Fristen zu verlängern ist in der chinesischen Immobilienbranche gerade jene Strategie, um sich Zeit zu verschaffen. Das seit Jahren taumelnde Immobilien-Konglomerat Evergrande hätte am Montag seinen Sanierungsplan vorlegen müssen. Passiert ist das nicht. Jetzt wird es eng für den Immobilienentwickler. Zwar hat ein Gericht in Hongkong Evergrande eine fünfwöchige Frist gewährt, um sich mit den Gläubigern zu einigen – oder mit der Liquidation zu rechnen. Am Montag erklärte der angeschlagene Projektentwickler, dass an einem überarbeiteten Umschuldungsplan gearbeitet werde.

Der Oberste Gerichtshof von Hongkong setzte als nächsten Termin den 4. Dezember fest. Dann soll die Anhörung zur Liquidation stattfinden. Es sei denn, es gelingt bis dahin, das Ruder noch einmal herumzureißen. Richterin Linda Chan sagte, die nächste Anhörung sei die letzte, bevor über die Liquidation des Unternehmens entschieden werde.

Das Evergrande-Logo auf Wohngebäuden in Nanjing, in Chinas östlicher Provinz Jiangsu.
Evergrande hat tausende Wohnungen gebaut, viele Projekte sind noch offen. Dem Konzern droht die Liquidierung.
AFP/STR

Evergrande, das über mehr als 300 Milliarden US-Dollar an Verbindlichkeiten verfügt, geriet Ende 2021 in Zahlungsverzug bei seinen Offshore-Schulden und wurde zum Aushängeschild einer Schuldenkrise, die seitdem den chinesischen Immobiliensektor erfasst hat.

Evergrande hatte an einem Plan zur Umstrukturierung seiner Schulden im Ausland in der Höhe von 23 Milliarden US-Dollar gearbeitet, der vergangenen Monat ins Wanken geriet, als bestätigt wurde, dass gegen seinen milliardenschweren Gründer Hui Ka Yan wegen mutmaßlicher krimineller Aktivitäten ermittelt wird. Aufgrund einer Untersuchung seiner Immobiliensparte wurde Evergrande von den Aufsichtsbehörden auf dem Festland daran gehindert, neue Dollar-Anleihen auszugeben, was ein wesentlicher Bestandteil des Umstrukturierungsplans gewesen war.

Der Anwalt von Evergrande teilte dem Gericht am Montag mit, dass das Unternehmen beabsichtige, den Wert seiner beiden in Hongkong notierten Einheiten zu monetarisieren. Evergrande habe sich in den vergangenen zwei Wochen mit einem neuen Umstrukturierungsplan an einige Anleihegläubiger gewandt, sagten zwei Quellen. Der überarbeitete Plan würde es Anleihegläubigern ermöglichen, ihre Anleihen in Aktien und Anleihen umzutauschen, die an zwei der börsennotierten Tochtergesellschaften von Evergrande, Evergrande Property Services Group und Evergrande New Energy Vehicle Group, gebunden sind. Sie fügten hinzu, dass jeder Vorschlag keine neuen Schuldverschreibungen mehr vorsehe, die von China Evergrande ausgegeben werden sollen.

Zu einem Zahlungsausfall kam es zuletzt beim Immobilienkonzern Country Garden, der unter einer Milliarden-Schuldenlast ächzt. Country Garden hatte im Oktober die ursprüngliche Frist für die Rückzahlung von rund 15 Mio. Dollar Anleihezinsen verstreichen lassen. Auch die Nachfrist war abgelaufen. "Wenn sie nicht innerhalb der Frist zahlen, liegt ein Zahlungsausfall vor", sagte Cedric Rimaud, Analyst beim unabhängigen Analysehaus Gimme Credit. Die Auslandsschulden von Country Garden betragen 17 Mrd. Dollar in Anleihen und Krediten. Nun droht eine der größten Umschuldungen der chinesischen Wirtschaftsgeschichte. (Reuters, bpf)