Mars Aufnahme in mehreren Farben
Der Esa-Orbiter Mars Express liefert seit 20 Jahren beeindruckende Aufnahmen des Mars.
ESA/DLR/FU Berlin/G. Michael, CC BY-SA 3.0 IGO

Diverse Satelliten- und Rover-Missionen haben uns bereits in der Vergangenheit faszinierende Eindrücke vom Roten Planeten geliefert. Einer dieser Lieferanten ist der Esa-Orbiter Mars Express, der bereits seit 2003 hochauflösende Aufnahmen von der Oberfläche des Planeten an die Erde sendet. Zum 20-jährigen Jubiläum des Orbiters, das zuvor bereits mit einem Livestream gefeiert wurde, hat sich die europäische Weltraumorganisation nun noch etwas Spezielles einfallen lassen.

Aus dem Mosaik von vorhandenen Aufnahmen erzeugte die Esa ein mehrminütiges Video, das einen Überflug über den riesigen Mars-Canyon Noctis Labyrinthus ermöglicht. Dieses "Labyrinth der Nacht" ist eingebettet zwischen Valles Marineris, dem riesigen "Grand Canyon des Mars", und der Tharsis-Region, welche die höchsten Vulkane unseres Sonnensystems beherbergt.

Riesige Schluchten und Täler

Das Schluchtensystem ist mit einer Länge von knapp 1.200 Kilometern etwa so lang wie Italien. Die darin befindlichen Täler und Canyons sind bis zu sechs Kilometer tief und bis zu 30 Kilometer weit. An vielen Stellen lassen sich gigantische Erdrutsche ausmachen, die Talhänge und -böden unter sich begraben haben. Andernorts sind riesige Dünenfelder aus Marssand zu sehen, die aus Windverfrachtungen hangabwärts, aber auch hangaufwärts entstanden sind.

Flug über Noctis Labyrinthis
European Space Agency, ESA

Das Video zeigt den östlichen Teil von Noctis Labyrinthus. Es basiert auf Aufnahmen der hochauflösenden Stereokamera (HRSC), die auf dem Mars Express verbaut ist und normalerweise Aufnahmen aus 300 Kilometer Höhe von der Marsoberfläche schießt. Dadurch können Bildausschnitte eingefangen werden, die etwa 50 Kilometer lang und breit sind. Der Orbiter kann aber auch aus anderen Höhen Schnappschüsse liefern. Für das ebenfalls in diesem Jahr veröffentlichte Gesamtbild des Mars etwa, das den Planeten in ungeahnten Details und Farben zeigt, wurden Fotos aus 4.000 bis 10.000 Kilometer Höhe angefertigt und dann zusammengesetzt.

50 Frames pro Sekunde

Um zum dreidimensionalen Rendering zu kommen, das den Überflug über Noctis Labyrinthus zeigt, wurden die Bilddaten mit einem digitalen Oberflächenmodell kombiniert, das die Topografie des riesigen Canyon-Systems beinhaltet. Für jede Sekunde des Videos wurden 50 separate Bildausschnitte, die in acht verschiedenen Umlaufbahnen aufgenommen wurden, verarbeitet. Das resultiert in einem knapp vier Minuten langen Video, das über die zerklüftete Marslandschaft mit Plateaus, Schluchten und Tälern führt.

Die Plateaus sind Esa-Informationen zufolge keine Erhebungen, sondern stellen die ursprüngliche Geländeoberfläche dar. Vielmehr sind die Schluchten und Täler durch Absenkungen entstanden, die wiederum durch Vulkanismus ausgelöst wurden. Dieser habe durch tektonische Verschiebungen und Brüche zu einer Schwächung der Kruste geführt und sie an den betreffenden Stellen absacken lassen. Ob Wasser, wie bei den meisten Canyons auf der Erde, ebenfalls eine oder eine zusätzliche Rolle gespielt hat, ist hingegen unklar. Im aktuellen Video verweist die Esa ausschließlich auf den Vulkanismus.

Nach Mars Express kommt Juice

Der Mars-Orbiter der Esa ist eine uneingeschränkte Erfolgsgeschichte für die Weltraumorganisation. Denn eigentlich war die Mission Mars Express nur für die Dauer eines Marsjahres geplant. Der Planet benötigt 687 Tage, um die Sonne zu umrunden, also beinahe zwei Erdenjahre. Die Mission wurde jedoch verlängert und blickt aktuell einer Laufzeit bis Ende 2026 entgegen. Das ist umso erfreulich, als die Sonde die erste der Esa war, die einen fremden Planeten umkreist. Ähnlich spannende Aufnahmen soll ab 2031 die neue europäische Raumsonde Juice liefern, die im Frühling zum Jupiter gestartet ist. (Martin Stepanek, 19.10.2023)