Die Designerin Petra Stelzmüller hat ein besonderes Ruheplatzerl in ihrer Wohnung. Dort entstand auch die Idee zu einem Projekt zu Ehren von Ingeborg Bachmann.

"Ich liebe dieses Eckerl, das ist mein Ruheplatzerl, mein Fernsehzimmer, zum Nachdenken, zum In-den-Himmel-Schauen, zum Sich-den-Kopf-an-der-Dachschräge-Anhauen. Das Nachdenken ist jedoch ein mitunter längerer Prozess, denn oft kommt auf die Schnelle nix dabei heraus, erst nach längerem Nachdenken, daher heißt es auch Nach-Denken. Hier denke ich sozusagen vor, beim Radfahren denke ich dann nach, und dann kommt in der Bewegung des In-die-Pedale-Tretens das Resultat des Vor- und Nachdenkens ans Tageslicht. Das nennt man dann Idee.

Petra Stelzmüller im Wohnzimmer mit ihren orangeroten Kois, die sie 2016 gemalt hat.
Lisi Specht

Ein Beschleunigungsmittel in dieser Ideenfindung sind die Farben Rot, Orange, Magenta. Ich liebe diesen Farbbereich, er ist eine richtige Inspiration für mich, daher hängen über mir an der Wand auch zwei orangerote Kois, die ich 2016 gemalt habe. Wobei ich dazusagen muss: Ich bin eine eher untypische Malerin, denn ich male nur einmal pro Woche, und zwar immer mittwochs ab 15 Uhr. Das ist seit einigen Jahren schon ein Ritual, bei dem ich für ein paar Stunden meine beste Malfreundin einlade, und dann malen wir beide in Öl. Klingt eigenartig, ich weiß, aber es funktioniert.

Wohngespräch Stelzmüller
Die Stofftiere fungieren als Schlafpolster für Erwachsene.
Lisi Specht

Ich brauche dieses Regulativ, mein Tagesablauf ist sehr strukturiert, denn ich male nicht nur und denke nicht nur vor und nach, sondern praktiziere auch viermal die Woche Karatedo. Wenn ich so in aller Herrgottsfrüh, sieben Uhr, auf der Uni bin und in der Gruppe meine Doshinkan-Kata absolviere, komme ich in meine Stärke, in meine Mitte. Ich praktiziere das seit 20 Jahren und würde sagen, dass meine Aufmerksamkeit oder Wachsamkeit dadurch deutlich schärfer geworden ist.

Aber wir sollen hier ja nicht über Karatedo reden, sondern über das Wohnen. Die Wohnung liegt im sechsten Bezirk in der Nähe von der Mariahilfer Straße, ein Dachgeschoß mit 130 m2. Mein Lebensgefährte Sigi wohnt hier schon länger, ich bin 2008 eingezogen und habe damals, na ja, alles ein bisschen auf den Kopf gestellt und das Dunkle, Farblose, Konservative von hier verbannt. Ich weiß nicht, ob ihm das so recht war, aber wir lieben uns heiß, und die Beziehung hat das ausgehalten.

Wohngespräch Petra Stelzmüller
"Ich sammle Hasen in allen erdenklichen Formen, obwohl ich eigentlich ein Kuh-Fan bin", sagt Stelzmüller.
Lisi Specht

Das Umstellen und Neumachen habe ich bis heute nicht aufgeben können. Manchmal kommt er heim, und dann hängen andere Bilder an der Wand, dann steht der Fauteuil woanders oder der Schreibtisch in einem anderen Zimmer. Aber eine Konstante gibt es, und zwar die Teppiche, manche davon liegen übereinander. Ich würde sagen, er ist ein richtiger Teppichfetischist. Irgendwie sehr sympathisch so ein Spleen, ich mag das Nerdige.

Wohngespräch Petra Stelzmüller
Stelzmüller stellt gern Sachen um in ihrer Wohnung.
Lisi Specht

Ich bin ja selbst bis zu einem gewissen Grad nerdig. Ich sammle Hasen in allen erdenklichen Formen, vom Türstopper bis hin zu irgendwelchen Spompanadeln, und das, obwohl ich eigentlich ein Kuh-Fan bin. Ich habe auch eine Osterhasensammlung, sie kommen aus Frankreich, Japan und den USA, und zu Ostern lasse ich sie alle aufmarschieren. Neben meinen designten Lederraben namens Hugin und Munin habe ich auch tibetische Pfeifhasen, sogenannte Moupins, als Stofftiere und Schlafpolster für Erwachsene konzipiert, die ich im Onlineshop vertreibe. Zurzeit habe ich eine große Installation im Sigmund-Freud-Park beim Schottentor, Undine kommt, ein Kunstprojekt zu Ehren von Ingeborg Bachmanns Undine geht. Dabei habe ich die Wasserrohre, die zur Entwässerung der U2/U5-Baustelle über das Schottentor und die Maria-Theresien-Straße in den Donaukanal genutzt werden, mit Bachmann-Zitaten eingehüllt. Innen fließt das Grundwasser, außen fungiert das Wasserrohr als Sprachrohr der in der Öffentlichkeit stehenden Frau.

Wohngespräch Petra Stelzmüller
Die Wohnung liegt im Dachgeschoß und ist 130 Quadratmeter groß.
Lisi Specht

Eines Tages würde ich mir gerne ein Atriumhaus bauen. So wie in der Antike in Pompeji. Mich fasziniert diese Wohnform, diese Mischung aus Offenheit und Abschottung, und am besten steht das Haus irgendwo am Land, in Oberösterreich. Mit einem Ruheplatzerl ohne Dachschräge." (Wojciech Czaja, 16.10.2023)