Amazon CEO Andy Jassy lobt die Vorzüge von Büroarbeit. Diese fördere "das individuelle Wachstum und die Entwicklung".
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Dreimal pro Woche sollen die Angestellten von Amazon in ihre Büros kommen. Wer das nicht tut, wird gekündigt. Das geht aus den aktualisierten globalen Manager-Richtlinien zu Amazons sogenannter "Return to Office Policy" hervor, die dem Nachrichtenportal "Business Insider" vorliegt.

Amazon hat die Richtlinien und Gesprächsleitfäden für Manager Anfang dieser Woche über ein internes Portal veröffentlicht. Die Richtlinien sagen den Managern, dass sie zuerst ein privates Gespräch mit den Mitarbeitern führen sollen, sollten sie nicht drei Mal in der Woche im Büro anzutreffen sein. Anschließend müssen die Manager das Gespräch in einer E-Mail dokumentieren. Weigert sich der Mitarbeiter weiterhin zu erscheinen, sollte der Vorgesetzte ein weiteres Gespräch führen und gegebenenfalls disziplinarische Maßnahmen ergreifen, die bis zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses reichen können.

Umstrittene Büropflicht

"Wenn der Mitarbeiter nach dem ersten Gespräch nicht sofort und dauerhaft erscheint, sollte der Vorgesetzte innerhalb eines angemessenen Zeitraums (je nach Situation des Mitarbeiters ein bis zwei Wochen) ein Folgegespräch führen. In diesem Gespräch wird 1) bekräftigt, dass die Rückkehr ins Büro an mehr als drei Tagen pro Woche eine Voraussetzung für den Arbeitsplatz ist, und 2) erklärt, dass eine fortgesetzte Nichteinhaltung ohne triftigen Grund zu disziplinarischen Maßnahmen bis hin zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses führen kann", heißt es in den Leitlinien.

Das erstmals im Februar angekündigte Büropflicht war höchst umstritten. Mehr als 30.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unterzeichneten eine interne Petition und viele andere verließen Anfang des Jahres das aus Protest Unternehmen. Viele Angestellte wurden in der Pandemie als reine Homeoffice-Kräfte eingestellt und akzeptieren die rückwirkende Änderung nicht. Außerdem war es bislang Firmenphilosophie von Amazon, dass Führungskräfte selbst bestimmen können, wie ihre Teams arbeiten – viele entschieden sich für Homeoffice.

Angestellte sollen umziehen

Im Juli ging das Unternehmen noch einen Schritt weiter und forderte die Remote-Mitarbeiter auf, in die Nähe von Bürozentren umzuziehen. Wer sich weigerte, wurde aufgefordert, "freiwillig" zu kündigen. Im September gab Amazon die individuellen Anwesenheitslisten an die Mitarbeiter weiter. Ein erneuter Affront gegen die Mitarbeitenden, hat man bislang doch derartige Daten nur anonymisiert erfasst. Im August teilte Amazon-CEO Andy Jassy den Mitarbeitern mit, dass es für diejenigen, die sich gegen die Anwesenheitspflicht wehren, "nicht gut gehen würde".

Die Verwirrung wurde noch größer, als ein leitender Angestellter von Amazon Cloud im letzten Monat seinem Team mitteilte, dass er davon ausgeht, dass der Prozess der Rückkehr ins Büro bis zu drei Jahre dauern wird. In einer E-Mail an "Insider" verteidigte ein Amazon-Sprecher die Büropflicht. Der Konzern würde "mehr Energie, Verbindung und Zusammenarbeit" erleben, wenn die Belegschaft im Büro arbeitet.

In den neuen Richtlinien ruft Amazon seine Manager auf, ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern "positive Absichten" zu unterstellen, etwa indem sie berücksichtigen, ob Mitarbeiter die Anwesenheitspflicht versäumt haben, weil sie auf Urlaub oder krank waren. Vor jeder Besprechung sollen sich die Führungskräfte "vorbereiten", indem sie die persönlichen Daten des Mitarbeiters durchgehen und proben, was sie im Vorfeld sagen wollen.

Amazon: Büroarbeit fördert individuelles Wachstum

Der Leitfaden enthält aber auch Argumente für Manager, der Belegschaft die Büroarbeit schmackhaft zu machen. So fördere die Zusammenarbeit am selben Ort laut Amazon "das individuelle Wachstum und die Entwicklung". Mitarbeiter können vom Büro aus "unsere einzigartige Kultur viel eher verstehen". Bevor die Führungskräfte fragen, warum ein Mitarbeiter nicht regelmäßig ins Büro kommt, sollten sie sagen, dass "dies eine Umstellung sein kann" und dass sie "Ihre Umstände verstehen wollen".

Die Großen der Tech-Branche wie Meta, Amazon, OpenAI aber auch X, vormals Twitter, stehen alle vor demselben Problem: Sie wollen ihre Angestellten zurück ins Büro holen. Doch vielen Angestellten ist es gar nicht möglich, weil sie hunderte, wenn nicht tausende Kilometer entfernt leben. Manchmal spielt auch die persönliche Meinung der CEOs eine Rolle. Milliardär Elon Musk hält Homeoffice-Anhänger für "abgekapselt von der Realität". (pez, 22.10.2023)