe Forschende wie Johannes Kepler oder Isaac Newton zur Suche nach den unveränderlichen Gesetzen des Kosmos inspirierten.

Doch was wir heute beobachten, ist eine über Milliarden Jahre gewachsene Ordnung, die aus einer turbulenteren Vergangenheit entstand. Planeten kamen sich immer wieder in die Quere und kollidierten. Unsere Erde und der Mond tragen Spuren eines solchen Ereignisses, das letztlich zur Entstehung des Mondes führte. Die dabei umgesetzten Energiemengen würden sich aus der Ferne als starker Ausbruch von Wärmestrahlung bemerkbar machen.

Genau ein solcher Ausbruch dürfte nun erstmals beobachtet worden sein. Das berichtet ein Forschungsteam um Matthew Kenworthy von der Sternwarte Leiden in den Niederlanden in einer neuen Publikation im Fachjournal "Nature". Ungewöhnlich dabei: Das Team bestand nicht ausschließlich aus professionellen Forschenden.

Eine Visualisierung der Kollision.
Las Cumbres Observatory

Ein Post in sozialen Medien

Es war ein astronomischer Amateur, der in sozialen Medien auf das Phänomen aufmerksam machte. Im Licht von ASASSN-21q, einem unauffälligen sonnenähnlichen Stern, gab es 2019 einen starken Anstieg im infraroten Spektrum, der etwa 1.000 Tage anhielt. Diese Beobachtung gelang bei der Sichtung von alten Daten des Satelliten Wide-field Infrared Survey Explorer (WISE). Etwas in oder um den Stern produzierte offenbar enorme Mengen an Wärme. Worum es sich handeln könnte, wurde durch eine andere Beobachtung deutlich. 2021 verdunkelte sich der Stern etwa 500 Tage lang. Diese Erkenntnis geht auf das All Sky Automated Survey for Supernovae (ASAS-SN), ein Beobachtungsprogramm für veränderliche Ereignisse am Himmel, zurück, das dem Stern auch seinen Namen gab.

Kenworthy wurde durch Zufall auf den Post aufmerksam. Sein Team untersuchte anhand von Daten des Las Cumbres Observatory Global Telescope Network (LCOGT) und von WISE die Eigenschaften des Materials, das den Stern verdunkelte. Daran war auch ein Team vom Institut für Weltraumforschung (IWF) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Graz beteiligt. Die Analysen legen nun nahe, dass die erhöhte Infrarotstrahlung und die Verdunkelung in Verbindung stehen und von einer Kollision zweier Exoplaneten stammen, die einen neuen Planeten formten, und dabei eine Trümmerwolke hinterließen.

Hinweis auf Wasser

Noch sind die Eigenschaften der beiden Planeten nicht genau bekannt. Sie könnten die Größe der Erde oder die von Neptun gehabt haben. Allerdings deuten die Ergebnisse auf Gasplaneten hin. Die Entfernung der Planeten von ihrem Stern betrug das Zwei- bis 16-Fache der Distanz zwischen Erde und Sonne.

"Das ist eine wirklich fantastische Gelegenheit, um herauszufinden, woraus solche Gasplaneten in ihrem Inneren bestehen", sagt Exoplaneten-Forscherin Ludmila Carone vom IWF. Das Innere von Gasplaneten sei ja in der Regel nicht zugänglich. Die Trümmerwolke kann darüber Aufschluss geben. "So können wir bereits schlussfolgern, dass recht viel Wasserdampf freigesetzt wurde, der dabei half, den neu entstandenen Planeten nach der Kollision auf 1.000 Kelvin abzukühlen", freut sich Carone.

Ein Streitpunkt ist das Alter des Planetensystems um ASASSN-21q. In den ersten 100 Millionen Lebensjahren eines Sterns ist das Planetensystem erst im Entstehen, und es kommt immer wieder zu Kollisionen. Doch die Forschenden schätzen das Alter des Sterns auf 300 Millionen Jahre. In diesem Fall würde es sich tatsächlich um eine Kollision zweier voll ausgebildeter Planeten handeln, die das dortige Sonnensystem komplett umgestalten. Diese Phase zu beobachten wäre von enormem Wert für die Forschung. Nun soll das Webb-Teleskop sich die Überreste der Planeten ansehen. Die Zeit drängt allerdings, denn diese könnten sich schnell verändern. (Reinhard Kleindl, 12.10.2023)