Eine Euromünze, die zerschmilzt
Die hohe Inflation und die Kapitalertragsteuer nagen an der Kaufkraft des Ersparten. Die Österreicher verlieren allein durch die Inflation, die über den Zinsen liegt, heuer rund 20 Milliarden Euro.
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Sparen hat in Österreich einen hohen Stellenwert. Die Österreicher bunkern derzeit Einlagen (Konto, Sparprodukte) in der Höhe von 309 Milliarden Euro. Diesen Wert hat die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) für das zweite Quartal erhoben. Der Einlagenaufbau hat sich zuletzt aber deutlich verlangsamt. Haben die Österreicher im Corona-Jahr 2021 noch 12,1 Milliarden auf die hohe Kante gelegt, waren es im Vorjahr mit 5,7 Milliarden Euro nur noch knapp die Hälfte. Schuld daran sind die Zinserhöhungen der EZB: "Private Haushalte reagierten auf die Zinswende mit einer deutlichen Umschichtung von täglich fälligen Einlagen in Richtung gebundener Veranlagungsformen", erklärt OeNB-Vize-Gouverneur Gottfried Haber.

Letztere wurden im ersten Halbjahr 2023 im Ausmaß von 10,4 Milliarden Euro aufgebaut, während täglich fällige Einlagen um 9,7 Milliarden reduziert wurden. Doch nicht nur die Zinserhöhungen beschäftigen Österreichs Sparer. Auch die Inflation tut das. Sie nagt nämlich ordentlich am Wert des Geldes, besser gesagt an dessen Kaufkraft.

Inflation belastet

Österreichs Haushalte verlieren heuer nämlich rund 19 Milliarden Euro an Kaufkraft auf ihren Sparbüchern, wie Berechnungen des Neos Lab zeigen. Das ergibt sich allein aus der Tatsache, dass die Sparzinsen deutlich unter der hohen Inflation liegen. Banken haben zwar damit begonnen, die Zinsen für Sparprodukte zu erhöhen, doch alle aktuellen Angebote liegen weit unter der aktuellen Inflation von 6,1 Prozent. Zudem gelten Zinsangebote von um die drei Prozent oft nur für Neukunden und für eine befristete Zeit. Der Rest des Sparguthabens liegt damit weiter sehr niedrig verzinst auf diversen Sparprodukten, und die hohe Inflation knabbert an der Kaufkraft.

2024 kommen laut Neos Lab trotz der zuletzt gestiegenen Sparzinsen bei aktuellen Inflationseinschätzungen noch einmal 5,2 Milliarden Euro Kaufkraftverlust hinzu.

Und als ob das nicht schon genug wäre, trifft Sparer auch die Kapitalertragsteuer (KESt) in der Höhe von 25 Prozent, der auch Kapitalerträge aus Geldeinlagen ( z. B. Zinsen auf Sparbüchern und Girokonten) unterliegen. Würde man die KESt für Sparbücher streichen, für die Zinsen fällig werden, die niedriger sind als die Inflation, würde das die Sparer in Österreich 2023/2024 um drei Milliarden Euro entlasten. Die Neos erneuern daher am Weltspartag ihre Forderung nach der Abschaffung der Kapitalertragssteuer auf Sparbücher. "Im Hochsteuerland Österreich werden Menschen, die sich mühsam Geld zur Seite legen, auch noch dafür bestraft", sagt Neos-Wirtschaftssprecher Gerald Loacker. Gerade in Zeiten der Teuerung, in denen es ohnehin immer schwieriger werde, sich aus eigener Kraft ein bescheidenes Vermögen aufzubauen, "sollten Sparer daher entlastet statt weiter belastet werden", sagt Loacker.

Steuerlich entlastet werden sollte auch die Vorsorge. Das würde ein Anreiz sein, dass Geld neben dem Sparbuch auch in Aktien oder Fonds investiert würde. Darüber hinaus müsse laut den Neos endlich wie angekündigt die Behaltefrist für Wertpapiere wiedereingeführt werden. "Damit werden Kapitalerträge auf langfristige Veranlagungen steuerfrei gestellt", sagt Loacker. Wer also seine Aktien, Anleihen und Fonds länger hält, soll beim Verkauf keine KESt mehr zahlen, so die Idee. Das ist eine Forderung, die auch Christoph Boschan, Chef der Wiener Börse, seit Jahren urgiert.

Versprechen erfüllen

Menschen, die Wertpapiere etwa für die Altersvorsorge anlegen und oft über mehrere Jahre oder gar Jahrzehnte halten, würden in Österreich wie Risikospekulanten behandelt, so Loacker: "Wer an morgen denkt und sein Geld klug veranlagt, darf nicht länger der Dumme sein. Der Finanzminister sollte endlich sein Versprechen einlösen und Sparen wieder attraktiver machen." Zahlreiche Anträge der Neos dazu würden bereits am Tisch liegen.

Dass die Inflation am Sparertrag knabbert und Sparguthaben keinen Ertrag abwerfen, haben die Österreicher bereits zum Handeln veranlasst. Die aktuelle OeNB-Statistik zeigt, dass sich der seit rund zwei Jahren bemerkbare Trend zu Wertpapierkäufen 2022 bzw. im ersten Halbjahr 2023 mit Investitionen von 9,8 Milliarden Euro (plus zwölf Prozent im Vergleich zu 2021) bzw. 7,2 Milliarden Euro fortgesetzt hat. Gefragt waren vor allem verzinsliche Wertpapiere wie Anleihen. (Bettina Pfluger, 31.10.2023)