Älterer Mann vor Aushang der Wahlergebnisse
Ein Wähler fotografiert im polnischen Lomianki die Ergebnisse.
AP/Czarek Sokolowski

Warschau – Bei der Parlamentswahl in Polen ist die regierende national-konservative Partei PiS dem offiziellen Endergebnis vom Dienstag zufolge stärkste Kraft geworden, hat die Mehrheit aber verloren. Nach Auszählung aller Wahlkreise kam die PiS (Recht und Gerechtigkeit) auf 35,38 Prozent. Das liberal-konservative Wahlbündnis Bürgerkoalition (KO) von Oppositionsführer Donald Tusk erhielt 30,7 Prozent der Stimmen.

Der Dritte Weg, ein Bündnis der Mitte, kam auf 14,4 Prozent, die Neue Linke auf 8,61 Prozent und die rechtsextreme Konföderation auf 7,16 Prozent. Auch im Senat, der weniger bedeutenden zweiten Kammer des Parlaments, gewann die Opposition die Mehrheit der Sitze. Die Wahlbeteiligung betrug 74,38 Prozent – der höchste Wert seit dem Ende des Kommunismus 1989.

Tusk will Verhältnis zur EU verbessern

Tusk kommt nun die Schlüsselrolle zu. Der frühere EU-Ratspräsident kann eine Regierung aus KO, Drittem Weg und Neuer Linke schmieden – und den Dauerstreit mit Brüssel beenden. Der 66-Jährige hat damit gute Chancen, Ministerpräsident zu werden und Amtsinhaber Mateusz Morawiecki abzulösen. Die potenziellen Partner hatten zuletzt signalisiert, mit Gesprächen beginnen zu wollen, sobald das endgültige Ergebnis vorliege. Beobachter rechnen aber mit einem monatelangen Prozess.

Das dürfte auch an Präsident Andrzej Duda liegen, selbst aus dem PiS-Lager. Er könnte zunächst der PiS als stärkster Einzelpartei den Auftrag erteilen, eine Regierung zu bilden. Das hat er vor der Wahl angekündigt. Es ist in Polen politische Gepflogenheit, aber kein Muss, dass den Auftrag ein Vertreter der stärksten Partei bekommt.

Tusk hat versprochen, das Verhältnis zur EU wieder zu verbessern. Es ist seit Jahren stark belastet durch Streit über die Justizreform, über Rechte von Homosexuellen sowie wegen Migrationsfragen. Kritiker werfen der PiS vor, seit der Amtsübernahme 2015 die Unabhängigkeit von Gerichten und Medien untergraben zu haben. Deswegen hat die EU für Polen bestimmte Mittel im Umfang von rund 110 Milliarden Euro eingefroren. (APA, 17.10.2023)