Vor 66 Millionen Jahren nahm auf der heutigen Halbinsel Yucatán in Mexiko ein globales Inferno seinen Anfang, das heute jedes Kind kennt. Der Einschlag eines Asteroiden mit rund zwölf Kilometer Durchmesser sorgte nicht nur für einen Krater mit rund 180 Kilometer Durchmesser, der heute nach dem nächstgelegenen Ort Chicxulub heißt. Der Impakt verursachte auch gewaltige Tsunamis, Großbrände und Erdbeben, während sich der Himmel verdunkelte: Große Mengen Ruß, Schwefel und Staub verteilten sich in der Atmosphäre, Pflanzen konnten keine Photosynthese mehr betreiben, und die Erdoberfläche kühlte stark ab. Das große Sterben begann: Drei Viertel aller Tier- und Pflanzenarten weltweit starben aus, darunter auch die Dinosaurier (mit Ausnahme der Vögel).

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Drei Viertel aller Arten starben vor 66 Millionen Jahren aus. Sie überstanden den globalen Winter nicht, der der Erde jahrelange Kälte und Finsternis bescherte.
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Spuren des globalen Winters, der das drittgrößte Artensterben in der Erdgeschichte auslöste, finden sich rund um den Globus. Wie genau diese folgenschwere Abkühlung ablief und welche Faktoren dabei maßgeblich waren, ist aber nicht geklärt. Ein internationales Forschungsteam legt nun im Fachblatt "Nature Geoscience" neue Analysen vor und kommt zu dem Schluss: Feiner Staub aus pulverisiertem Silikat, der durch den Asteroideneinschlag entstand, dürfte eine entscheidende Rolle bei dieser Katastrophe gespielt haben.

Verhüllter Planet

Frühere Untersuchungen legten nahe, dass vor allem die großen Mengen an Schwefel und Ruß von den Waldbränden nach dem Einschlag die Hauptursachen für die globale Abkühlung gewesen sein dürften. Diese Annahme beruhte jedoch auf einer begrenzten Kenntnis der tatsächlichen Größeneigenschaften der Staubpartikel aus Gestein, die bei diesem Impakt emporgeschleudert wurden, schreiben Cem Berk Senel vom belgischen Royal Observatory in Brüssel und Kollegen.

Um die Rolle von Silikatstaub für das Klima nach dem Einschlag zu bewerten, erstellten die Forschenden Simulationen auf Grundlage einer Analyse von feinkörnigem Material, das an einer gut erhaltenen Fundstelle im US-Bundesstaat North Dakota zu finden ist. Konkret entnahmen sie Sedimentproben, die sich dort quasi als Fallout des Asteroideneinschlags abgelagert haben, erklärt Studien-Co-Autor Pim Kaskes von der Universität Brüssel. "Wir haben speziell den obersten millimeterdünnen Abschnitt der Grenzschicht zwischen Kreide und Paläogen beprobt. Dieses Intervall wies eine sehr feine und gleichmäßige Korngrößenverteilung auf, die wir so interpretieren, dass sie den letzten atmosphärischen Fallout von ultrafeinem Staub im Zusammenhang mit dem Chicxulub-Einschlag darstellt."

Tod im Frühjahr

Die Analysen ergaben einen deutlich höheren Anteil an sehr kleinen Partikeln (0,8 bis 8 Mikrometer), als in bisherigen Klimamodellen angenommen wurde. Das habe große Konsequenzen für die Rekonstruktion der damaligen Ereignisse, sagt Cem Berk Senel. "Unsere neuen Simulationen zeigen, dass eine Wolke solchen Silikatstaubs noch bis zu 15 Jahre nach dem Ereignis in der Atmosphäre verblieben sein könnte und in der ersten Zeit zu einer globalen Abkühlung der Erdoberfläche um bis zu 15 Grad Celsius beigetragen haben könnte." Dieser Zeitraum stimme auch mit Beobachtungen der Einschlagstruktur im Chicxulub-Krater überein.

Die staubbedingte Verringerung der Sonneneinstrahlung könnte die pflanzliche Photosynthese für fast zwei Jahre nach dem Einschlag lahmgelegt haben, schreiben die Forschenden. Zusammen mit der verstärkenden Wirkung von Ruß und Schwefel dürfte dies eine Kettenreaktion ausgelöst haben: Spezies, die die langen, kalten und dunklen Bedingungen nicht überleben konnten, verschwanden.

Inzwischen kennt man übrigens auch ein Detail zum Chicxulub-Einschlag, das angesichts der seither vergangenen Zeitspanne erstaunlich ist: Forschende fanden kürzlich heraus, dass der Asteroid im Frühjahr eingeschlagen haben muss. Auch diese Erkenntnis ist der Fundstelle im US-Bundesstaat North Dakota zu verdanken, die etwa 3.500 Kilometer nördlich der Einschlagsstelle liegt. Ein gewaltiger Tsunami sorgte dafür, dass sich dort heute eine paläontologische Fundgrube befindet: Er spülte unmittelbar nach dem Einschlag große Materialmengen dorthin, darunter Überreste von Pflanzen und Tieren, und schuf so ein Fenster für einen Blick in dieses dramatische Kapitel der Erdgeschichte. (David Rennert, 31.10.2023)