Es ist wohl einer der Sätze, der in der Erwachsenen-Musikausbildung am öftesten fällt: "Ach, hätte ich nur schon als Kind mit dem Spielen angefangen." Jedoch die Aussage "Ach, hätte ich nur schon viel früher mit dem Blockflötespielen angefangen" fällt so gut wie nie. Eher erinnert man sich daran, wie man selbst oder andere mit der Pfeiferei genervt wurden. Und im Burgenland wird sich diese Tradition noch eine Zeitlang halten, wenn es nach Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) geht.

Ein Bild aus der Opernprobe der Zauberflöte
Im Burgenland soll jedes Kind die Chance haben, ein Tamino zu werden, wie hier Mauro Peter während der Probe zur Oper "Die Zauberflöte" von W. A. Mozart 2022.
APA/BARBARA GINDL

Denn seit dem Vorjahr bekommt jedes Kind, das in die zweite Schulstufe kommt, vom Land Burgenland eine Blockflöte geschenkt. Die ist zwar in Deutschland produziert, aber aus österreichischem Holz. Und sie klingt, wie Blockflöten eben klingen. Damit diese Blashölzln jetzt nicht gar zu schnell zweckentfremdet werden, gehört es dazu, dass sie in den Unterricht eingebaut werden – was nun im zweiten Jahr der Aktion sogar die roten Lehrergewerkschafter auf den Plan ruft.

Zwangsbeglückung

Von "in ihrer pädagogischen Freiheit zwangsbeglückten Lehrern" spricht Manuel Sulyok (FSG), Vorsitzender der Gewerkschaft der Pflichtschullehrerinnen und -lehrer im Burgenland. Denn auch wenn alle Lehrerinnen und Lehrer ihrer Pflicht, mit den Blockflöten zu arbeiten, bestmöglich nachkommen würden, "stehen dem nicht alle positiv gegenüber". Gründe dafür seien der "Riesenaufwand", der betrieben werden müsse, um die einzelnen Instrumente aufeinander abzustimmen, und der "Lärmpegel".

"Da wären mir sogar Maultrommeln lieber als die Blockflöten", sagt ein Lehrer aus dem Burgenland, "die sind wenigstens nicht so laut."

Gar als "pädagogisch wertlos" bezeichnet der schwarze Lehrergewerkschafter Helmut Gaal (FCG) dieses Projekt zur musikalischen Frühförderung. "Mit der großen Zahl von Kindern in einer Klasse ist das nicht durchführbar." Ihm wäre lieber, das Geld würde in die Musikschulen investiert werden, dann ja, musikalische Förderung sei wichtig, aber jedes Kind soll frei entscheiden können, welches Instrument es spielen wolle.

Ein Kind spielt Blockflöte.
Jedes Kind der zweiten Schulstufe im Burgenland bekommt eine Blockflöte vom Land. Diese musikalische Frühförderung im Burgenland spaltet das Lehrpersonal und die Politik.
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Mit rund 200.000 Euro bezifferte Hans Peter Doskozil 2022 die jährlichen Kosten für die Flötenaktion. Insgesamt wird das Musikschulwerk Burgenland, also die Musikschulen im Land, mit etwas mehr als acht Millionen Euro gefördert, wobei fast sechs Millionen vom Land, mehr als zwei Millionen von den Gemeinden kommen. "200.000 Euro mehr würden die musikalische Szene im Burgenland jetzt nicht ungewöhnlich beleben", sagt ein burgenländischer Musiker.

Im Zuge der neu aufgekommenen Diskussion erinnert Doskozil daran, dass das Burgenland mittlerweile bekannt dafür sei, innovative Projekte im Bildungsbereich zu setzen. "Die Flöteninitiative ist ein weiterer Aspekt, um die Frühförderung von Kindern zu unterstützen", heißt es aus dem Büro des Landeshauptmanns.

Breite Zusammenarbeit

"Ich stehe hinter dem Flötenprojekt und finde es gut", sagt auch die zuständige Landesrätin Daniela Winkler (SPÖ) und verweist darauf, dass das Projekt zusammen mit dem Blasmusikverband und den Musikschulen ausgearbeitet wurde, um Kinder zu motivieren, ein Instrument zu lernen. Ohne eine solche Initiative hat nur rund ein Drittel aller schulpflichtigen Kinder einen musikalischen Erstkontakt über eine Musikschule.

In der Tat ist gerade im Nachwuchsbereich der Blasmusik die Blockflöte das erste Instrument, das Kinder in die Hand gedrückt bekommen. Dabei geht es darum, auf einem einfach zu erlernenden Instrument die Grundlagen wie Notenlesen, Rhythmik und der Harmonielehre zu vermitteln. Abseits der Blasmusik sei das anders, erzählt ein Gitarrenlehrer. Kaum ein Kind, das den Unterricht bei ihm beginne, habe zuvor Flöte gespielt und könne Noten lesen. Und er hält es für durchaus möglich, dass schon musikinteressierte Kinder an anderen Instrumenten mehr Freude haben als an einer Blockflöte.

Im Grunde sei die Flöteninitiative, die an den burgenländischen Volksschulen implementiert wurde und eigens für sie entworfen wurde, sehr gut, erklärt eine Lehrerin. "Die Blockflöte macht eigentlich nur einen Bruchteil von dem aus, was den Kindern in dem Konzept mitgegeben werden soll", sagt sie. Und: "Das alles ist nicht so schlecht, wie da jetzt gesagt wird. Aber sicher gibt es immer jemanden, dem es nicht gefällt, wenn jemand mit einem neuen Konzept kommt." (Guido Gluschitsch, 19.10.2023)