Es rumpelt außerordentlich – im Immobilienmarkt insgesamt, aber besonders bei der Signa Holding des Tiroler Milliardärs René Benko, die bis vor kurzem noch als Erfolgsgeschichte galt.

Wichtige Gesellschafter der Immobilienholding Signa wenden sich laut übereinstimmenden Medienberichten gegen den Firmengründer René Benko. In einem persönlichen Schreiben mehrerer Investoren werde der österreichische Unternehmer aufgefordert, sich aus der Führung seiner Signa-Gruppe zurückzuziehen und seine Stimmrechte an einen Treuhänder zu übergeben, berichtete das "Handelsblatt". Nur bei einem sofortigen Rückzug Benkos sei ein "Krisenmanagement (…) zur Rettung der Gruppe" möglich, zitiert die Zeitung aus dem Brief. Als Treuhänder werde der Sanierungsexperte Arndt Geiwitz vorgeschlagen, den Benko als Berater ins Boot geholt hat.

Die Meldung vom Schreiben der Investoren ist nur die letzte Nachricht in einer Reihe von Hiobsbotschaften der vergangenen Wochen. Am Mittwoch berichtete überdies Bloomberg, dass die Signa Development, eine von zwei Schienen in Benkos Immobiliensegment, im ersten Halbjahr 190 Millionen Euro Verlust einfahre. Die Signa Holding als Ganze verbuchte laut "News" im noch nicht veröffentlichten Jahresabschluss 2022 einen Verlust von knapp 1,4 Milliarden Euro. Und Signa Sports United, das Sportgeschäft, muss gar Insolvenz beantragen. Einer der Vorstände der Signa, Claus Stadler, soll nach Informationen der "Krone" bereits das Handtuch geworfen haben.

Hintergründe der Signa-Troubles

Die wirtschaftliche Lage hat sich komplett gedreht. Die Zinsen, viele Jahre auf null, werden wegen der Inflation von den Zentralbanken stark angehoben. Dies bringt Immobilienkonzerne in Gefahr. Die Zinsen auf jene Kredite, mit denen sie Immobilien kaufen, steigen. Das macht die Objekte weniger rentabel – und ihren Wert in den Bilanzen geringer. Für die Signa-Gruppe kommt Benkos Misserfolg im Handelsgeschäft verschärfend hinzu. Seit einem Jahrzehnt versucht er, kriselnde Geschäfte wieder auf Vordermann zu bringen. Doch von Kika/Leiner in Österreich über Galeria Kaufhof in Deutschland bis zu Sports United – nirgendwo klappte das Vorhaben. Mittlerweile kommt es gar zu ersten Baustopps bei prestigereichen Signa-Projekten etwa in Hamburg und Stuttgart. Wo überall stehen Benkos Baustellen bereits still? Und wo laufen sie trotz allem weiter? Ein Überblick in fünf Immobilien. (joge)

In München baut die Signa beim Hauptbahnhof.
In München baut die Signa beim Hauptbahnhof.
Putschögl

Corbinian München: Politischer Gegenwind

In München arbeitet die Signa an einem neuen Stadtquartier zwischen Hauptbahnhof und Stachus. Es handelt sich um eine ehemalige Karstadt-Filiale. Dass dieser endgültig schließt, wurde erst im Frühjahr 2023 bekannt, als die Sanierungsarbeiten am denkmalgeschützten Bestandsgebäude (dem ehemaligen "Hertie“) direkt gegenüber vom Hauptbahnhof bereits liefen. Ein 70er-Jahre-Bau daneben wird abgerissen und durch einen Neubau mit 40.000 Quadratmeter Bürofläche, Geschäften und Lokalen ersetzt. Das Projekt wird unter dem Namen "Corbinian" vermarktet, ein erster Mietvertrag über 15.000 Quadratmeter an Büroflächen wurde schon vor einem Jahr abgeschlossen. Das Projekt läuft also, laut "Abendzeitung" soll Benko bei diesem sowie allen weiteren Münchner Gebäuden und Projekten aber "offen für Kaufangebote" sein. Und auch politisch ist die Signa mit viel Gegenwind konfrontiert. Vor allem die Linken-Fraktion im Stadtrat macht Druck, sie verlangt Vorkaufsrechte für die Stadt. (mapu)

In Stuttgart waren Einzelhandels- und Büroflächen geplant.
In Stuttgart waren Einzelhandels- und Büroflächen geplant
IMAGO/Arnulf Hettrich

Sportarena Stuttgart: Planung gestoppt

Rund 2.300 Quadratmeter für den Handel und 5.000 Quadratmeter Büroflächen plant die Signa Retail in der größten Stuttgarter Einkaufsmeile, der Königsstraße. Wobei es wohl eher "plante" heißen müsste, denn das Projekt wurde gestoppt. Wie die "Stuttgarter Zeitung" berichtet, erhielt das planende Büro Steidle Architekten aus München die Anweisung, die zur Hälfte fertiggestellte Werkplanung für den Holzhybrid-Neubau zu unterbrechen. Wo früher bereits das Sportarena-Kaufhaus untergebracht war, soll auch in Zukunft mit der Kaufhauskette Edeka Südwest auf 1.500 Quadratmetern wieder eines entstehen. Der Signa gehört in Stuttgart außerdem noch eine Immobilie der Galeria Kaufhof mit einem Parkhaus nahe dem Bahnhof. Ein anderes Gebäude wurde laut Medienberichten vor wenigen Monaten um 58,5 Millionen Euro an die Stadt Stuttgart verkauft, ein weiteres soll an die Münchner Immobiliengesellschaft Dibag übergegangen sein, eine Bestätigung dafür gibt es bislang aber nicht. (bere)

Bei hundert Metern Höhe wurden die Bauarbeiten am Elbtower nun eingestellt.
Bei hundert Metern Höhe wurden die Bauarbeiten am Elbtower nun eingestellt.
IMAGO/Markus Matzel

Elbtower in Hamburg: Baustelle wurde gestoppt

245 Meter hoch sollte der Elbtower in der Hafencity in Hamburg werden. 100 Meter Höhe sind mittlerweile erreicht – nun steht die Baustelle aber still. Die Baufirma Lupp hat die Arbeiten eingestellt, weil ausstehende Zahlungen nicht beglichen wurden. Man gehe aber davon aus, dass die Arbeiten bald fortgeführt werden. 25 Millionen Euro soll die Baustelle im Monat kosten, insgesamt liegen die Baukosten bei einer Milliarde Euro.

Mit der Stadt Hamburg wurden Vertragsstrafen und sogar Wiederkaufrechte sowie Eintrittsrechte in bestehende Planungs- und Bauverträge festgelegt, sollten bestimmte Meilensteine nicht erfüllt werden. Die Stadt darf im Fall des Falles also abreißen, das Projekt weiterverkaufen oder selbst fertigbauen, stellte Stadtentwicklungssenatorin Karen Pein (SPD) bereits klar. Auch beim Büro- und Geschäftshaus am Gänsemarkt und beim Projekt Flüggerhöfe wurden laut Medienberichten die Arbeiten gestoppt. Mehrere Signa-Immobilien stehen in Hamburg aktuell zum Verkauf. (zof)

In bester Lage in Basel wird ein Warenhaus entkernt.
GEORGIOS KEFALAS / Keystone / picturedesk.com

Globus in Basel: Bisher nicht betroffen

In Basel hat Signa vor vier Jahren gemeinsam mit der thailändischen Central Group die Warenhauskette Globus um rund 1,05 Milliarden Euro übernommen. Am Marktplatz mitten in der Altstadt wurde ein Gebäude, früher ebenfalls ein Warenhaus, komplett entkernt, nur die historischen Fassaden blieben erhalten. Mittlerweile werden im Gebäude innen die Stockwerke wieder hochgezogen. Zwei Etagen sind im Rohbau schon fast fertig.

Nach der geplanten Neueröffnung im Winter 2025 soll das Warenhaus über noch mehr Verkaufsfläche verfügen und ein luxuriöses Einkaufserlebnis bieten. Von den aktuellen Sparplänen soll das Globus-Projekt laut Schweizer Medienberichten nicht betroffen sein. Es sei ausfinanziert, heißt es, dennoch sind die Sorgen in der Stadt groß, und lokale Medien berichten, dass, falls die Signa die Krise nicht überstehen sollte, das Globus-Projekt an ein Konsortium gehen würde, darunter die Basler Kantonalbank, die der Kreditgeber für das Projekt auf dem Marktplatz ist. (bere)

Das Projekt Lamarr auf der Mariahilfer Straße ist am Laufen, hier ein Archivfoto von Juni.
Das Projekt Lamarr auf der Mariahilfer Straße ist am Laufen, hier ein Archivfoto von Juni.
Signa

Lamarr in Wien: Baustelle auf Schiene

Genau dort, wo sich an der Mariahilfer Straße in Wien einst die große Leiner-Filiale befand, wird seit zweieinhalb Jahren an einem Luxus-Kaufhaus der deutschen KaDeWe-Group gebaut. Mit dem "Lamarr" – benannt nach der österreichischen Hollywood-Schauspielerin Hedy Lamarr – entstehen 20.000 Quadratmeter Verkaufsfläche sowie ein Lifestyle-Hotel der Hyatt Group auf acht Etagen. Geplant sind weiters gastronomische Konzepte, der Dachpark ganz oben wird außerdem der Öffentlichkeit zugänglich sein.

Die Baustelle inmitten der Wiener Einkaufsmeile sorgt nach den jüngsten Medienberichten über Baustopps im Signa-Imperium für noch einmal mehr Aufmerksamkeit. Die Eröffnung ist für den Herbst 2024 geplant, und dabei dürfte es auch bleiben. Die von der Signa beauftragte Habau Group teilte dem STANDARD mit, dass man mit den Arbeiten am Rohbau zu 99 Prozent fertig sei. Man sei in bestem Einvernehmen mit dem Auftraggeber und habe "keinerlei Kenntnis von irgendwelchen Verzögerungen". (zof)

Waltherpark in Bozen: Weiter auf Schiene

In Bozen in Südtirol befindet sich aktuell der Waltherpark in Bau, ein Großprojekt mit Shoppingcenter, Büros und Wohnungen. Das Projekt sei ausfinanziert und befinde sich seit über einem Jahr in Vermarktung, hieß es am Freitag. Im Frühling 2025 ist die Eröffnung geplant. Verzögerungen gebe es nun keine: "Wir sind in Südtirol bei Signa daran gewöhnt, sehr autonom zu arbeiten, und auch die Unternehmen sind so organisiert, dass sie unabhängig vom Mutterkonzern funktionieren", sagte der Managing Director von Signa Bozen, Heinz Peter Hager, am Freitag laut APA.

Düsseldorf 05.08.2022 Carschhaus Bauzaun Logo Signa Holding Unternehmensgruppe Real Estate Retail Vermietungen Immobilien und Handelsunternehmen Investor
Ins Carschhaus in Düsseldorf soll das Kaufhaus KaDeWe einziehen, auch der zugehörige Platz soll umgestaltet werden.
IMAGO/Michael Gstettenbauer

Carschhaus in Düsseldorf: Bauarbeiten unterbrochen

Durch die Zahlungsschwierigkeiten der Signa stockt auch die Carschhaus-Baustelle in Düsseldorf. Dienstagabend wurde der Oberbürgermeister informiert, die Bauarbeiten am künftigen KaDeWe müssten unterbrochen werden. Man versuche derzeit von der Signa zu erfahren, wann es weitergehen könnte, erklärte der Oberbürgermeister in einem Interview mit dem WDR.

60 Millionen waren für den Umbau des Kaufhauses und des vorgelagerten Platzes veranschlagt, die Fertigstellung war für 2025 geplant. Nun haben einzelne Baufirmen wegen unbezahlter Rechnungen ihren Rückzug angekündigt. Der Platz vor dem Kaufhaus gehöre der Stadt, hier könnten Maßnahmen getroffen werden, sollte die Baustelle nicht fortgesetzt werden. Das Gebäude an sich stehe allerdings in Privatbesitz. Der Oberbürgermeister geht aber davon aus, dass die Baustelle weitergehen wird. (bere)

Seit 2019 befindet sich das Stadtquartier Vienna Twentytwo in Bau.
Seit 2019 befindet sich das Stadtquartier Vienna TwentyTwo in Bau.
K18

Vienna Twentytwo in Wien: Bauarbeiten laufen

Das Großprojekt Vienna TwentyTwo in Wien-Kagran wird von der Signa gemeinsam mit der ARE entwickelt. Geplant ist ein Mix aus Wohnen, Büro, Hotel und Handelsflächen. Das Projekt ist bereits weit fortgeschritten, einige Bauteile an Investoren verkauft. Das Vienna TwentyTwo sei weiterhin auf Schiene, wird vonseiten der ARE betont, und weiter: "Wir evaluieren gerade, ob und wie sich die aktuelle Neuordnung bei Signa auf das Projekt auswirkt." (zof)