Ene Schultasche steht auf einem Schultisch, daneben ein Pappteller mit der Aufschrift ABC.
Einer der Bereiche, die von einer Mehrheit als deutlich besser als früher erlebt werden, ist das Angebot an schulischen Möglichkeiten.
IMAGO/Christopher Neundorf

Es gibt Dinge, die in der "guten alten Zeit" wohl wirklich besser waren: 82 Prozent der österreichischen Wahlberechtigten glauben beispielsweise, dass es in ihrer eigenen Kinder- und Jugendzeit leichter war, Kinder von Konsumverlockungen fernzuhalten. Ähnlich könnte es in der Vergangenheit – eher in einer sehr weit zurückliegenden Vergangenheit – leichter gewesen sein, Kinder vom Drogenkonsum abzuhalten; das meinen immerhin 72 Prozent. Und 66 Prozent glauben, dass Großfamilien früher höhere Akzeptanz hatten als heute.

Das geht aus der Familienumfrage hervor, die das Linzer Market-Institut im Oktober für den STANDARD durchgeführt hat. Market-Politikforscher David Pfarrhofer fasst zusammen: "Vielfach zeichnen die Leute aus ihrer Erinnerung ein nostalgisches Bild – dass etwa das Verhältnis zwischen Großeltern und Kindern in der eigenen Kindheit besser war, als sie es heute beobachten. Aber in vielen Bereichen wird anerkannt, dass sich die Situation verbessert hat."

Das trifft vor allem auf den Bereich Bildung zu: 76 Prozent bezeichnen das Angebot an schulischer Bildung heute als besser als in der eigenen Kinderzeit. Besonders Befragte über 50 geben den heutigen Bildungsmöglichkeiten gute Noten.

Auch das Angebot an Kinderbetreuungseinrichtungen wird von 73 Prozent als verbessert eingeschätzt. Dies muss man allerdings insofern relativieren, als in der Vergleichsumfrage vor zehn Jahren (2013 ließ DER STANDARD dieselben Fragen stellen) noch 83 Prozent eine Verbesserung der Kinderbetreuung gesehen haben. Die Bemühungen um einen Ausbau in den vergangenen zehn Jahren schlagen sich in der Meinung der Bevölkerung also kaum nieder. Besonders unter jungen Befragten gibt es eine große Gruppe, die die erst vor wenigen Jahrzehnten selbst erlebte Kinderbetreuung als besser einschätzt als das, was heute geboten wird.

Abkehr von Fremdsprachen

Ganz ähnlich ist es mit der Einschätzung des Sportangebots: Ältere Befragte sehen hier große Fortschritte, mehr als ein Fünftel der jüngeren Befragten nimmt Rückschritte wahr.

Als Punkte, bei denen Verbesserungen gesehen werden, fallen Urlaubsmöglichkeiten, Angebote kindgerechter Ernährung und Berufs- und Karrierechancen auf. Die Einschätzung, dass Kinder heute bessere Aufstiegschancen hätten, ist seit der Vergleichsumfrage vor zehn Jahren sogar deutlich gestiegen.

Zwiespältig ist die Betrachtung der finanziellen Situation von Familien: Sechs von zehn Befragten sehen zwar Verbesserungen bei Familienbeihilfe und im Steuerrecht – dennoch meinen 49 Prozent, dass Kinder früher leichter leistbar gewesen seien als heute. Diese Einschätzung trifft sich mit einer in der Vorwoche veröffentlichten Analyse des Instituts für Wirtschaftsforschung (Wifo), der zufolge Menschen unter 35 mit Kind heute real fünf Prozent weniger Einkommen zur Verfügung haben als 2005.

DER STANDARD ließ bei Market noch eine weitere Liste zum Thema Erziehung und Familie abfragen – auch hier gibt es einen Vergleich mit der Umfrage aus dem Jahr 2013: Damals stimmten noch 64 Prozent der Aussage zu, dass es gut sei, wenn Kinder von klein auf mehrere Sprachen lernten. Jetzt ist die Begeisterung für den Fremdspracherwerb auf 51 Prozent zurückgegangen. Pfarrhofer: "Es fällt auf, dass vor allem FPÖ-Wähler in diesem Punkt zurückhaltend sind – da es derzeit viel Zustimmung zur FPÖ gibt, ist eben auch die Zurückhaltung beim Thema Mehrsprachigkeit groß."

Ähnlich deutlich ist die Abkehr von der Vorstellung, dass es gut sei, "wenn die Kinder in der Schule Kontakt mit anderen Kulturen, Kindern aus anderen Ländern haben". Das fanden 2013 noch 48 Prozent voll und ganz in Ordnung – jetzt sind es nur noch 36 Prozent. Unter FPÖ-Wählern liegt die volle Zustimmung überhaupt nur bei zehn Prozent. Auch die Integration von Kindern mit Behinderungen hat vor zehn Jahren mehr Zustimmung gefunden als heute – allerdings stimmen immer noch 49 Prozent voll zu, besonders stark Menschen, die selbst keine Kinder haben.

Benehmen und Grüßen wichtig

Das konservative Bildungsziel "ordentliches Benehmen und höfliches Grüßen" wird seit zehn Jahren weitgehend unverändert von 51 Prozent völlig und von weiteren 33 Prozent mehrheitlich hochgehalten. Dieses Ziel wird vor allem von der ÖVP-Anhängerschaft und von Senioren vertreten – am wenigsten ist es den Wählerinnen und Wählern der Grünen wichtig. Mehrheitlich, wenn auch nicht so deutlich, hochgehalten wird die ebenfalls konservative Forderung nach einer Erhaltung der achtjährigen Langform des Gymnasiums: 31 Prozent stimmen dieser Forderung voll, 33 Prozent überwiegend zu. Auch hier ist die Zustimmung im ÖVP-Lager und bei Menschen über 50 besonders hoch.

Scharf ist nach wie vor die Ablehnung einer angeblich "g’sunden Watschen" – 45 Prozent lehnen sie (wie schon vor zehn Jahren) völlig und weitere 24 Prozent überwiegend ab. Und auch die Ansicht, dass soziale Netzwerke gut für Kinder und Jugendliche seien, findet unverändert Ablehnung.

Gleich geblieben (30 Prozent volle, 33 Prozent überwiegende Zustimmung) ist seit 2013 auch die Beobachtung, dass Kinder "heute nicht mehr richtig Deutsch in der Schule" lernen. Besonders besorgt darüber sind wiederum die Menschen, die die FPÖ wählen (52 Prozent volle, 32 Prozent überwiegende Zustimmung) – während das die Grün-Wählerschaft wenig (29 Prozent) bis gar nicht (21 Prozent) kratzt.

Leichte positive Verschiebungen im Zehnjahresvergleich gibt es bei den Fragen, ob gleichgeschlechtliche Paare heiraten und Kinder adoptieren dürfen sollen. Pfarrhofer: "Beides war in der Umfrage von 2013 schon mit großer Mehrheit akzeptiert – nachdem es inzwischen auch gesetzlich möglich ist, ist die kleine Gruppe, die das abgelehnt hat, noch weiter geschrumpft. Das hängt auch damit zusammen, dass schon vor mehr als zehn Jahren das Familienbild Vater/Mutter/Kind mehrheitlich von der Vorstellung abgelöst worden war, dass Familie bedeutet, dass Menschen zusammenleben, die einander lieben und füreinander Verantwortung übernehmen." Konkret stimmen jetzt 43 Prozent der Möglichkeit zur gleichgeschlechtlichen Ehe völlig und 30 Prozent überwiegend zu. Zur Adoption von Kindern durch gleichgeschlechtliche Paare sagen 36 Prozent uneingeschränkt und weitere 28 Prozent mit Einschränkungen Ja. (Conrad Seidl, 2.11.2023)