Grasshopper, Cocktail, Creme de Cacao, Creme de Menthe
Als "flüssiges Dessert" mit Schuss kommt der Cocktail "Grasshopper" daher (Rezept siehe unten)
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Bitte ich den Kellner im Stammlokal nach dem Essen um die Rechnung, bekomme ich den Kassabon und ein kleines metallenes Tablett auf den Tisch serviert. Darauf stehen kleine Porzellangefäße, die entweder mit heißem Pflaumen- oder kühlem Litschiwein gefüllt sind. Der Inhalt hängt von der Jahreszeit ab, und es ist ein über die Jahre hinweg gepflegtes Ritual, dass ich beim Wechsel von Pflaume zu Litschi erfreut "Oh, der Sommer ist da!" ausrufe und mich zu Beginn der kalten Jahreszeit stumm tröste, dass der Pflaumenwein zumindest wärmt. Mein Stammlokal ist – wie man aufgrund der Getränke erahnen konnte – ein chinesisches Restaurant.

Beim Abendessen im Gasthaus hingegen wird gerne ein "Schnapserl" offeriert – gegen Bezahlung allerdings, schließlich kann ein guter, klarer Obstbrand die Rechnungssumme ordentlich nach oben treiben. Beim sizilianischen Lokal ums Eck kommt sicher die Frage: "Dessert? Caffè?" Nach dem Begleichen der Rechnung wird dort oft noch ein Grappa angeboten – je nach Trinkgeldhöhe. Doppelt hält besser, könnte man bei Kaffee plus Grappa meinen, denn der italienische Tresterbrand steht wie Kaffee und die zuvor erwähnten Getränke einerseits für das Ende des Lokalbesuchs, andererseits für einen Digestif.

Jener Begriff, der sich vom lateinischen "digestio" – Verdauung – ableitet, steht für Flüssiges, das zum Schluss eines Menüs konsumiert wird. Das kann Kaffee sein, ist in unseren Breiten aber meist Alkohol.

Immer schön langsam

Aus medizinischer Sicht hilft Alkohol allerdings nicht, das Essen besser zu verarbeiten. Tatsächlich wird die Verdauung damit verlangsamt. Aber wenn das Stamperl vor dem Heimgehen kontraproduktiv wirkt, warum trinkt man es dann so gerne?

Hier sind mehrere Gründe zu nennen: Man schließt den Abend traditionell damit ab und prostet sich noch einmal in der Runde zu. Gleichzeitig dürfte ein Placeboeffekt zum Tragen kommen, wie man ihn von diversen als Heilmittel angepriesenen Zuckerkügelchen kennt. Glaubt man nur fest genug daran, dann spürt man eine Erleichterung. Beim Glas mit Hochprozentigem wirkt der darin enthaltene Alkohol muskelentspannend, was sich im ganzen Körper bemerkbar macht. Es fühlt sich so an, als würde man mit dem Lieblingsschnapserl entspannter verdauen.

In Österreich greift man gerne zu einem klaren Obstbrand aus Marille oder Zwetschke. Für jene mit dickerem Börsel darf es alternativ auch ein Vogelbeerschnaps sein. Andernorts werden häufig Portwein, Cognac oder ein bitterer Kräuterlikör genossen – dazu später. Man könnte den Abend natürlich auch in einer Bar ausklingen lassen und den Digestif in Form eines Cocktails zu sich nehmen. Wer aufs Dessert verzichtet hat, für den bietet sich ein süßer, obershaltiger Drink wie ein "Grasshopper" (s. Rezept) oder ein "Fifth Avenue" an.

Bitter macht auch lustig

Eine eigene Kategorie an Digestifs sind Kräuterschnäpse und -liköre, bei denen der Genuss nicht immer im Vordergrund steht. Die bitteren pflanzlichen Inhaltsstoffe können – wie auch Kaffee – tatsächlich die Verdauung anregen, und manche Rezepturen haben ihren Ursprung in der Klosterheilkunde. Mit dieser Herkunft darf sogar die abstinente Urgroßtante täglich ihr Stamperl "Medizin" aus der Kräuterbitterflasche mit 40 Volumsprozent Alkoholgehalt schlucken.

Besonders beliebt sind bittere Digestifs in Italien, wie die Anzahl bekannter Marken wie Fernet Branca, Averna, Cynar oder Ramazotti zeigt. Beim nördlichen Nachbarn Deutschland – aber nicht nur dort – greift man gerne zu Jägermeister oder Underberg. Der Hersteller von Letzterem hat gerade ein neues Produkt auf den Markt gebracht: Ein Fläschchen des in limitierter Edition produzierten "After-Dinner-Fusion-Drinks", wie man ihn bezeichnet, enthält eine Kombination aus dem bekannten Kräuterbitter und Kaffee. Keine schlechte Idee für die Zielgruppe "junge Erwachsene", lässt sich damit doch nicht nur Zeit, sondern auch Geld sparen. (RONDO Exklusiv, Petra Eder, 7.11.2023)

Rezept für Grasshopper

Zutaten:

2 cl Crème de Cacao (weiß)
2 cl Crème de Menthe
2 cl Obers
ev. Minzblätter/ Schokolade

Zubereitung:

Alle Zutaten auf Eis gut schütteln, durch ein Sieb ins Glas gießen und mit Minze oder etwas Schokolade servieren.