Ein Iron Beam in einem nicht näher genannten Ort in der Wüste.
Der Iron Beam wird vom israelischen Verteidigungsministerium gemeinsam mit Rafael Advanced Defence Systems entwickelt.
'AFP PHOTO / HO /ISRAELI MINISTRY OF DEFENCE

Der Nachthimmel blitzt auf, ein blassvioletter Strahl schießt in den Himmel und wehrt offenbar eine Rakete über einem Wohngebiet ab. Diese Szenen machten vor allem auf X, vormals Twitter, die Runde und nährten Spekulationen, die Israelis würden ein revolutionäres Waffensystem einsetzen. Eine Laserkanone namens Iron Beam soll Geschosse der Hamas reihenweise unschädlich machen. Doch die Szenen beweisen vor allem, dass die Social-Media-Plattform ein Problem mit Falschmeldungen hat. Die Bilder stammten einmal mehr aus dem Videospiel "Arma 3" und wurden nachbearbeitet, damit sie möglichst authentisch wirken.

Die Videos waren Fakes, das genannte Waffensystem existiert aber tatsächlich. Nur wird es laut Angaben des israelischen Herstellers Rafael wohl noch bis 2025 dauern, bis der Iron Beam tatsächlich einsatzbereit ist.

Die innere Schale

Dabei soll Iron Beam gemeinsam mit Iron Dome die innere Schicht der israelischen Luftverteidigung bilden. Während die Arrow 3 anfliegende Flugkörper bereits außerhalb der Stratosphäre abfangen kann, ist David's Sling für die Mittelstrecke ausgelegt. Im Nahbereich von etwa zehn Kilometern kommen Iron Dome und eben Iron Beam zum Einsatz. Wobei die Reichweite von zehn Kilometern wohl eine theoretische Angabe sein dürfte. Hersteller Rafael macht keine genaueren Angaben und nennt nur "mehrere Kilometer". Reuters berichtet von rund sieben Kilometern Reichweite. Iron Beam soll in bestehende Systeme zur Luftverteidigung integrierbar sein. Das bedeutet, dass Leitstände und Radar etwa von Iron Dome auch für die Laserwaffe genutzt werden können.

Ein Iron Beam wird abgefeuert.
Die ersten Tests des Iron Beam sollen erfolgreich verlaufen sein. Ob und wie die Laserwaffe im aktuellen Krieg eingesetzt wird, ist fraglich. Virale Videos auf der Plattform X sollen den Einsatz des Lasers dokumentieren, stammen in Wahrheit aber aus dem Videospiel "Arma 3".
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Entwickler Rafael nennt Iron Beam das erste Hochenergie-Laserwaffensystem (High Energie Laser Weapons System, HELWS). Der 100-Kilowatt-Laser soll seinen Strahl auf die Größe einer Münze fokussieren können, wie das "National Defence Magazine" berichtet. Damit soll es möglich sein, nicht nur anfliegende Raketen und Drohnen, sondern auch Artillerie- und Mörsergeschosse zu zerstören. Dazu muss der Laser mehrere Sekunden im Ziel bleiben. Zur Abwehr von Drohnen, die oft aus leichten Materialien gebaut sind, reicht ein etwa viersekündiger Impuls. Gegen anfliegende Geschosse mit weniger empfindlichen Oberflächen muss der Laser schon mehrere dutzend Sekunden im Ziel gehalten werden.

Hier ist eine Kombination mit Iron Dome wahrscheinlich: "Weiche" Luftziele wie Drohnen bekämpft Iron Beam, bei anderen Geschossen ist der Splittergefechtskopf von Iron Dome wohl die bessere Wahl, die das "Canadian Military Journal" schreibt.

Erste erfolgreiche Tests

Laut Angaben der israelischen Regierung habe das Militär im Vorjahr erfolgreiche Tests am Ramon-Krater in der Negev-Wüste durchgeführt. Laut Angaben von Rafael gebe es aktuell keine technischen Probleme mit dem Waffensystem mehr. Ob der Einsatz von Iron Beam im Krieg gegen die Hamas nun vorgezogen wird, ist unklar. Ebenso unklar ist, wie viele Einheiten überhaupt zur Verfügung stehen.

Doch warum werden Milliarden für die Entwicklung einer derartigen Waffen ausgegeben? Die Abwehr von Luftzielen ist selbst in den Sphären militärischer Hardware extrem teuer. Eine Abfangrakete wie die Arrow 3 kostet pro Stück rund drei Millionen US-Dollar, während eine Kamikazedrohne wie die iranische Shahed rund 20.000 Dollar kostet. Die oft aus Wasserrohren gebauten Kassam-Raketen der Hamas dürften nur wenige hundert Dollar pro Stück kosten.

Der Verteidiger ist immer im Nachteil

Die Frage ist aber nicht immer eine wirtschaftliche, sondern eine rein praktische: Eine Patriot-Batterie kann in der Theorie bis zu 108 Raketen abfeuern, bevor sie 30 bis 45 Minuten lang nachgeladen werden. Diese Zahl mag relativ hoch wirken verblasst aber im Vergleich zu den Massenangriffen der Hamas mit hunderten, wenn nicht tausenden Raketen. Denn selbst wenn man 97 Prozent aller Raketen abwehren kann, wie die Israeli Defence Force (IDF) jüngst vermeldete, treffen immer noch dutzende Geschosse ihr Ziel. Kurz: Der Verteidiger ist immer im Nachteil.

Iron Dome, das israelische Raketenabwehrsystem, kann dieses Problem zwar in Ansätzen ausgleichen, ein Abwehrversuch kostet aber immer noch rund 100.000 US-Dollar, da man üblicherweise zwei Tamir-Raketen pro feindlichem Ziel abfeuert. Iron Beam soll dieses Problem lösen: Ein Laserstrahl muss nicht aufwendig nachgeladen werden und ein "Schuss" aus Iron Beam kostet laut Angaben der israelischen Regierung um die 3,50 Dollar. Damit würde sich das Kräftegleichgewicht zumindest theoretisch in Richtung der Verteidiger verschieben.

Lite Beam gegen Sprengfallen

Eine kleinere Variante von Iron Beam stellt Lite Beam dar. Dieses wird vor allem eingesetzt, um improvisierte Sprengladungen (Improvised Explosive Devices, IEDs) oder Blindgänger (Unexploded Ordnance, UXO) aus sicherer Entfernung unschädlich zu machen. Der Lite Beam soll mit seinem 7,5-Kilowatt-Laser ebenfalls in der Lage sein, feindliche Drohnen abzuwehren, ist aber in dieser Rolle im Nahbereich von einigen Hundert Metern bis zu 2.000 Metern einsetzbar.

RAFAEL Advanced Defense Systems Ltd.

Das Nachrichtenmagazin "Spiegel" zitiert den israelischen Raumfahrtingenieur Uzi Rubin, der von 1991 bis 1999 Direktor der Israel Missile Defense Organization im israelischen Verteidigungsministerium war. Er dämpft in dem Bericht die Erwartungen an Iron Beam. So funktioniere das System nicht bei Regen, Smog oder Staub. Dafür seinen die Kosten pro Schuss extrem niedrig: "Man hat im Grunde eine sehr teure Kanone mit sehr billigen Granaten." (Peter Zellinger, 18.10.2023)