Die Diskussion ist nicht ganz neu: Seit mehr als zwei Jahren geistert die Idee einer Art Datenmaut für große Internetkonzerne durch die EU-Politik. Der grundlegende Gedanke ist recht simpel: Services wie Netflix oder Youtube verursachen einen großen Teil des weltweiten Datenverkehrs, wäre es da nicht fair, wenn sie sich über eine Gebühr an den Kosten für den Betrieb der Infrastruktur beteiligen? Klingt zunächst sicherlich für viele logisch, allen voran natürlich für die Provider selbst sowie für deren in der EU-Politik wohl verankerte Lobbygruppen, die diese Idee unter dem euphemistischen Namen "Fair Share" durchboxen wollen.

Internet und Kabel
Über das Internet fließen viele Daten, ein großer Teil stammt von Streamingdiensten. Ist das unfair?
IMAGO/Sven Simon

Die Gegnerinnen und Gegner haben aber ein nicht minder schlagkräftiges Argument: Gibt es da nicht schon jemanden, der für die Nutzung der Datenverbindungen zahlt, nämlich die Konsumentinnen und Konsumenten? Die ja überhaupt erst zu teuren Tarifen greifen, weil sie all diese Streamingdienste in bester Qualität verwenden wollen? Kann es gar sein, dass hier wer doppelt abkassieren will?

Untote

Ein Eindruck, der wohl seinen Teil dazu beigetragen hat, dass die Verfechter der Datenmaut unlängst eine Niederlage hinnehmen mussten. Zumindest in naher Zukunft wird es nichts mit "Fair Share", die entsprechenden Pläne wurden auf Eis gelegt. Nun wollen die Gegner dafür sorgen, dass diese Idee komplett beerdigt wird.

Italien will sich beim Treffen der Digitalminister der EU diese Woche klar gegen die Pläne für eine Datenmaut stellen. Solche Ideen sollten verworfen werden, und stattdessen sollte man überlegen, wie der europäische Markt generell für Telekommunikationsunternehmen reformiert werden könnte. Die "Fair Share"-Pläne seien sowohl für die Netzneutralität als auch für die digitale Wirtschaft der EU eine Gefahr.

Breite Ablehnung

Einer der größten Verfechter der Datenmaut ist EU-Digitalkommissar Thierry Breton, doch selbst dieser musste zuletzt eingestehen, dass die Pläne zumindest "verfrüht" sind. Was er damit eigentlich meint: Es gibt bisher eine breite Front der Ablehnung gegen "Fair Share" – sowohl in der breiteren Öffentlichkeit als auch bei Unternehmen.

So kam eine Konsultation der Kommission unlängst zu für Breton wenig erfreulichen Ergebnissen. Dort war etwa die Rede davon, dass gar nicht klar sei, welches angebliche Problem man mit dieser Idee adressieren wolle. Zudem ist die Rede von "vielen vorhersehbaren negativen Folgen", etwa der logischen Konsequenz, dass Extragebühren schlussendlich auf die Verbraucher abgewälzt werden würden. Generell seien solche schwerwiegenden Eingriffe "unnötig" und "wirtschaftlich nicht zu rechtfertigen".

Aufruf

Im Vorfeld des Treffens der Digitalminister fordern auch zahlreiche Interessenverbände ein Ende für die "Fair Share"-Pläne. In einem offenen Brief rufen unter anderem die Computer & Communications Industry Association (CCIA), der französische Netzknoten France-IX sowie zahlreiche lokale Verbände dazu auf, dass diese Ideen "in der künftigen Gesetzgebung nicht berücksichtigt werden". Jeder einzelne befragte Experte habe schwere Bedenken gegen solche Pläne erhoben, das sollte auch der EU zu denken geben. (apo, 23.10.2023)