Es ist so etwas wie ein Abschied in Etappen. In seiner Rede zum 50. Geburtstag von Marc Cain verkündete Helmut Schlotterer, Gründer und Eigentümer der deutschen Modemarke, dass er sein Unternehmen den Mitarbeitenden schenken werde. Das gesamte Betriebs- und Privatvermögen wird in die Helmut-Schlotterer-Stiftung überführt. Die Stimmrechte gehen an eine Mitarbeiterstiftung, die von einem Rat aus aktiven Führungskräften kontrolliert wird. Dieser außergewöhnliche Schritt bedeutet aber nicht, dass Schlotterer in Pension geht. Der 77-Jährige will noch ein bisschen weitermachen.

Bei der Jubiläumsfeier am Firmensitz im baden-württembergischen Bodelshausen erntete er für seine Unternehmenspläne jedenfalls großen Applaus. Zu Gast war auch Hollywoodstar Diane Kruger. Die gebürtige Deutsche wurde bekannt durch ihre Rollen in Blockbustern wie Troja oder Inglourious Basterds. Außerdem ist sie Teil der Academy of Motion Picture Arts and Sciences, die jährlich die Oscars vergibt. Wie haben nach der Modenschau mit der Schauspielerin über faire Bezahlung, künstliche Intelligenz und Pailletten gesprochen.

Hollywoodstar Diane Kruger bei der Marc Cain-Jubiläumsfeier am Firmensitz im baden-württembergischen Bodelshausen.
Hollywoodstar Diane Kruger (Mitte) bei der Marc Cain-Jubiläumsfeier am Firmensitz im baden-württembergischen Bodelshausen.
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STANDARD: Frau Kruger, die Mitarbeitenden von Marc Cain können zukünftig über die Verwendung von Unternehmensgewinnen mitentscheiden. Das würden sich die Kreativen in Hollywood bestimmt auch wünschen. Sie kämpfen seit Monaten für fairere Behandlung. Die Autorinnen und Autoren haben nun ihren Streik beendet, die Schauspielerinnen und Schauspieler hoffen noch auf eine Einigung mit den großen Studios. Wie stehen Sie dazu?

Diane Kruger: Selbstverständlich unterstütze ich die Streiks. Gegenstand dieser sind zwar auch die Bezahlung von Autorinnen und Schauspielern sowie die Rechteverwertung, vor allem bei sehr erfolgreichen Filmen. Aber ich sehe die Themen grundlegender. Es geht um den Umgang mit geistigem Eigentum und künstlicher Intelligenz.

STANDARD: Die Implikationen des Einsatzes künstlicher Intelligenz (KI) sind ein wichtiger Punkt der Verhandlungen. Die Technologie kann Aussehen und Stimme von Schauspielern reproduzieren. Theoretisch könnte man in Zukunft Filme ohne sie produzieren, lautet überspitzt formuliert eine Befürchtung.

Kruger: Es ist eine Sache, wenn ein älterer, bekannter Schauspieler Rechte an seiner Darstellung verkaufen will. Aber es geht vor allem um die Statisten. Die bekommen ohnedies nur geringe Tagesgagen von teilweise nur hundert Dollar. Jetzt wollen die Studios auch noch, dass sie sich vermessen lassen und ihre Rechte abtreten, damit sie von der KI beliebig oft reproduziert werden können und man sich zukünftig Statisten sparen kann. Ich glaube ganz fest daran, dass man den Einsatz von KI, egal in welchem Bereich, regulieren muss. Wir werden sehen, was bei den Verhandlungen herauskommt.

STANDARD: Der Streik in Hollywood bedeutet große Verzögerungen bei zahlreichen Produktionen. Betrifft das auch Projekte, in die Sie involviert sind?

Kruger: Ja, es gibt einige, die noch auf Eis liegen. Aber das Gute ist, dass ich auch in Europa arbeiten kann. Sagen wir mal so: Ich habe Glück im Unglück.

STANDARD: In Europa arbeiten Sie vor allem in Frankreich. Wie unterscheidet sich die dortige Filmbranche von Hollywood?

Kruger: In Frankreich gelten Filme als Kulturgut, das heißt, Produktionen können etwas einfacher realisiert werden, da es Subventionen vom Staat gibt. Natürlich will man auch dort Gewinn machen. Aber es wird der intellektuelle Wert eines Produkts und von dessen Erschaffer anerkannt. Das ist in Hollywood leider nicht der Fall.

STANDARD: Noch eine modische Abschlussfrage: Bei der Marc-Cain-Show gab es Pailletten en masse. Wie stehen Sie dazu?

Kruger: Ich habe ein ambivalentes Verhältnis dazu. (lacht) Weihnachten steht vor der Tür. An den Feiertagen trage ich gerne Kleidung mit Pailletten, aber nach dem 26. Dezember kann ich sie nicht mehr sehen. (RONDO Exklusiv, Michael Steingruber, 1.11.2023)