Der Brachiosaurus schnaubt, als wir an ihm vorbeifliegen. Aus Düsen zischt ein Luftstrahl – und kurz zuckt Marie ein wenig zusammen. Alles gut? "Das kitzelt im Nacken", sagt die Siebenjährige und kichert: "Schau, dort!" Wohin sie zeigt? Keine Ahnung.

Denn alle in dem kleinen Raum, der wie ein Minikino aufgebaut ist, haben gerade VR-Brillen auf. Die gepolsterten Sitze ruckeln, wir biegen ab zu den Flugsauriern. Es ist der Abschluss unserer Erkundungstour durch den Dinosaurierpark.

Den Weg zu den Dinos muss man sich erarbeiten: Bei der "River Challenge" wird es sportlich.
Kroisleitner Oona

Seit mehr als einer Stunde laufen, fahren und fliegen wir durch ein Dinosaurierrefugium, das Wissenschafterinnen und Forscher der Firma Genox erfunden haben und das man seit vergangenem Donnerstag in der Wiener Innenstadt besuchen kann. Jurassic heißt die digitale Ausstellung im Immersium, die Besucherinnen und Besucher mit interaktiven Elementen lockt.

Auf geheimer Mission

Nach eigenen Angaben ist das Immersium in der Habsburgergasse "Österreichs erstes immersives Erlebnismuseum" mit mehr als 1.100 Quadratmetern Ausstellungsfläche. Die Technik sowie die Inhalte der "Erlebniswelt sind komplett in unseren Büros in Österreich entwickelt und gestaltet" worden, betonte Ausstellungsleiter Markus Beyr anlässlich der Eröffnung. Ähnliche Formate gebe es vor allem für Erwachsene. Diesmal will der Oberösterreicher mit den Inhalten vor allem auch Kinder ansprechen.

Unser Ausflug in die Kreidezeit ist ein Geheimnis. Nicht für Maries Eltern, die wissen, dass sie an diesem Nachmittag vor übergroßen Bildschirmen Dinosaurier beobachtet, Videospiele spielt und Süßigkeiten isst. Sondern für ihren kleinen Bruder, der selbst Dinosaurier mag, aber noch ein wenig zu jung für so viel Action ist.

Ab vier Jahren wird die Ausstellung vom Immersium zwar empfohlen – aber die Kleinsten können noch nicht alles mitmachen, heißt es auf Nachfrage. Wenn man von einem Tyrannosaurus Rex ganz unerwartet von der Seite angebrüllt wird, erschrecken auch schon mal Erwachsene. "Er hätte sich da sicher gefürchtet", sagt Marie.

Flucht nach vorn

Das Abenteuer beginnt mit einer schlechten Nachricht: Wir sind in einem Labor, und ein Wissenschafter erzählt uns via Videozuschaltung über einen Dinosaurierfund, während blöderweise ein Triceratops ausbricht. Er kappt den Strom und demoliert die Brücke, über die wir unseren Ausflug starten wollten. Was tun? Wir müssen im Dunkeln eine Lösung finden, um wieder Licht zu erhalten und aus dem Forschungslabor zu fliehen.

Zu Beginn müssen – ähnlich wie in einem Escape-Room – auf Mikroskopen und Objektträgern Zahlencodes gesucht werden, um weiterzukommen.
APA/GEORG HOCHMUTH

Wie in den zuletzt gehypten Escape-Room-Spielen benötigen wir einen Code, der uns in die Welt der Dinosaurier entlässt: Wir inspizieren die Objektträger in den Mikroskopen, durchleuchten die blubbernde Flüssigkeit in den Reagenzgläsern und durchsuchen die anderen Gerätschaften auf Zahlen und Symbole.

Statt gemütlich über eine Brücke zu spazieren, müssen wir über Rosenblätter hüpfen – so gelangen wir trocken an das Ende des Ganges. "Gut, dass wir nicht nass geworden sind", scherzt Marie: "Auch wenn es kein echtes Wasser war." Ziemlich smart.

Das digitale Museum läuft über drei Etagen, die alle barrierefrei zugänglich sind. Nach dem "Research Lab" und der "River Challenge" geht es ins "Observation Lab". Dort kann man auf einem großen Monitor Urzeittiere beobachten.

Auf drei Etagen kann man in dem neuen Museum Dinos an Land, in der Luft und im Wasser beobachten.
Kroisleitner Oona

Berührt man sie, erhält man Informationen auf Deutsch oder Englisch über die schwimmenden Dinosaurier, die vielen Besucherinnen und Besuchern wohl weniger bekannt sind als der Tyrannosaurus Rex, der im Nebengehege hinter Gitterstäben darauf wartet, geärgert zu werden. Er ist der wiederkehrende Superstar der Ausstellung – und nebenbei auch Maries Lieblingsdinosaurier: "Weil er der König von ihnen ist", erklärt sie.

Tanzen und Forschen

Besonders spannend für Kinder sollen aber die nächsten Räume, die mit den interaktiven Videospielen, sein. Dort kann man etwa mit den Zeichentrickmaskottchen Rexi und Lexi – einem Baby-T-Rex und einem entdeckungsfreudigen Mädchen – tanzen oder mit Lasern Dinosaurierskelette aus den Wänden klopfen. Aber man muss schnell sein – ist die Zeit abgelaufen, bevor man alle Teile gefunden hat, ist das Spiel vorbei.

Wir interessieren uns mehr für das eigentliche Herzstück des Museums: In dem 360-Grad-Showroom taucht man für 15 Minuten mittel 50 Laservideoprojektoren in die Welt der Dinosaurier ein. Tiergeräusche, Wind, Wasser und Musik hört man laut Immersium über insgesamt 120 Soundspuren. Vom Strand reist man dort in den Himmel, taucht in den Ozean ein und landet am Ende im Urwald – wo man durch die Feuerbälle am Himmel schon erahnen kann, dass es die Dinosaurier nicht mehr lange machen werden.

Vom Strand reist man in den Himmel, taucht in den Ozean ein und landet am Ende im Urwald.
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"Am besten finde ich, dass der T-Rex beim Kämpfen gegen den Triceratops verloren hat", sagt Marie. Nachdem wir uns die Show mehrfach angesehen haben – sicherheitshalber: Man will ja nicht verpassen, was sich auf den anderen Bildschirmen abgespielt hat.

Stegosaurier-Alarm

Eigentlich wäre das bald Erlebnis genug. Den Erwachsenen der Familie, die mit uns durch die Räume gehen, reicht es langsam. Sie sind bereit heimzugehen. Doch Maries Highlight steht noch an. Beim "Motion Ride" sollen wir in einem Jeep in der Nacht einen Tempel erkunden.

Ob wir abbrechen können, falls es zu wild wird? "Sicher, jederzeit", sagt der Museumsmitarbeiter, dessen Kleidung an die der Wärter im Film Jurassic Park erinnert. Die Tür öffne automatisch, sobald man sich ihr nähert. Die Plattform, die den Jeep darstellt, ruckelt, während wir den Tempel auf holprigen Straßen besichtigen. "Gut festhalten", rät der Ranger.

Das Immersium in der Habsburgergasse ist seit vergangenem Donnerstag geöffnet.
APA/GEORG HOCHMUTH

Wir werden noch stärker durchgerüttelt. Weil wir wieder falsch abbiegen, landen wir inmitten der Stegosaurier. Es dauert nicht lange, bis der Tyrannosaurus dem Jeep hinterherjagt. "Sollen wir vielleicht hinausgehen? Das ist schon recht gruselig", frage ich. "Nein, das ist nicht echt. Keine Angst", antwortet Marie. Sie hat Spaß.

Rund ein Jahr soll die Dinosaurier-Ausstellung das Immersium in der Wiener City bespielen. Geht es nach ihren Machern, soll Jurassic danach irgendwann auf Tour gehen. Andrang gibt es jedenfalls: Am ersten Wochenende war die Ausstellung ausgebucht. Marie will wiederkommen. Nächstes Mal vielleicht mit ihrem Bruder, wenn er ein bisschen größer ist. Ob sie den Ausflug bis dahin geheim halten kann, ist fraglich: Aus dem Giftshop nimmt sie ihm ein Dinosaurierei mit. (Oona Kroisleitner, 16.10.2023)