Weg ist nicht das Ziel von Othmar Karas. Nach einem Vierteljahrhundert als EU-Abgeordneter der ÖVP geht der 65-Jährige nicht allein, um zu bleiben, eher um zu werden. Und er ging Donnerstagabend in die "ZiB 2" zu Margit Laufer, um gute acht Minuten offenzulassen, was er noch alles werden wollen könnte zwischen Bundespräsident und Nationalratswahlkämpfer.

Othmar Karas in der
Das etwas grantig wirkende gute Gesicht in der ÖVP: Othmar Karas in der "ZiB 2".
ORF ZiB 2 Screenshot

"Ich bleibe"

Dialektik kann der Mann auch unbewegt im Sitzen tanzen. Othmar Karas macht gern ein grantig wirkendes Gesicht und gilt zugleich als gutes der ÖVP. Einer ÖVP, aus der er nicht austreten will, für die er aber nun nicht mehr bei der EU-Wahl antritt. Einer Partei, die ihn zuletzt als isoliert hingestellt hat, weil er Menschlichkeit im Umgang mit Geflüchteten einfordert und ihn womöglich ohnehin nicht mehr gefragt hätte.

Klargestellt hat er am Donnerstagvormittag, dass er nicht mehr bei der EU-Wahl antreten wird. Aber, so einer der Vizepräsidenten im EU-Parlament in der "ZiB 2": "Ich habe auch gleichzeitig gesagt, ich bleibe. Ich bin ja im Europaparlament tätig. Ich werde mich in der Europaparlamentswahl engagieren, die eine Richtungsentscheidung ist." Karas sagt, er ist ja auch Präsident des Hilfswerks, er leitet ein überparteiliches Bürgerforum. Und, das war da schon recht klar: "Ich bleibe politisch aktiv." Aber wie nun genau, das sagt er auch Margit Laufer nicht.

Türen über Türen

Ist er ein "Wahlkämpfer in Hinblick auf die Nationalratswahl"? "Welche Türen offen werden, durch welche Tür ich gehe, kann ich Ihnen ehrlicherweise noch nicht sagen." Es klingt, und nicht alleine hier, nach der berühmten roten Tapetentür in der Hofburg, dem Amtssitz des Bundespräsidenten.

"Wollen Sie Bundespräsident werden?", fragt Laufer also. Karas: "Ich möchte Verantwortung für Österreich weiter wahrnehmen." Viel spricht er über die Mitte, über sozialen Zusammenhalt, von Überparteilichkeit und seiner Weltoffenheit als Christdemokrat, Österreich und Europa, und es klingt so überzeugt wie nach der doch recht starken Ambition auf das höchste Amt im Staat. Sein Schwiegervater, Kurt Waldheim, war schon Bundespräsident in diesem Land.

FPÖ verhindern

Dann aber sagt Karas, angesprochen auf die Koalitionen der ÖVP in inzwischen drei Bundesländern nicht nur: "Ich habe immer kein Hehl daraus gemacht, dass ich eine Abgrenzung zur FPÖ erwarte und dass für mich die FPÖ kein Regierungspartner ist." Er sagt an der Stelle noch: "Ich werde auch alles im Nationalratswahlkampf tun, um eine Regierungsbeteiligung und einen Erfolg der FPÖ zu verhindern, weil er (vermutlich gemeint: sie) antieuropäisch und gegen die Menschenrechte ist."

Da muss Laufer "aber schon noch einmal nachfragen", in welcher Position er das im Nationalratswahlkampf machen will. Karas: "Als Bürger, als Verantwortungsträger, als Mitglied des Europäischen Parlaments."

ZIB 2: Karas: "Trete bei EU-Wahl nicht an"
Othmar Karas, ÖVP-Europaabgeordneter und erster Vizepräsident des Europäischen Parlaments, hat am Donnerstag bekanntgegeben, bei der kommenden Wahl zum EU-Parlament nächstes Jahr nicht mehr antreten zu wollen.
ORF

Der Bürger und Träger noch sehr allgemein definierter Verantwortung würde aber sehr konkret eine Koalition mit Herbert Kickl und überhaupt der FPÖ ausschließen.

Zeitlich geht sich ohnehin alles aus: Der nächste Bundespräsident oder die nächste Bundespräsidentin wird regulär 2028 gewählt, da kann man als Bürger und Verantwortungsträger und, je nach Wahltermin, auch noch Mitglied des Europäischen Parlaments gut im Nationalratswahlkampf 2024 aufwärmen für weitere Ziele. (Harald Fidler, 13.10.2023)