Illustration von Frauenkopf mit verwickelten Gedanken
Angst blockiert das Denken, das Gehirn schaltet auf Kampf- oder Fluchtmodus, erklärt eine Psychologin. Aber dem ist man nicht ausgeliefert.
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In Österreich wurde die Terrorwarnstufe auf die zweithöchste Stufe gestellt. Das bedeutet, die Terrorgefahr ist "hoch" und dass es aktuell eine "konkrete Gefährdungslage und eine gestiegene Anschlagsgefahr" in Österreich gibt. Der STANDARD hat hier dazu berichtet. Das bedeutet nicht, dass in Österreich tatsächlich ein Anschlag erwartet wird, es ist in erster Linie der Situation in Israel und Gaza geschuldet. Man hat die Sorge, dass der Krieg im Nahen Osten unter potenziellen Gefährdern eine "Trigger-Wirkung" erzeugen und zu einem Treiber für Radikalisierung werden könnte.

So weit, so gut, und auf einer rationalen Ebene weiß man das auch alles. Trotzdem schüren solche Meldungen bei nicht wenigen Menschen Ängste. Und auch wenn man einerseits froh ist, dass Staat und Sicherheitsorgane Gefährdungssituationen ernst nehmen, erhöht es andererseits das eigene Sicherheitsempfinden nicht. Man weiß, dass die statistische Wahrscheinlichkeit, in ein Attentat zu kommen, extrem niedrig ist, vor allem in Österreich. Doch tauchen Erinnerungen an frühere Anschläge quer durch Europe wieder auf, hilft das nicht unbedingt. Es kann dann durchaus passieren, dass sich beim U-Bahn-Fahren die Angst breitmacht, dass eine Bombe explodiert. Was kann man dann tun?

Tief durchatmen

So banal es klingt: tief durchatmen. Das ist der wichtigste Notfalltipp von Jasmin Sadeghian. Sie ist klinische Gesundheits- und Arbeitspsychologin bei der Online-Plattform Instahelp. "Wenn wir Angst haben, atmen wir automatisch sehr flach. Dadurch wird der innere Stress aber noch verstärkt." Dann soll man bewusst langsam und tief, bis in den Bauchraum einatmen und dann wieder langsam und bewusst ausatmen. Zusätzlich beruhigend wirkt, wenn man länger aus- als einatmet, das aktiviert das parasympathische Nervensystem und reduziert die Angst. Das ist deshalb so wichtig, weil Angst das Denken blockiert. "Das Gehirn schaltet auf Kampf- oder Fluchtmodus. Man reagiert zwar im Bedarfsfall blitzschnell, aber gleichzeitig werden die kognitiven Fähigkeiten blockiert."

Ein weiterer Tipp ist, an etwas Schönes zu denken, eine angenehme Erinnerung hervorzuholen oder auch eine vertraute Person anzurufen und die eigenen Ängste zu kommunizieren. "Wichtig ist, die Angst nicht wegzudrücken oder sich deshalb zurückzuziehen." Fühlt man sich in der U-Bahn oder den Öffis in dem Moment gar nicht mehr wohl, rät Sadeghian auch dazu, auszusteigen und ein paar Stationen flott zu gehen. "Die Bewegung und die frische Luft helfen dann, aus der Erstarrung herauszukommen."

Man sollte das allerdings sehr bewusst machen, es kann keine Lösung sein, öffentliche Verkehrsmittel oder belebte Plätze dauerhaft zu meiden – das würde die eigene Bewegungsfreiheit zu stark einschränken. Und es ist auch keine Lösung, keine Nachrichten mehr zu konsumieren. Man sollte schon wissen, was auf der Welt vor sich geht. Aber man darf sich eben auch nicht in den schlechten Nachrichten verlieren, diesen Balanceakt muss man zu meistern versuchen. Merkt man aber, dass einen solche Angstgefühle öfter überrollen, sollte man sich auch professionelle Hilfe holen. Das geht auch sehr niederschwellig, etwa bei Online-Beratungsdiensten, weiß die Psychologin, oder man bespricht das Thema mit dem Hausarzt oder der Hausärztin.

Resilienz üben

Wie kommt es überhaupt zu solchen Angstgefühlen? Die Gefahr ist ja für alle gleich groß oder klein, trotzdem können manche sehr gut damit umgehen, andere tun sich wirklich schwer damit. Die eigene Fähigkeit zur Resilienz spielt da eine wichtige Rolle. "Das ist sozusagen unsere psychische Widerstandskraft. Menschen, bei denen die Resilienz besser ausgebildet ist, fällt es im Normalfall leichter, mit schwierigen Situationen umzugehen", erklärt Sadeghian. Natürlich können auch resiliente Menschen die Situation nicht verändern, aber sie können besser steuern, wie sie selbst damit umgehen.

Ist die Resilienz nicht so gut, kann es dafür unterschiedliche Gründe geben. Vor allem für Menschen, die womöglich bereits Traumata erlebt haben, die selbst aus Kriegsgebieten kommen oder die depressive Episoden kennen, kann es schwer sein, solche Ängste in Schach zu halten. Dann ist es besonders wichtig, diese nicht wegzudrücken, betont die Expertin: "Gerade dann sollte man aktiv werden und sich Hilfe holen."

Das Gute ist, dass man Resilienz auch lernen und üben kann, etwa indem man den Fokus auf jene Dinge im eigenen Leben legt, die gut funktionieren. Yoga, Meditation, spazieren gehen oder Musik hören kann helfen, sich selbst und die eigenen Bedürfnisse besser zu spüren. Und es hilft auch, in Zeiten der Krise nicht allzu streng mit sich selbst zu sein. "Es ist in Ordnung, wenn man sich Hilfe holt, man muss nicht alles allein schaffen", betont Sadeghian. Dann kann man auch für die Zukunft lernen, besser mit solchen Ängsten umzugehen. (Pia Kruckenhauser, 20.10.2023)