Für Kritik sorgt der Zustand der Informationsfreiheit, also der Zugang zu staatlichen Informationen. Allerdings wurde bei der Bewertung die zuletzt angekündigte Abschaffung des Amtsgeheimnisses noch nicht berücksichtigt.
APA/HELMUT FOHRINGER

Der Zustand von Österreichs Demokratie – und allem dessen, was sie ausmacht – ist relativ stabil. Doch vor allem im Bereich Medien hat es seit dem Vorjahr massive Verschlechterungen gegeben. Zu diesem Ergebnis kommt der sogenannte Demokratie-Index – ein Zusammenschluss zahlreicher NGOs wie des Antikorruptionsvolksbegehrens, des Forums Informationsfreiheit, des Presseclubs Concordia und Epicenter Works. Sie bewerten jährlich die Infrastruktur der heimischen Demokratie auf Basis von sieben Säulen. Wurde im Jahr 2022 ein Gesamtwert von 57,1 Prozent ermittelt, beträgt das Ergebnis für 2023 exakt 57 Prozent. Ein höherer Wert bedeutet eine besser funktionierende demokratische Infrastruktur.

Im Bereich Medien stellten die NGOs einen satten Rückgang fest – um 7,1 Prozentpunkte auf 60,2 Prozent. "Vom Kanzleramt bis zum Gemeinderat offenbart sich: Der Respekt vor der Pressefreiheit ist in Österreich mangelhaft ausgeprägt", sagte Mathias Zojer vom Presseclub Concordia bei der Präsentation der Auswertung am Dienstag. Die Medienvielfalt sei durch die erheblichen Einnahmenverluste der vergangenen Jahre bedroht, gleichzeitig gebe es nach wie vor keine Vorgaben für staatliche Förderungen und Inserate. Zudem sei die Finanzierung des Presserats nicht ausreichend gesichert.

Zuletzt hätten Politikerinnen und Politiker immer wieder versucht, seriösen Journalismus zu diskreditieren. Vereinzelt kam es auch zu rechtlichen oder sogar physischen Angriffen auf Redakteurinnen und Redakteure. Auch der Umbau der "Wiener Zeitung" macht Sorgen: Am 30. Juni erschien die letzte regulär gedruckte Ausgabe der ältesten Tageszeitung der Welt. Seit Juli ist sie ein aus dem Bundesbudget finanziertes und dem Kanzleramt untergeordnetes Medium mit Online-Schwerpunkt, maximal zehn Printausgaben pro Jahr sollen künftig produziert werden.

Femizide verletzen Recht auf Unversehrtheit

Besorgniserregend sei aber auch der Zustand der Grundrechte, dessen Bewertung um 1,9 Prozentpunkte auf 65 Prozent gesunken ist. So fehle etwa ein besserer Schutz vor Diskriminierung, wie im türkis-grünen Regierungsprogramm angekündigt. Zudem seien verschiedene Verbesserungen überfällig: bei den Rechten für Menschen mit Behinderung, im Strafvollzug, bei der Sicherheit von Frauen, im Asylrecht sowie beim Recht auf Umweltschutz und soziale Mindeststandards.

Einem Punkt wird im Demokratie-Index seit heuer verstärkt Beachtung geschenkt: staatlicher Untätigkeit in Sachen Femizide. Der Umstand, dass keine wirkungsvollen Maßnahmen dagegen gesetzt würden, verletze täglich das Recht von Frauen auf Unversehrtheit, sagte Luise Wernisch-Liebich vom Verein Demokratie-Index.

Für Kritik sorgt auch der Zustand der Informationsfreiheit, also die Frage des Zugangs zu staatlichen Informationen – wenngleich bei der Bewertung die Anfang Oktober angekündigte Abschaffung des Amtsgeheimnisses noch nicht berücksichtigt wurde. Die NGOs orten teils aber auch Verbesserungen durch gesetzliche Maßnahmen, etwa bei der Parteienfinanzierung oder bei der Bekämpfung von Korruption. (muz, APA, 24.10.2023)