Ich hatte in den vergangenen Woche die Freude, mich durch etwas Hirsch, Reh und Wildschwein zu kochen. Hier die Gerichte, die mir am meisten Freude gemacht haben, plus eine Hasenpasta, die ich jedes Jahr ein paar Mal gerne mache.

Rosa Reh-Zwetschken-Ragout

Die Keule ist in den vergangenen Wochen zu meinem Lieblings-Wildcut geworden – nicht nur kurz gegrillt/gebraten (günstiger als Filet, mehr Geschmack, bei Wild zart genug) oder als Schnitzel (siehe unten), sondern auch fürs Ragout. Bei klassischen, geschmorten Wildragouts ist mir meist das Fleisch trotz der Sauce zu trocken. In dieser Variante bleibt es rosa und bekommt trotzdem eine herrlich intensive Sauce, die ihre Sämigkeit den letzten Zwetschken der Saison verdankt. Funktioniert mit Hirsch übrigens genauso gut.

Keule gut zuputzen und alle Abschnitte – Silberhäute, Sehnen – aufheben. Fleisch würfeln. In einem Bräter etwas Butterschmalz oder Olivenöl heiß werden lassen. Würfel rundum scharf anbraten und mit einem Schaumlöffel herausheben und für später zur Seite stellen.

Gerichte mit Wild auf einem Teller
Rehragout mit Zwetschken.
Foto: Tobias Müller

Im selben Topf die Abschnitte und das Gemüse anbraten, bis es etwas Farbe angenommen hat. Mit einem ordentlichen Schuss Cognac ablöschen und dann mit Suppe/Wasser/Weißwein aufgießen. Sternanis, Lorbeerblätter und ein, zwei Nelken zugeben, zum Sieden bringen und etwa eine halbe Stunde sanft köcheln lassen. Die halbierten, entsteinten Zwetschken zugeben und weiterköcheln lassen, bis sie verkocht sind und die Sauce sämig geworden ist, etwa eine weitere halbe Stunde.

Das Fleisch zugeben und nur sanft warm ziehen lassen – es soll nur wenig weitergaren. Mit etwas Zitronenschale abschmecken und mit einer Beilage nach Wahl servieren.

Variante: Auch etwas dunkle Schokolade und Chili machen sich in der Sauce sehr gut. Wenn die Zwetschken schon aus sind: eine mürbe Birne und einen Schuss Apfelessig könnte ich mir auch gut vorstellen. Oder Sie lassen die Früchte weg, nehmen mehr Essig und etwas Honig und reduzieren die Sauce sämig ein bzw. stauben mit ein wenig Mehl.

Hirsch-Pho

Noch eine wunderbare Verwendungsmöglichkeit für zarte, hitzeempfindliche Wild-Keulen. Pho-Suppe kochen, idealerweise aus Wildknochen, aber Rind oder Huhn ist auch wunderbar. Hier gibt's eine detaillierte Beschreibung. Die Kurzfassung: Knochen rösten, Suppe kochen, und unbedingt gerösteten Ingwer, Sternanis, Zimt und, falls möglich, schwarzen Kardamom mitköcheln.

Gerichte mit Wild auf einem Teller
Zugegeben, ein Symbolbild. Hirsch ist dunkler. Ich hab meinen Hirsch-Pho aber nicht fotografiert.
Foto: Tobias Müller

Währenddessen die Einlagen vorbereiten: jede Menge Kräuter waschen (unbedingt Basilikum und Koriander), Frühlingzwiebel oder Rote Zwiebel und Chili in feine Ringe schneiden, Limetten vierteln. Hirschschlögel mit einem scharfen Messer in möglichst dünne Scheiben (1 mm) schneiden. Alles zur Selbstbedienung auf den Tisch stellen.

Reisnudeln garen, auf Schüsseln aufteilen. Etwas Soja- und Fischsauce dazugießen, mit der wallenden Suppe auffüllen und sofort servieren. Hirschscheiben gleich in die heiße Suppe legen und so sanft garen und mit den restlichen Zutaten nach Lust und Laune garnieren.

Wildschweinschnitzel

Es gibt viel zu viele Wildschweine in Österreichs Wäldern und viel zu wenige auf den Tellern. Das liegt einerseits am Angebot: Wildschwein ist nicht immer leicht zu finden – falls Sie Fleischer sind, helfen Sie mit, das zu ändern! Und zweitens glaube ich, dass viele Menschen sich nicht drüber trauen, bloß, weil es das Wort "Wild" im Namen trägt.

Ganz ungerechtfertigt ist das nicht: Wildschweine sind deutlich magerer als Hausschweine und daher, je nach Teilstück, ein wenig heikel in der Zubereitung. Glücklicherweise ist es für die österreichische Parade-Kochtechnik perfekt geeignet: das Panieren und Frittieren. In Bröseln gehüllt und in heißem Fett gebadet, dämpft das heikle Fleisch im eigenen Saft zu geschmacksintensiver und trotzdem zart-saftiger Perfektion. Dass die Panier für Knusper sorgt, schadet ebenfalls nicht. Ich habe meine Schnitzel aus der Keule gemacht, das Karee oder der Schopf funktionieren aber sicher auch.

Wildschwein in daumendicke Stücke schneiden und mit einem Schnitzelklopfer plätten. In gut gesalzenem Mehl wenden, durchs verquirlte Ei ziehen, in Brösel drücken, und in heißem Butterschmalz goldbraun backen. Nicht zu viele Schnitzel auf einmal in die Pfanne geben, sondern lieber in Durchgängen arbeiten und die bereits fertigen im heißen Rohr auf einem Rost warm halten.

Variante: Das Fleisch vor dem Mehlieren noch zusätzlich mit Dijon-Senf einstreichen.

Frische Pasta mit Hasenragout

Feldhasenfilet ist für mich der wahrscheinlich beste Wildbraten: Es ist so gut, dass es nichts braucht als kurze, scharfe Hitze und etwas Salz und Pfeffer. Mit den Läufen hingegen habe ich mir lange schwergetan. Sie bleiben erstaunlich lang zäh, und wenn sie doch irgendwann weich werden, sind sie ziemlich trocken. Die beste Lösung ist meiner Meinung nach die italiensche: Pulled Hase draus machen und über frischer Eierpasta servieren.

Backrohr auf 180 Grad vorheizen und, falls vorhanden, die Hasenkarkasse darin anrösten.

Zwiebel, Karotten, Sellerie und Knoblauch fein häckseln. Ordentlich Olivenöl in einem schweren Bräter erhitzen und Gemüse und ein paar Lorbeerblätter darin anbraten, bis es Farbe genommen hat. Mit Cognac ablöschen. Läufe und Karkasse in den Bräter geben, zwei Zentimeter Suppe/Weißwein/Wasser angießen, gut salzen bzw. einen Schuss Sojasauce zugießen, Deckel draufgeben und im Rohr braten, bis das Fleisch ganz weich ist und die Sauce am Topfrand etwas karamellisiert, je nach Hasengröße und Alter ein bis zwei Stunden.

Aus dem Rohr nehmen und auskühlen lassen, dann das Fleisch von den Knochen zupfen und mit der Sauce mischen. Mit ordentlich Käse über frischer Eierpasta servieren.

Gerichte mit Wild auf einem Teller
Langgeschmorte Hasenläufe mit frischer Pasta.
Foto: Tobias Müller

Variante: Geht auch super mit Wildente. Und wer keine Lust auf Pasta hat, kann die Sauce auch mit Polenta genießen.

Wildquellen

Die beste Wildquelle ist ein Jäger oder eine Jägerin – die Diskrepanz der Preise zwischen Wild im Ganzen bzw. grob zerwirkt und jenem im Handel ist ganz erstaunlich. Wildschwein zum Beispiel kostet beim Jäger zwei bis vier Euro das Kilo, im Handel zwischen 20 und 35.

Sonst kaufe ich Wild gerne bei den schon oft genannten Erni und Erna am Naschmarkt, die aktuell ein beachtliches Angebot haben: meist Reh, Hirsch und Wildschwein, oft Fasan und gelegentlich Hase. Samstags am Bauernmarkt zweiter Fleischstand auf der linken Seite, wenn Sie von der U4 Kettenbrückengasse kommen. Freitags leichter zu finden, weil der einzige Fleischstand am Bauernmarkt. Am Karmelitermarkt hat Geflügel Schneider regelmäßig Wild im Angebot, wenn auch zu teilweise abenteuerlichen Preisen.

Abseits der Wiener Märkte verkaufen die Esterhazys Wild aus ihrer riesigen burgenländischen Jagd hier online. Verlässlich und sehr gut. Wer weder nach Eisenstadt kommt noch die Versandgebühren zahlen will: Gurkerl hat ebenfalls einen Teil des Sortiments im Angebot. (Tobias Müller, 29.10.2023)