Ideen, wie Wohnen wieder leistbarer werden könnte, werden gerade händeringend gesucht. Der Salzburger Wohnbaulandesrat Martin Zauner (FPÖ) stellte deswegen jüngst die Barrierefreiheit im gemeinnützigen Wohnbau infrage. Derzeit müssen 100 Prozent der Wohnungen barrierefrei ausgestaltet werden – er würde einen bestimmten Prozentsatz sinnvoller finden.

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Hohe Baukosten und Grundstückspreise, aber auch viele Normen und eine große Nachfrage haben die Immobilienpreise in den letzten Jahren angeheizt.
HARALD SCHNEIDER / APA / picture

"Barrierefreiheit ist seit vielen Jahren ein Thema", sagt Christian Struber, Geschäftsführer der Salzburg Wohnbau. Vorstellbar sei für ihn durchaus, "das eine oder andere Haus" in abgespeckter Variante – also zum Beispiel nicht barrierefrei – zu bauen, um jungen Menschen leistbares Wohnen zu ermöglichen: "Generell ist das aber natürlich nicht machbar." Von der Wohnungsgröße her mache Barrierefreiheit zudem keinen großen Unterschied mehr, weil Bäder nicht mehr mit Badewanne, sondern mit niveaugleichen Duschen ausgestattet werden.

Auch Architektinnen und Architekten erteilen dem Vorschlag des Salzburger Wohnbaulandesrats eine Absage. Im Gegensatz zum gemeinnützigen Bereich müssen freifinanzierte Wohnungen zwar nicht von vornherein barrierefrei gebaut werden, aber sie müssen mit einfachen und günstigen Mitteln anpassbar sein, erklärt die Architektin Sophie Ronaghi-Bolldorf.

Bei Bedarf umbauen

"Wir als Ziviltechnikerinnen stehen für eine inklusive Gesellschaft, die eine lange Nutzung der Objekte als ein Kernziel von hochwertigen Planungen sieht", sagt dazu auch der Architekt Thomas Hoppe. Daher sind auch Mindestbreiten von Türen vorgeschrieben sowie dass Wohnungen stufenfrei erreichbar und Bäder im Bedarfsfall umgebaut werden können. Und das soll sich auch nicht ändern.

Dafür hat die Kammer der Ziviltechniker, Architektinnen und Ingenieure unlängst ihre eigenen Vorschläge für leistbares Wohnen präsentiert. Vor allem eine faire Preisgestaltung sei dringend notwendig, sagt Architektin Jutta Wörtl-Gößler – und erzählt von einer Baugruppe, deren geplantes Projekt sich innerhalb eines Jahres um 60 Prozent verteuert hat. Die Kammer hat Zweifel, ob die Baukosten tatsächlich so hoch sind, wie sie von den Baufirmen verrechnet werden. Zum Vergleich nennt Wörtl-Gößler Zahlen, wonach die Preise im Hochbau zuletzt um 35 Prozent, jene im Tiefbau jedoch nur um drei Prozent gestiegen sind. Aktuell mache es den Eindruck, dass sich Baufirmen aus dem Wohnungsbau zurückziehen, so die Architektin.

Zudem sei laut Bernhard Sommer, Länderkammerpräsident von Wien, Niederösterreich und dem Burgenland, auch die Personalsituation oft undurchsichtig. Einerseits beklagen Unternehmen, dass ihnen Fachkräfte fehlen, gleichzeitig würden sie diese in Kurzarbeit schicken, sagt Sommer – und sieht die Ursache vieler aktueller Probleme in der Verwaltung, in Untätigkeit sowie im Mangel an Abstimmung.

Maßnahmen gegen Leerstand

Eine weitere Forderung der Standesvertreter ist die vermehrte Nutzung von Bestand. Hier brauche es laut Ulrike Schartner, Vorsitzende des Ausschusses Wohnbau und Leistbarkeit, zunächst eine Erfassung des Leerstandes in Österreich. Anders als in Amsterdam oder Barcelona, wo die Stadt sogar das Recht hat, leerstehende Wohnungen zu beschlagnahmen und in Sozialwohnungen umzuwandeln, gebe es in Österreich kaum Maßnahmen. Einzelne Bundesländer haben mittlerweile aber – niedrige – Leerstandsabgaben eingeführt, Städte wie Innsbruck arbeiten intensiv an einer Erhebung des Leerstandes.

Zu guter Letzt muss nach Ansicht der Architekten auch der kommunale und alternative Wohnbau gestärkt werden, etwa indem Gemeinden Vorkaufsrechte bei Grundstücken erhalten, private Baulandgrundstücke, die nicht bebaut werden, zurückgekauft werden können oder zumindest eine Abgabe dafür fällig wird. Schartner fordert, dass Umwidmungen nur mehr nach städtebaulichen Wettbewerben möglich sind.

Und auch das neu gebaute Einfamilienhaus sei ein Traum, von dem man sich langsam verabschieden müsse, sagt Schartner. Bestehende Häuser könnten mit innovativen Ideen nachgenutzt oder Einfamilienhaussiedlungen verdichtet werden.

An den falschen Stellen dürfe jedoch keinesfalls geschraubt werden, so das Resümee der Fachleute – und eben schon gar nicht an der erwähnten Barrierefreiheit. Sie sei in einer alternden Gesellschaft ein Thema, das in so gut wie jeder Wohnung eine Relevanz haben werde. Und sie komme nicht nur Menschen mit Rollator, sondern auch Familien mit Kinderwägen zugute. (Bernadette Redl, Franziska Zoidl, 22.10.2023)