Eine Euro-Münze liegt auf einer Leiterplatte. Die Struktur der Leiterplatte scheint durch den Euro hindurch.
Der digitale Euro soll als Alternative zu Scheinen und Münzen kommen. Das Projekt nimmt Form an, viele Fragen sind aber noch offen.
Getty Images/iStockphoto

Die Euro-Währungshüter treiben ihre Arbeiten an einem digitalen Euro als Ergänzung zum Bargeld weiter voran. Die Vorbereitungsphase soll nach einem aktuellen Beschluss der Europäischen Zentralbank (EZB) am 1. November beginnen und ist zunächst auf zwei Jahre ausgelegt. Danach will der EZB-Rat entscheiden, ob der Weg für eine Einführung eines digitalen Euro wirklich geebnet wird. Die wichtigsten Fragen zum Thema.

Frage: Was passiert in dieser Vorbereitungsphase?

Antwort: In der nun beginnenden Phase soll laut der EZB das Regelwerk für den digitalen Euro fertiggestellt werden. Es sollen auch Anbieter ausgewählt werden, die eine Plattform und die Infrastruktur für einen digitalen Euro entwickeln könnten.

Frage: Soll der digitale Euro das Bargeld ablösen?

Antwort: Nein. Die EZB hat immer wieder versichert, ein digitaler Euro werde Euroscheine und -münzen nicht ersetzen, sondern lediglich ergänzen. Die Notenbank will in einer zunehmend digitalen Welt auch ein digitales Zahlungsmittel anbieten. Dieses soll wie Scheine und Münzen im gesamten Euroraum genutzt werden können. "Im Falle der Einführung wäre der digitale Euro ein öffentliches Gut, und die Menschen würden davon ausgehen, dass sie überall im Euroraum auf ihn zugreifen und ihn problemlos verwenden können", sagte EZB-Direktor Fabio Panetta im EU-Parlament.

Frage: Wie soll das Bezahlen mit der digitalen Währung funktionieren?

Antwort: Nutzer des digitalen Euro werden diesen in einer digitalen Geldbörse, der sogenannten Wallet am Smartphone, haben. Weitere Optionen wie Karten könnten später hinzukommen. Verbraucher könnten dann direkt per Handy die digitalen Euro aus der elektronischen Geldbörse nehmen und ihren Einkauf bezahlen, ohne eine Bank, einen Kreditkartenanbieter oder Zahlungsdienstleister wie Apple Pay zwischenschalten zu müssen. "Zahlungen wären nicht nur von Person zu Person oder an der Kassa im Supermarkt möglich, sondern auch im Onlinehandel oder gegenüber staatlichen Stellen", erklärt der Vorstand der Deutschen Bundesbank, Burkhard Balz. Wie beim Bargeld soll das auch offline möglich sein – es muss also keine Internetverbindung bestehen, um den digitalen Euro von Gerät zu Gerät zu übertragen. "Denn bei steigender Nachfrage nach digitalen Bezahlangeboten müssen wir sicherstellen, dass auch ohne stabile Internetverbindung stets digital gezahlt werden kann", sagt Balz. Die Bürger bekämen eine von der EZB ausgegebene Digitalwährung, deren Stabilität durch die Notenbank garantiert wäre.

Frage: Wie soll der digitale Euro in Umlauf gebracht werden?

Antwort: Laut EU-Kommission soll der digitale Euro von der EZB eingeführt und von Geschäftsbanken und anderen Zahlungsdienstleistern an die Nutzer verteilt werden. Die Verbraucher sollen ein Digitaler-Euro-Konto bei jeder Geschäftsbank oder jedem anderen Zahlungsdienstleister eröffnen können. Grundlegende Funktionen wie das Bezahlen mit der Digitalwährung und Geldtransfers sollen laut EZB und den Vorschlägen der EU-Kommission kostenlos sein. Zudem soll es eine von den Euro-Notenbanken entwickelte App geben.

Frage: Gibt es eine Obergrenze?

Antwort: Ja. Derzeit ist angedacht, dass maximal 3.000 Euro in digitaler Form gehalten werden können. Das soll verhindern, dass Bürger im Euroraum ihr gesamtes Geld auf das EZB-Konto legen und es damit den Geschäftsbanken entziehen, die dieses Kapital zur Refinanzierung brauchen. Das Bankensystem würde sonst in die Bredouille kommen.

Frage: Wird es Zinsen geben für Einlagen am EZB-Konto?

Antwort: Nein.

Frage: Wie lange könnte es noch dauern, bis der digitale Euro Realität ist?

Antwort: Nach Einschätzung von Bundesbank-Vorstand Balz könnte es noch mindestens vier bis fünf Jahre dauern, bis ein digitaler Euro marktreif ist.

Frage: Welche politische Komponente steckt hinter dem digitalen Euro?

Antwort: Mit einem digitalen Euro wollen die Euro-Notenbanken privaten Anbietern vor allem aus den USA, die derzeit den Markt für digitale Zahlungen in Europa dominieren, ein digitales europäisches Bezahlangebot entgegensetzen. Die EZB würde wie beim Bargeld die Stabilität einer digitalen Variante der europäischen Gemeinschaftswährung garantieren. Dass die Zahlungssysteme, die in Europa verwendet werden, alle in US-Händen sind, hat zuletzt auch der deutsche Ökonom Peter Bofinger kritisiert. Der Zahlungsverkehr sei eine kritische Infrastruktur – man sollte hier nicht vom Ausland abhängig sein. Mit einem digitalen Euro würde nicht nur der Wettbewerb im digitalen Zahlungsverkehr belebt. Europa würde damit auch unabhängiger werden von internationalen Anbietern.

Frage: Welche Kritik gibt es an der Idee?

Antwort: Die Kritik ist vielfältig. Die Banken werden wohl jene sein, die die Konten für ihre Kunden eröffnen werden und auch die Infrastruktur zur Verfügung stellen müssen. Da die EZB die Digitaler-Euro-Kontoführung als gratis angekündigt hat, sehen die Banken die Gefahr, dass sie die Kosten für die Erstellung der Infrastruktur alleine stemmen müssen. Sie sehen die Einführung der digitalen Währung daher naturgemäß kritisch. Ökonom Bofinger hinterfragt zudem, ob die digitale Währung in der Bevölkerung groß angenommen würde. Wäre das nicht der Fall, würden zwar hohe Kosten, aber kaum ein Nutzen entstehen. Einen Use-Case zum digitalen Euro ist die EZB bisher schuldig geblieben. Bofinger merkt auch an, dass es in Europa funktionsfähige alternative Zahlungssysteme gebe, die man für den Euroraum oder die EU ausrollen könnte.

Frage: Welche Alternativen sind das?

Antwort: Bofinger hat das System der Schweiz genannt. Dort gibt es die Bezahl-App Twint. Jeder Händler habe einen QR-Code, über den Kunden via Twint-App ihre Bank anweisen, Geld an den betreffenden Händler zu überweisen. Es gibt keinen Zahlungsabwickler, der zwischengeschaltet ist. Die Akzeptanz dieses Systems sei hoch, die Schweizer sprechen im Zusammenhang mit Bezahlen bereits vom "Twinten". In Deutschland werde Giropay als Online-Bezahlverfahren benutzt, in dem die deutschen Banken und Sparkassen zusammengeschlossen sind. Für die Souveränität eines Staates und der EU wäre ein eigenes System von Vorteil. Hinzu kommt, dass so ein System alle Bürger der EU nutzen könnten, während sich der digitale Euro auf den Euroraum beschränkt.

Frage: Was ist bisher geschehen?

Antwort: In den vergangenen beiden Jahren haben sich die Euro-Währungshüter schwerpunktmäßig mit Technologie und Datenschutz beschäftigt. Ende Juni hat die EU-Kommission Vorschläge für einen Rechtsrahmen vorgelegt: Der digitale Euro soll demnach gesetzliches Zahlungsmittel werden, Schein und Münze aber nicht ersetzen. Die Behörde will zugleich per Gesetz sicherstellen, dass Bargeld in der EU weiterhin breit akzeptiert wird und gut verfügbar ist. (APA, Reuters, bpf, 19.10.2023)