Es wäre früher undenkbar gewesen, jetzt falle ihr das immer wieder auf, erzählt Ines S. Seit einigen Jahren sieht sich die junge Frau auf diversen Immobilienplattformen nach einer größeren Wohnung für sich und ihre Familie um. In letzter Zeit habe sie immer wieder beobachtet, dass Wohnungen nicht, wie früher, in Nullkommanichts vergeben sind, sondern lange inseriert bleiben und hin und wieder sogar die Preise einzelner Immobilien reduziert werden.

Der Boom am Immobilienmarkt ist vorerst vorbei.
Der Boom am Immobilienmarkt ist vorerst vorbei.
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Der Eindruck täuscht nicht: Der Immobilienmarkt ist mit einem ziemlichen Einbruch konfrontiert. Während in den Jahren 2021 und 2022 Wohneigentum um rund 23 Prozent teurer geworden war, gehen die Preise aktuell wieder leicht zurück. Laut Immobilienpreisdaten der Österreichischen Nationalbank betrug der Preisrückgang zwischen Juli und September 2023 knapp 0,4 Prozent.

Für das gesamte Jahr 2023 prognostizieren Raiffeisen-Analyst Matthias Reith und seine Kollegen einen Preisrückgang von rund zwei Prozent. Wohlgemerkt: nominell. Das heißt, zieht man auch die nach wie vor recht hohe Inflation in Betracht, ist der reale Preisrückgang doch beträchtlich.

Neubau ist nicht gleich Bestand

Andererseits ist die Preisentwicklung nicht in allen Segmenten gleich. Während gebrauchte Immobilien nominell deutlich billiger geworden sind, um 6,9 Prozent in Wien und um 3,5 Prozent im Rest Österreichs, haben sich neu gebaute Häuser und Wohnungen seit letztem Herbst nochmals verteuert, um 2,2 Prozent beziehungsweise 4,6 Prozent.

Ältere Wohnungen sind aktuell deshalb weniger begehrt, weil dort die Heizkosten meist höher sind und oftmals eine Sanierung beziehungsweise Umstellung des Heizsystems bevorsteht. Bei Neubauwohnungen hingegen müssen Käuferinnen und Käufer die hohen Baukosten der vergangenen Monate mittragen. Zudem sind die meisten energetisch auf dem neuesten Stand, was sich die Interessenten auch etwas kosten lassen. Auch in Zukunft wird dieser Trend anhalten, da Neubauwohnungen in den nächsten Jahren rarer werden dürften. Schon jetzt werden weit weniger Projekte baubewilligt.

Einbruch bei Transaktionen

Zwar sind die Kosten für Baumaterialien mittlerweile wieder gesunken – zwischen Mai 2022 und September 2023 um gut neun Prozent. An den gesamten Baukosten hat sich dadurch allerdings wenig geändert, da vor allem Arbeitskräfte deutlich teurer geworden sind – allein seit Mai um über acht Prozent, heißt es von Raiffeisen Research.

Und auch die Zahl der Transaktionen dürfte weiter zurückgehen. Im ersten Halbjahr wechselten laut Eurostat um 33 Prozent weniger Wohnimmobilien den Besitzer oder die Besitzerin, dieser Trend werde sich auch in Zukunft noch fortsetzen.

Laut dem Unternehmen Immo United, das regelmäßig Grundbuchdaten aushebt und analysiert, wurden im Zeitraum Jänner bis September 2023 um knapp 27 Prozent weniger Transaktionen im österreichischen Grundbuch verbüchert als im selben Zeitraum des Vorjahres. "Wird weniger gekauft, hat das früher oder später auch Auswirkungen auf die Immobilienpreise", sagt Roland Schmid, Owner und CEO der Immo United GmbH. "Die aktuellen Zahlen aus dem Grundbuch, aber auch die derzeitige Marktsituation zeigen uns, dass der Immobilienbranche weitere herausfordernde Monate bevorstehen."

Analyse von Grundbuchdaten

Bei einem Vergleich der durchschnittlichen Wohnungspreise der ersten Halbjahre 2022 und 2023 durch Immo United zeigt sich, dass in manchen Landeshauptstädten auch die Preise für Neubauwohnungen bereits sanken. Allerdings macht Immo United keine Angaben zu den Wohnungsgrößen, erhoben wurden alle rund 9.300 Wohnungstransaktionen mit Größen zwischen 30 und 150 Quadratmetern in den genannten Halbjahren, daraus wurde dann ein Durchschnitt errechnet.

Weniger bezahlt haben Wohnungskäufer demnach in Klagenfurt, wo der Preis einer durchschnittlichen Neubauwohnung von 317.000 auf 300.000 Euro zurückging. Auch in Linz sank dieser erhobene durchschnittliche Wohnungspreis von 389.000 auf 326.000 Euro. In Graz gab es einen nur minimalen Anstieg von 287.000 auf 288.000 Euro, alle anderen Landeshauptstädte (außer Eisenstadt und Bregenz, wo es keine Zahlen für 2023 gibt) sahen höhere Preisaufschläge im Neubausegment. In Wien legte der durchschnittliche Wohnungspreis beispielsweise von 418.000 auf 430.000 Euro zu, in Innsbruck von 556.000 auf 599.000 Euro.

Bei den gebrauchten Wohnungen ging es in Wien von 350.000 auf 338.000 Euro hinunter, in Salzburg von 348.000 auf 339.000 Euro und in Linz von 258.000 auf 229.000 Euro. Ein minimaler Rückgang wurde auch in Innsbruck registriert, nämlich von 389.000 auf 388.000 Euro, sowie in Bregenz (von 338.000 auf 337.000 Euro). In Klagenfurt waren gebrauchte Wohnungen im ersten Halbjahr 2023 teurer als im ersten Halbjahr 2022 (216.000 beziehungsweise 200.000 Euro), in Graz ebenso (206.000 beziehungsweise 198.000 Euro), für Eisenstadt und St. Pölten gibt es keine Zahlen. (Bernadette Redl, Martin Putschögl, 7.11.2023)